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Schnee von morgen

Schnee von morgen | Faire Daune - geht das?

Was heißt "faire" Daune und kann man Daunen recyceln?

von Lisa Amenda 23.12.2019
Daune is warm, flauschig weich und ganz natürlich. Doch ist das das Problem der Daune? Worauf ihr beim Kauf von Daunenprodukten achten könnt, welche Zertifizierungen es gibt und was recycelte Daune kann, lest ihr hier.

Das Non-Plus-Ultra in Sachen Style als ich, sagen wir mal, elf oder zwölf Jahre alt war? Eine dicke, fette Helly Hansen Daunenjacke. Sie musste Oversize sein, richtig plüschig, damit man darin auf jeden Fall den Michelin-Männchen-Look nachahmen konnte. Das wichtigste dabei: Ich fühlte mich richtig cool und endlich bei den Erwachsenen angekommen. Was damals in meiner Jacke drin steckte? War mir vollkommen egal. Mir war nur wichtig, was außen und vor allem auf dem Etikett stand. Und da war Helly Hansen genau das richtige.

Die 90er-Jahre Coolkid-Jacke verlor irgendwann ihren Charme, Daune als wärmende Isolationsschicht allerdings nicht. Daunen sind das Untergefieder von Wasservögeln wie Enten und Gänsen. Sie sind sehr weich und schützen die Tiere vor Kälte und Hitze. Im Gegensatz zu anderen Federn haben sie keinen Federkiel und sind deshalb sehr leicht und wärmedämmend. Nicht nur für die Tiere, auch für uns, zum Beispiel in Jacken. Und diese wärmenden Eigenschaften fand auch ich schon immer irgendwie toll und habe immer ein Teil in meinem Schrank gehabt, das mit dem feinen Naturprodukt Schutz gegen Kälte versprach. Und wenn es nur der Schlafsack war.

What the pluck? – die konventionelle Daune

Bis zum Jahr 2014. Da präsentierte Patagonia auf der ISPO die Kampagne „What the pluck?“ und damit ihre zu 100 Prozent nachverfolgbaren Daunenprodukte. Bis dahin, und irgendwie frage ich mich jetzt wie naiv ich sein konnte, machte ich mir keinerlei Gedanken, wo die Daune in meiner Jacke, meinem Schlafsack etc. eigentlich herkommt. „Das werden die schon gut machen“, dachte ich mir. Dass man allerdings nicht jedem Hersteller immer und überall vertrauen kann, ist klar. Mir mittlerweile auch. Und als ich mir dann für die Recherchen von einem meiner ersten Artikel für die Outdoorbranche diesen kleinen Comic von Patagonia anschaute, wurde es mir ganz anders. Der Sensenmann, der da fröhlich zur Melodie von (Don’t fear) The Reaper von Blue Öyster Cult der kleinen Gans zeigt, wo die Daune von ihrer Skijacke herkommt, machte auch mir deutlich, was ich da mit meinem Einkauf unterstützte.

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Bei konventionellen Daunenprodukten werden häufig Daunen verwendet, die aus Lebendrupf stammen. Heißt: Nur, damit die Gänse mehr Daunen „produzieren“, werden ihnen am lebendigen Leib die Federn und Daunen ausgerissen. Wem schon mal ein paar Haare ausgerissen wurden, kann sich in etwa vorstellen in welche Richtung die Schmerzen gehen. Damit sie außerdem mehr Körperfläche und somit mehr Daunen haben, werden sie gemästet. Da sie sich beim Rupfen häufig wehren, können ihnen Flügel gebrochen werden und sie können sich blutige Wunden zuziehen, die dann die Arbeiter oft ohne Betäubung einfach nur mit Nadel und Faden zunähen.

Der Resonsible Down Standard

Das änderte mein Einkaufsverhalten und die Einstellung zu Daunenprodukten grundlegend. Wenn ich mir neue Sachen kaufe, achte ich darauf, dass ich entweder Produkte mit synthetischer Isolation kaufe, dazu in einem späteren Artikel mehr, oder nur dann Daunenprodukte, wenn mir der Hersteller garantieren kann, dass er die Daune nachverfolgen kann. Ein gängiges Siegel ist dafür der Responsible Down Standard, kurz RDS. Der RDS gehört zu der internationalen Non-Profit Organisation Textile Exchange und arbeitet mit allen Teilen der Lieferkette in der Textilproduktion zusammen, um die sozialen und ökologischen Auswirkungen der Textilproduktion zu verringern. Der RDS selbst vergibt verbindliche Mindeststandards bei der Gewinnung von Daunen. Er garantiert die ethisch einwandfreie Herkunft der verwendeten Daunen und Federn nach einem unabhängigen, freiwilligen Standard, dem sich Hersteller anschließen können. Im Detail garantiert der RDS:

  • Lebendrupf ist verboten.
  • Zwangsfütterung ist verboten.
  • Das Wohl der Tiere ist zu jedem Zeitpunkt sicherzustellen – vom Schlüpfen bis zur Schlachtung.
  • RDS-Daunen und -Federn müssen gekennzeichnet sein. So wird verhindert, dass sich Daunen mit und ohne RDS-Zertifizierung vermischen. Die Verwendung von RDS-Daunen muss dokumentiert sein.
  • Die gesamte Lieferkette wird von einer professionellen und unabhängigen Zertifizierungsstelle auditiert.
  • Nur Produkte, bei der zu 100 Prozent zertifizierte Daunen und Federn verwendet wurden, dürfen das RDS-Siegel tragen.

