Welche Innovationen würdest du als die größten der letzten 30 Jahre beim LWD Tirol bezeichnen? Worauf bist du persönlich am meisten stolz?
Sehr stolz bin ich auf Patrick und mein Buch „Lawine – die entscheidenden Gefahrenmuster und Probleme erkennen“. Das Buch gibt es in fünf Sprachen und wurde wegen der hohen Verkaufszahlen mit Platin ausgezeichnet. Außerdem war es auch Teil in der Entwicklung der heute nicht mehr wegzudenkenden Lawinenprobleme.
Und dass wir als LWD Tirol einer der Haupt-Organisatoren des International Snow Science Workshop 2018 in Innsbruck mit 1000 Teilnehmern waren. Die Resonanz auf die Veranstaltung war ausgezeichnet.
Chronologisch gesehen waren für mich die großen Innovationen in der Lawinenwarnung selbst wie folgt: Anfangs der Aufbau des Messstationennetzes. Ich bekam während meiner Forschungstätigkeit in der Antarktis einen Satellitentelefonanruf aus Tirol, ob ich nicht beim LWD anfangen möchte um dort das System für die Stationen aufzubauen. Und das hab ich dann mit viel Herzblut auch verfolgt. Es gab aber einige Kritiker damals. Sogar die Firmen haben uns davon abgeraten, weil die Stationen die rauen Verhältnisse am Berg nicht überleben würden. Aber durch meine Erfahrung in der Antarktis hab ich gewusst: Eine Wetterstation funktioniert auch bei -50°C und über 200 km/h Wind. Ich konnte beim LWD damit ein ungepflügtes Feld pflügen und bewirtschaften.
1993 die europäische Einigung auf die einheitliche Gefahrenskala war definitiv auch ein Meilenstein die viel Arbeit erfordert hat. 1994 waren wir der erste Lawinenwarndienst im Internet. Bei einer Tagung der LWDs bin ich damals auch auf Gegenwind und große Bedenken gestoßen – aber wir haben’s trotzdem durchgezogen. Nicht einmal das Land Tirol selbst hatte damals einen Internetauftritt.
Ebenfalls in den 90ern waren wir die ersten mit einem digitalen Schneeprofilprogramm, wo man die händisch aufgeschriebenen Profile eingeben und vom Computer zeichnen lassen konnte. Wir waren auch die ersten, die ein Verteilprogramm der Messdaten mit eigenem Modem für die Gemeinden und Lawinenkommissionen eingerichtet haben. Patrick ist von Gemeinde zu Gemeinde gefahren um das Ganze zu installieren. Ich habe Tage über Tage vor dem PC verbracht um das IT-System zu warten und Probleme zu lösen. Aus heutiger Sicht undenkbar, so viel Zeit in so etwas zu investieren.
Als die Technik dann immer mehr wurde, haben wir davon einiges abgegeben – an unseren neu eingestellten Techniker Paul und an externe Firmen. Aber es hat sich definitiv gelohnt: Für die persönliche Weiterentwicklung aber auch für die allgemeine Entwicklung des LWDs. Danach konnten wir uns wieder mehr auf Schnee und Lawinen konzentrieren.
Dann haben uns die Lawinenunglücke von Galtür und Valzur 1999 vor allem in der Öffentlichkeit und Politik noch einmal einen positiven Schub gegeben.
In jüngster Zeit war sicher unser gemeinsamer Lawinenreport von Tirol, Südtirol und Trentino mit Start 2018 die größte Innovation. Nach wie vor der weltweit einzige grenzüberschreitende und mehrsprachige Lawinenbericht – ein neuer Benchmark sozusagen.
Stolz bin ich auch auf die ausgezeichnete Vertrauensbasis zu unserem Arbeitgeber, dem Land Tirol. Wenn wir sagen, morgen gibt es eine Gefahrenstufe 5, dann gibt es den 5er auch. Das wird von der Politik akzeptiert und es gab nicht einmal im Ansatz den Versuch einer Einflussnahme darauf. Auch wenn das im Land natürlich viel auslöst, wie große Sperrungen von ganzen Tälern und damit einhergehende Einschränken für die gesamte Wirtschaft beispielsweise. Das liegt sicher auch daran, dass wir immer versuchen, die Lawinenlage bestmöglich und objektiv zu beschreiben.
Wir sind technisch wie wissenschaftlich immer State-of-the-art und erzeugen weder ein zu großes Tamtam noch eine Verharmlosung oder verschlafen prekäre Situationen.