Zum Inhalt springen

Cookies 🍪

Diese Website verwendet Cookies, die Ihre Zustimmung brauchen.

Details finden Sie in unserer Datenschutzerklärung

Zur Powderguide-Startseite Zur Powderguide-Startseite
Schnee von morgen

Schnee von morgen | Darf man Kindern heute noch Skifahren beibringen?

Stimmen aus der PG-Community

von Lisa Amenda 20.02.2023
Schneearme Winter, Höchsttemperaturen und immer teurere Liftpreise: Macht es Sinn, den eigenen Kindern heute noch die eigene Leidenschaft zu den zwei Brettern zu vermitteln? Und wenn ja, worauf kommt es an?

Ob ich meinen Kindern mal Skifahren beibringen würde? Das stand für mich eigentlich nie zur Diskussion. Schließlich war das Skifahren mein Sport. Ich stehe auf Ski seit ich drei Jahre alt war. Mein Papa hat mir das Skifahren beigebracht, dann ging es in den Skiclub. Stangerl fahren – ganz klassisch. Dann: Geld verdienen als Skilehrerin. Das war wohl einer der angenehmsten Schülerinnen- und Studentinnenjobs. Danach war es nur noch Spaß, Leidenschaft und Skitage sammeln beim Studium in Innsbruck. Meine ältesten Freunde? Kenne ich über das Skifahren. Nach dem Training im Skiclub schaufelten wir Kicker im Backcountry. Sparten unser Geld für die allerersten Twintips und fieberten auf die neuesten Skifilme auf Videokassette hin. Skifahren war meine Leidenschaft, mein Leben. mein Freundeskreis. Lifestyle, wie man so schön sagt.

Dann wurde der Schnee weniger oder das Bewusstsein für den Klimawandel mehr. Die Anreise aus München länger und auch die Stunden und Minuten, die man für ein paar Stunden auf der Piste im Stau verbringen musste. Die Skitour abseits der Massen? Existiert im Münchner Einzugsgebiet nicht. Der Lifestyle bröckelte. Doch sobald ich die Skischuhe in die Bindung klickte, kam das Gefühl wieder zurück. Zack Boom – und ich war wieder in love.

Schnee von morgen
presented by

Der Traum vom eigenen Kind auf Ski

Natürlich will man so ein Gefühl auch seinen Kindern weitergeben. Und mit „man“ meine ich mich. Denn seit März 2022 bin ich Mama eines Sohnes. Schon in der Schwangerschaft malte ich mir aus, welche Ski und Schuhe er mal kriegen soll. Welche Hänge wir gemeinsam hinabsausen und wo wir zum ersten Mal die kleinen Bretter anschnallen. Ich führte Interviews mit Skilehrern, wie man Kindern heute am besten das Skifahren beibringt (ich selber kenne nicht mehr die allerneueste Skididaktik), wann es los geht und informierte mich, welchen Skiclub es bei uns im Ort gibt. Doch in meinem Hinterkopf spukte auch immer noch ein anderer Gedanke herum: Kann man es heute wirklich noch bringen z.B. Freitagnachmittag nach Arbeit und Schule mit den Kindern für zwei Stunden ins Skigebiet fahren, so wie wir das damals gemacht haben? Darf man noch jedes Wochenende Tagesausflüge in die Berge machen und unter der Woche predigen, dass wir das Auto stehen lassen und lieber aufs Radl steigen?

Das dachten sich auch die Autorinnen und Autoren eines Artikels in der Süddeutschen Zeitung. Da ging es genau um die Frage: Sollen Kinder heute noch Skifahren lernen? Eine Pro- und Contra-Diskussion. Bei dem Contra-Autor wird schnell klar, dass hier etwas grundlegendes fehlt, was man für die Ausübung des Skifahrens braucht: Liebe. Die hat die Pro-Autorin in jedem Fall. Denn ihr ist sehr wohl klar, dass Skifahren nicht vernünftig ist, aber einfach großartig: „Eleganz und Geschwindigkeit treffen hier so schön zusammen wie bei wenigen anderen Sportarten.“

