To Do-Listen, Trainingspläne, Tracking-Apps: Wir lieben solche Selbstoptimierungshelferein. Schließlich geht doch immer noch ein bisschen mehr, oder? Ein Zehntel schneller, ein Gramm leichter, diesen einen Ticken besser eben. Wenn wir Jahr für Jahr neue Neujahrsvorsätze schmieden, die wir nach zwei Wochen wieder verwerfen, so stülpen wir diesen Selbstoptimierungsschuh nicht nur unseren eigenen Körpern und unserer mentalen Gesundheit über, sondern tendieren auch oftmals dazu, diese Angewohnheit nach Außen zu übertragen. Ein gutes Beispiel: der Winter.
Wankelmütiger Freund, der Winter
Er ist ja aber auch launisch. Mal kommt er im September mit einem Meter Powder und dicken Minustemperaturen, mal lässt er uns bis in den Januar mit Skischuhen auf dem föhnwarmen Asphalt scharren. An den kalendarischen Winteranfang am 21. Dezember hält er sich nur ungern. Geschweige denn an den meteorologischen. Manchmal kommt mir der Winter vor wie diese wankelmütige Schulfreundin, die sich nie entscheiden konnte – wo sie hingehen will, was sie essen will, was sie anziehen will. Unentschlossen eben. Auf ihn ist kein Verlass, dabei sagt mir doch mein Smartphone, dass ich letztes Jahr um diese Zeit schon vier Skitage hatte. Und jetzt? Nada. Niente. Nichts. Klar, ich könnte auf den Eisplatten der Tiroler Gletscher mit hunderten anderen rumrutschen und an der Liftschlange meine Tageskarte rein stehen. Ich könnte auch über die ersten Kunstschneebänder in grüner Bergkulisse gleiten, an der Talstation Wanderer und Mountainbikerinnen begrüßen und mich über die neuesten Errungenschaften der Kunstschneeindustrie erfreuen. Oder schlicht und einfach dem Winter hinterher reisen. Im Sommer nach Südamerika oder Neuseeland. Schnee wird es da schon geben. Aber muss ich das?
Ich glaube, ich will das gar nicht. Klar kann ich jetzt schreiben, dass das doch eine Nachhaltigkeitskolumne sein soll und man sowieso weniger auf die Gletscher fahren soll, dass Fliegen eh nicht zur Diskussion stehen sollte, dass man diese großen Skigebiete nicht unterstützen soll, dass man mit Fahrgemeinschaften oder dem ÖPNV bis an die Gondel fahren soll und dazu noch am besten seine Brotzeit in der Edelstahldose dabei hat und die Skijacke aus recyceltem Polyester besteht. Aber das hatten wir doch schon alles, oder? Ich glaube darüber sind wir hinaus. Wir wissen, dass es so nicht weiter gehen kann – und dabei rede ich nicht vom Wintersport, sondern ganz im Allgemeinen. Sogar die Forderung, dass alles radikaler werden muss, Lifte abgerissen werden müssen, haben wir im letzten Winter diskutiert. Ich glaube, das können wir ebenso hinter uns lassen.