Doch trotz scheinbar strenger Kriterien wird der RDS immer wieder von Tierschutzorganisationen wie Peta oder Vier Pfoten kritisiert. Vor allem, weil laut den Organisationen nicht immer garantiert werden kann, dass wirklich nur diese Daunen im fertigen Produkt landen und dass nicht garantiert werden kann, dass alle Tiere wirklich nur einmal und nicht lebend gerupft werden. Erst Anfang 2019 wurde laut Vier Pfoten beim RDS außerdem diskutiert, ob das Kürzen der Schnäbel bei den Enten und Gänsen zur Vermeidung von Kannibalismus auf zu engem Raum eingeführt werden darf.

Der Global Traceable Down Standard

Neben dem RDS gibt es noch den Global Traceable Down Standard, kurz Global TDS. Er wurde 2015 von Patagonia und NSF International sowie weiteren Interessenverbänden der Industrie, Tierschutzorganisationen und NGOs ins Leben gerufen und gilt aktuell als der strengste Tierschutzstandard in der Daunenindustrie. NSF International ist eine unabhängige Organisation für öffentliche Gesundheit. Sie arbeitet mit Herstellern, Aufsichtsbehörden und Verbrauchern zusammen, um Standards und Zertifizierungen zu entwickeln, die zum Schutz von Lebensmitteln, Wasser und der Umwelt beitragen. Die Zertifizierung des Global TDS erfolgt nicht auf Produktebene, sondern betrachtet die gesamte Lieferkette. So wird nicht nur die Phase zwischen Brut und Schlachtung miteinbezogen, sondern auch das Leben der Elterntiere. Das ist vor allem wichtig, da Elterntiere länger leben und das Lebendrupf wahrscheinlicher macht. Denn Daunen, die nach Global TDS zertifiziert sind, dürfen weder lebend gerupft werden, noch aus der Stopfmast stammen. Neben großen Farmen werden auch kleine Betriebe miteinbezogen und kontrolliert. Die Zertifizierung ist jeweils ein Jahr gültig und wird regelmäßig durch unangekündigte Kontrollen validiert. Traceable Down ist außerdem vollständig transparent dokumentiert und online kann zum Beispiel jeder sehen, woher die Daune in seinem Produkt kommt.

Oder doch recycelte Daune?

Was natürlich trotzdem Fakt ist, wenn man zertifizierte Daunenprodukte kauft – die Daune kommt von Tieren und diese wurden meist für die Fleischproduktion geschlachtet. Wer dennoch nicht auf Daunenprodukte verzichten möchte, kann sich auf die Suche nach Jacken oder ähnlichem mit recycelter Daune machen. Patagonia, Vaude und Mountain Equipment verwenden diese beispielsweise bereits. Mountain Equipment hat sogar 2019 zum 100. Geburtstag der Jugend des Deutschen Alpenvereins ein Projekt gestartet, wo alte Daunenprodukte gesammelt und anschließend aus den daraus recycelten Daunen eine neue Mountain Equipment-JDAV-Weste produziert wurde.

Spezialisiert auf recycelte Daune hat sich außerdem beispielsweise das Unternehmen Re:Down. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Las Vegas und Lyon hat ein Verfahren entwickelt, mit dem gebrauchte Daunen gesammelt, gereinigt und wieder neu in den Textilkreislauf eingegliedert werden können. Über viele Jahre war das nicht möglich, weil die Qualität der gesammelten Daunen aus zum Beispiel Altkleider-Containern zu gering für Neuware war. Die Daunen und Federn von Re:Down stammen hauptsächlich aus Europa, da hier das Sammeln von gebrauchten Textilien gut funktioniert und es im Vergleich zu den USA ein flächendeckendes System an Recycling-Betrieben gibt. Aus gebrauchten Textilien stammen die Daunen von Re:Down aber nicht, sondern hauptsächlich aus Bettdecken und -kissen. Weiterverarbeitet wird alles in Ungarn. Und der ganze Prozess wurde nach dem Global Recycled Standard zertifiziert.

Oder doch lieber Synthetik?

Damit man recycelte Daune auch erkennt, ist das jeweilige Produkt immer entsprechend gekennzeichnet und ihr findet einen Hinweis auf dem Etikett. Wenn ihr jetzt trotz allem unsicher seid, ob ihr euch mit tierischer Isolation warm halten wollt, bleibt dran. Demnächst kommt der Beitrag zu synthetischen Isolationsmaterialien, die mit Fokus auf Nachhaltigkeit produziert werden.

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