Von der Großartigkeit des Skifahrens und der Begeisterung für die Natur

Und das finde ich auch. Skifahren ist großartig und hat mein Leben maßgeblich geprägt. Von Kindheit, über Jugend, Studium bis zu meinem Beruf. Alles hat sich bei mir über das Skifahren gefügt. Warum sonst würde ich heute für Skimagazine schreiben?! Und diese Großartigkeit will ich meinem Sohn nicht vorenthalten. Ich will ihm zeigen, wie sich die unterschiedlichen Schneearten unter den Ski anfühlen. Wie es ist, durch tiefen Powder zu gleiten oder die scharfen Kanten auf eine harte Piste zu pressen. Ich will ihm das prickelnde Gefühl von auftauenden Füßen nach einem langen Skitag zeigen und wie schön die Luft durch Schneeflocken glitzern kann. Wie es ist ,mit Freunden den Tag draußen zu verbringen und dass es gar nicht schlimm ist, wenn man mal aus dem Schlepplift fällt. Dass der Germknödel beim Skifahren am besten schmeckt und das eiskalte Käsebrot im Auto danach auch. Und ich will ihm ein Gefühl und ein Verständnis für die Natur vermitteln. Für Sonne, Schnee, Nebel in den Bergen. Kälte und die vielen, vielen Formen der Gipfel.

Tatsächlich bin ich auch der Meinung, dass wir mit dem Outdoorsport das Verständnis für die Natur und die Liebe für die Natur mit am besten vermitteln können. Denn nur wer sich in der Natur bewegt, weiß sie auch zu schätzen. Steffen vom Powderguide-Team sieht das ähnlich: „Die Menschen sollen rausgehen, in die Berge, ans Meer, in die Natur, bei Bedarf geführt und in Gruppen. Sie sollen sehen, wie schön es da draußen ist und somit auch gewillt sein und das Verständnis haben, die Schönheit bewusst bewahren zu wollen. Jeder nach seinen Möglichkeiten, der eine versteht, dass die Plastikverpackung der Alpenflora nicht als Dünger dient und der andere weiß bereits, dass man das Klopapier nach dem großen Geschäft verbrennt oder mitnimmt, da die Kühe lieber Pflanzen essen.“ Das sieht auch Totti aus dem Powderguide-Team so: „Ich bin schon der Meinung, wenn wir ein Naturbewusstsein (ja, das kann man diskutieren!) durch Outdoor-Sport weitergeben können, dann werden unsere Nachkommen sich auch mehr oder bewusster mit dem Thema Umwelt auseinandersetzen.“ Und auch Simon Pfandler aus der Powderguide-Community ist der Meinung: „Ich glaube, dass es Sinn macht, unseren Kindern die Schönheit der Natur näher zu bringen. Das Skifahren kann dieses Ansinnen durchaus unterstützen. Eine von Liftstützen und Skihütten zersiedelte Natur entspricht nicht meinem Bild dieser Schönheit. Trotzdem kann der Pistenskilauf für Kinder und Anfänger ein probates Mittel sein, das Können so weit zu verbessern, dass ein genussvolles Erleben von einsamen Momenten weit weg von der Zivilisation möglich wird.“

Auf der nächsten Seite geht's weiter -->

Verantwortungsvolle Skifahrerinnen und Skifahrer erziehen

Klar ist aber auch, dass wir dazu nicht einfach so weitermachen können wie bisher. „Mir ist es sehr wichtig, dass meine Kinder nicht nur einen klimaschonenden, sondern auch einen gesunden und sportlichen Lebensstil vorgelebt bekommen. Leider ist das alternative Sportangebot im Winter hier relativ eingeschränkt und eine Sportart, die im Winter nur in einer beheizten Halle ausgeübt werden kann, ist vermutlich für das Klima nicht unbedingt günstiger. Diese Rechnung könnte allerdings bei einer weiten Anreise ins Skigebiet schon anders ausfallen“, meint Simon. Deswegen wird es bei mir in Zukunft die Fahrt in die Berge für zwei Stunden Skifahren nicht geben. Eine Anfahrt von einer Stunde ist da nicht gerechtfertigt. Da geht es Totti in Freiburg ähnlich: „Für ein paar Stunden mal schnell hoch in den Schwarzwald fahren und Skifahren oder Skitouren gehen, das fällt mir zunehmend schwer und es überrascht mich immer wieder wie viele Leute mit dem Auto mal schnell auf die Piste oder Loipe fahren (oft alleine).“ Dazu gehört auch: Nur Skifahren, wenn genügend Schnee da ist. Das mag im ersten Moment schwer fallen, aber ganz ehrlich. Ich bin bei zehn Grad im Februar sowieso kein Fan davon, mich mit vielen anderen in die Gondel zu zwängen, sondern drehe lieber eine Runde mit dem Rad bei mir vor der Haustür.  Und: „Natürlich stellt sich als erstes die Frage: wie lange werden wir überhaupt noch Schnee zum Skifahren haben? Derzeit gehen die meisten Studien davon aus, dass in tiefen und mittleren Lagen mit einer starken Abnahme der Schneebedeckungstage zu rechnen ist. In höheren Lagen sollte das Skifahren noch länger möglich bleiben, aber vermutlich kommt es durch das immer geringer werdende Angebot zu noch mehr Nutzungsdruck durch Wintersportler auf die Natur“, gibt Simon zu bedenken.

