ED: Wie ist Eure Initiative IFALP entstanden?
LR: Unsere Initiative ist tatsächlich am Biertisch entstanden. Das war zunächst ein loses Blogger-Treffen, das Markus Stadler organisiert hat.
Markus Stadler, der die Facebook Gruppe „Lawinen“ moderiert?
Ja, genau. Er ist ein bekannter Autor von Führerliteratur aus Rosenheim und er hat ein Treffen von Wintersportbloggern und Alpinjournalisten organisiert. Wir haben ein nettes Wochenende verbracht samt Ideenfindung, wo es Synergien gibt oder was man zusammen für Projekte starten könnte.
Wann war das?
Das war im April 2019. Wir haben gleich Nägel mit Köpfen gemacht. Wir haben überlegt, wie man die Website aufbauen könnte, wie man das Wording macht oder was eine richtige Herangehensweise ist, wie zum Beispiel: „Wir wünschen uns mehr Zusammenarbeit in der Lawinenwarnung“ statt „Wir fordern...“.
Der gemeinsame Lawinenreport des Euregio-Projekts Tirol - Südtirol -Trentino ist ja sehr gut angekommen. Es gibt durchaus Regionen, die Interesse haben, sich anzuschließen. Andere wiederum wollen lieber weiter auf eigene Faust ihren Lawinenlagebericht modernisieren. Das Ganze scheint hochpolitisch und sehr arbeitsaufwendig zu sein. Wie kann das funktionieren?
Die Grundidee ist: Politik und Bevölkerung darauf aufmerksam zu machen, dass es Verbesserungspotenzial gibt. Denn wir glauben, dass sich der normale Skitourengeher und Freerider bewusst ist, dass es große Unterschiede auch in der Qualität gibt. Aber, dass er nicht selbst aktiv auf die Idee kommt, auf die Dringlichkeit dieses Problems hinzuweisen und so Druck aufzubauen, damit hier Verbesserungen vorgenommen werden können.
Wir möchten nicht explizit vorgeben, wie es ausschauen könnte. Auch wenn der neue Euregio-Lawinenreport meiner Meinung nach der neue Benchmark ist. Das System ist Open Source. Dem könnten sich alle relativ einfach anschließen und keinem fällt dabei ein Stein aus der Krone. Wir sagen: Arbeitet besser zusammen. Das wäre unser Wunsch!
Wir möchten vor allem auch der Politik den Anstoß geben, mehr Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Sie kann nur so erkennen, dass ein großer Teil der sportlichen Bevölkerung dahinter steht und endlich stärkere Fortschritte in einer eigentlich so einfachen Problemstellung sehen will. In einem Europa, das schon so auf so vielen Ebenen zusammenarbeitet...
Derzeit werden nämlich noch teilweise ziemlich eigene Süppchen gekocht. In Italien gibt es zum Beispiel für eine Region zwei verschiedene Lageberichte. Einmal von der AINEVA, einmal von der Meteomont/Carabinieri. Die geben am gleichen Tag für die gleiche Region verschiedene Berichte mit zum Teil verschiedenen Stufen aus!
Deshalb ist es ganz wichtig, dass jeder Skitourengeher drüber spricht. Und wenn er sich damit identifizieren kann, die Initiative unterstützt.
Die EAWS, also die Europäische Arbeitsgemeinschaft der Lawinenwarndienste ist hier das ausführende Organ. Die Lawinenwarndienste wissen genau wo es hapert oder wo es Entwicklungspotential gibt. Der Wille zur Zusammenarbeit ist ja größtenteils da. Es scheitert weniger daran, dass manche ihr eigenes Ding durchziehen wollen. Es scheitert hauptsächlich daran, dass Geld und Personal fehlen. In Kärnten zum Beispiel gibt es einen (!) Lawinenwarner, der mehr oder weniger auf sich allein gestellt ist. Für ein Gebiet im Hochgebirge mit tausenden von aktiven Wintersportlern und Gästen. Wenn er mal ausfällt, was dann?
Für das Euregio-Projekt ist von der EU eine große Summe zur Verfügung gestellt worden, um Infrastruktur und IT auf die Beine zu stellen und gute Mitarbeiter zu finden. Vergleich' mal die Internetseiten verschiedener Lawinenwarndienste. Viele sind für das Jahr 2020 nicht nur veraltet, sondern eine Antiquität.