„Nehme ich für meine morgige Skitour die öffentlichen Verkehrsmittel oder doch – wie meist – das Auto?“ Beim Wohnort Innsbruck wird man nicht selten vor die Wahl gestellt, da viele der Tourenziele genauso mit Bus und Bahn erreichbar sind, wenn auch teilweise etwas zeitaufwendiger. Die finanzielle Abwägung fällt bei mir mittlerweile sowieso zu Gunsten der Öffis aus, nachdem mein Arbeitgeber die Kosten für das Klimaticket Tirol dankenswerterweise übernimmt. „Eine Dreiviertelstunde länger schlafen am Wochenende wäre aber schon fein oder? Wir sind zu dritt und das Auto wäre ohnehin gut ausgenutzt. Auf dem Rückweg könnten wir gleich noch in die Sauna.“ Und schon hat das Auto angesichts dieses Gesamtpakets wieder gewonnen! Trotz der Absicht, es öfter stehen zu lassen.
Wie schaffe ich es, mich nicht wiederholt von Bequemlichkeit und Gewohnheit überlisten zu lassen? Die Lösung für mich: die Vorteile der Öffis nutzen und Touren unternehmen, die mit dem Auto nicht oder nur sehr umständlich zu bewerkstelligen wären. Quasi etwas erleben, das nur mit Bus und Bahn möglich ist, so dass ich das Auto gerne stehen lasse! Das heißt konkret: Überschreitungen mit unterschiedlichem Start- und Endpunkt, optimalerweise in komplett unterschiedlichen Tälern. Bekannte Gebietsdurchquerungen gibt es einige (z.B. Tuxer Alpen, Hoch Tirol etc.). Dass man mehrere Tage Urlaub hat oder das gesamte Wochenende unterwegs sein will, wird für die meisten von uns wohl eher die Ausnahme als die Regel darstellen. Beschreibungen, geschweige denn gebündelte Sammlungen von eintägigen und damit alltagstauglichen Überschreitungen sind rar. Das lässt sich doch ändern (siehe Infos unten)!
Skiüberschreitung „in action“
Ein freier Tag im Hochwinter: eine Halbtagestour soll es sein, am Nachmittag wollen noch ein paar Erledigungen getätigt werden. Die Axamer Lizum – 45 Busminuten von der Stadt Innsbruck entfernt – ist dafür ein willkommener, hochgelegener Ausgangspunkt. Ich bin heute einer der wenigen, der nach einer kurzen Eingehphase entlang der Skipiste ins freie Gelände in Richtung Lizumer Kar abzweigt. Die Steilstufe präsentiert sich von den Vortagen – wenig überraschend – komplett verspurt und vom Wind gepresst. Zum Aufsteigen okay, zum Abfahren definitiv kein Spaß! Zum Glück muss ich dort nicht wieder runter. Das Kar selbst beeindruckt jedes Mal aufs Neue mit seinen vertikal aufragenden Felswänden und -türmen – die Bezeichnung „Dolomiten Nordtirols“ kommt nicht von ungefähr. Der schattige Kessel hat sogar etwas Pulver konserviert. Das ändert sich allerdings schnell wieder. Im steilen Anstieg zum anvisierten Joch begleitet mich ein beständiger, unvorhersehbarer Wechsel aus Bruchharsch und weicheren Passagen. Hoffentlich ist es auf der anderen Seite besser. Nach überschaubaren 800 Höhenmetern und gut zwei Stunden Aufstieg erreiche ich die Scharte und prüfe gespannt die südexponierten Abfahrtshänge. Die Schneedecke ist zwar hart, aber wenigstens unberührt und homogen… könnte schlechter sein! Noch eine kurze Rast, bei der ich den Blick über die mit Schneepolstern verzierten, gelblichen Felsrippen zum Stubaier Hauptkamm schweifen lasse. Zaghaft bahnt sich die Sonne ihren Weg durch den bis dato bedeckten Himmel und verwandelt die Abfahrtshänge in ein gleisendes Weiß. Nichts wie los! Verhalten starte ich in die steile, noch harte Mulde. Doch schon bald ist die kompakte Schneeoberfläche firnartig aufgeweicht und Schwung um Schwung zeichne ich kaum sichtbare Spuren in den Schnee. Was für eine Freude, wenn ein Plan aufgeht und an einem eigentlich gewöhnlichen Tag mit durchwachsenen Bedingungen und überschaubarem Zeitbudget etwas Besonderes, nicht Alltägliches gelingt!
Zuletzt etwas unruhiger und „staudiger“ gelange ich zum Ziehweg des Schlicker Skigebiets. Als leidenschaftlicher Skitourengeher traut man es sich kaum zuzugeben, dass Pistenfahren auch richtig Spaß machen kann. Und 550 Höhenmeter mehr Abfahrt als Aufstieg bekommt man – ohne Liftunterstützung – wohl nur auf einer (Öffi-)Überschreitung!