Schnee von morgen
presented by

Wollen wir das auf Teufel komm raus unterstützen?

Meine Antwort: Nein! Ich will meinem Sohn einen verantwortungsbewussten Umgang mit der Natur beibringen. Ob dazu überhaupt Skifahren gehören muss, würden sich sicher einige fragen. Für mich gehört es dazu. Rational erklären kann man das natürlich nicht, aber vielleicht nachempfinden. Dazu ist es die Aufgabe von uns Eltern unsere Kinder zu klima- und naturbewussten Skifahrerinnen und Skifahrern zu erziehen. Wie das geht?

  • nur Skifahren, wenn es die Schneebedeckung zu lässt
  • die Kinder für die Schönheit und Besonderheit der Natur begeistern
  • bewusst anreisen
  • (kleine) Skigebiete ohne große Ausbaupläne nutzen
  • so früh wie möglich versuchen, die Kinder für den Schutz der Natur zu sensibilisieren

Patrick vom Powderguide-Team geht das aber noch nicht weit genug: „Tatsächlich ist mir diese Frage eher zu eng gestellt, denn sie zielt, wie so häufig, auf individuelle Verantwortung für CO2-Emissionen ab. Das ist ein Teil der Antwort, aber wohl der kleinere Teil. Was wir brauchen, sind strukturelle Veränderungen und dafür ist die Politik zuständig. Die Politik fühlt sich allerdings nur dann zuständig, wenn wir unser Missfallen bei den Wahlen klar zu erkennen geben. Insofern sind wir mit jeder Wahl in der Verantwortung, Mehrheiten für ein besseres Management der Klimakatastrophe zu ermöglichen.“

Da kann ich Patrick nur zu stimmen. Wir als Eltern können einen Teil selbst in die Hand nehmen – und das ist in jedem Fall besser als zu warten, dass von außen etwas passiert. Aber wir müssen auch (wieder einmal) die Politik und die Funktionäre (wie das der offene Brief von ÖSV-Athlet Julian Schütter an die FIS vorgemacht hat) in die Verantwortung nehmen. Max aus der PowderGuide-Community zieht das Fazit: „Ganz aufs Skifahren verzichten fällt uns schwer. Wichtig ist es wohl, flexibel zu werden. Dann sind wir optimistisch, dass man den Sport auch ohne viel Kunstschnee und Gletscher einige Jahre betreiben kann. Fest steht aber, dass das Skifahren nicht mehr so umfänglich betrieben werden kann, wie in unserer Kindheit.“

So haben wir als Eltern heute nicht mehr nur die Aufgabe, Pflug und Liftfahren beizubringen, sondern auch weit darüber hinaus die Kinder zu Verantwortung zu erziehen. Sollte man aber eh auch ohne den skifahrerischen Hintergrund tun. Und dann springt die Leidenschaft für die zwei Bretter vielleicht auch auf die nächste Generation über. Auch wenn diese das vielleicht nicht mehr so auskosten kann, wie wir das damals getan haben. Und wenn mein Sohn überhaupt nicht Skifahren will? Ganz egal, dann findet er seine Leidenschaft in etwas anderem. Aber ich hoffe, dass ich ihm die Liebe für die Natur in jedem Fall vermitteln kann.

Fotogalerie

Ähnliche Artikel

Kommentare

Schnee von morgen
presented by