Es war ein Tag von vielen in einem mittelmäßigen Winter. Die Basis war mager, über Nacht hatte es mit viel Wind gut 10 Zentimeter geschneit. Auf Freeriden im Gebiet hatte keiner Lust, auf eine längere Tour auch nicht. Der Lagebericht sprach von einem kombinierten Trieb- und Altschneeproblem, Gefahrenstufe Erheblich. Das Altschneeproblem stand seit Wochen jeden Tag im Textteil des Bulletins, eine Art Hintergrundrauschen der Saison. Gedanklich deutlich präsenter war uns an dem Tag der frische Triebschnee. Wir überlegten uns eine Variante mit einem kurzen Aufstieg vom Lift aus, zu einer längeren Abfahrt über flaches, gemütliches Almgelände.
Die einzige kritische Stelle war ein kurzer, etwas steilerer Hangbereich ganz am Anfang der Abfahrt: links begrenzt durch ein paar herausschauende Grasbüschel und Steine, die obersten 15 Meter vielleicht 30-32° steil, dann schnell deutlich flacher werdend. Wir standen gemeinsam oben und besprachen, ob es besser wäre, noch außen herum zu gehen und mit einigem Schieben auf das nächste Flachstück zu queren. Andererseits waren ja wirklich nur die ersten paar Meter etwas steiler. Und mit ein bisschen Schwung über das Flachstück zu fahren, wäre auf jeden Fall die angenehmere Variante. Wir waren uns einig: Maximal würde beim ersten Turn oberflächlich der wenig gebundene Triebschnee mit abgehen, aber selbst wenn – in diesem Gelände sollte das kein Problem sein.
Einer meiner beiden Tourenkollegen machte sich an die Abfahrt, während wir ihm vom Einstieg aus zuschauten. Ein paar zügige Kurven und er war unten im Flachen, der Schnee sah sogar ziemlich gut aus. Wir beobachteten, wie er das Flachstück überquerte – ob es sich ohne Schieben ausgeht? - und machten uns abfahrtsbereit.
Der Kollege fuhr in vielleicht 300m Entfernung gerade hinter die nächsten Kuppe, als oben im Einstiegshang ein Riss aufging. Der Hang schien sich als Ganzes zu lösen, zunächst ohne in kleinere Schollen zu zerbrechen. Ein paar Sekunden später löste sich auch der Hang neben unserem, und noch ein paar Sekunden später auch der daneben. Der Kollege stand mittlerweile noch deutlich weiter unten auf einer anderen Kuppe – schon lang außerhalb des Gefahrenbereichs. Auch unser Standpunkt am Einstieg war nicht gefährdet. Die Lawine kam dank des flachen Geländes nicht weit, aber die Anrisskante war an die 150m lang. Der Auslösepunkt lag wahrscheinlich in dem ersten Flachstück an einer der zahlreichen schneearmen Stellen. Der Bruch setzte sich flächig den Hang hinauf fort, bis das Gelände steil genug wurde für einen Abgang.
Der steilere Hang am Anfang war laut Munter an diesem Tag grenzwertig, aber nicht völlig jenseits von Gut und Böse. Und wenn wir den Hang umfahren hätten und direkt in das Flachstück gequert wären – nach Munter eine „erlaubte“, nicht mal grenzwertige, Variante? Wissen werde ich es natürlich nie, aber ich vermute, wir hätten die Lawine trotzdem ausgelöst.