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Schnee von morgen

Schnee von Morgen | Skiüberschreitungen mit Öffis

Wie weniger Autofahren die Freiheit vergrößert

von Florian Kreß 02.12.2024
Schwere Ausrüstung, Wartezeiten an kalten Bahnhöfen, hoher Planungsaufwand… Gründe (oder Ausreden?) gegen die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln findet man gerade auf Skitouren genug. Eine Reflexion über meine Bemühungen, das Auto öfter stehen zu lassen und die eigene Bequemlichkeit zu überlisten.

„Nehme ich für meine morgige Skitour die öffentlichen Verkehrsmittel oder doch – wie meist – das Auto?“ Beim Wohnort Innsbruck wird man nicht selten vor die Wahl gestellt, da viele der Tourenziele genauso mit Bus und Bahn erreichbar sind, wenn auch teilweise etwas zeitaufwendiger. Die finanzielle Abwägung fällt bei mir mittlerweile sowieso zu Gunsten der Öffis aus, nachdem mein Arbeitgeber die Kosten für das Klimaticket Tirol dankenswerterweise übernimmt. „Eine Dreiviertelstunde länger schlafen am Wochenende wäre aber schon fein oder? Wir sind zu dritt und das Auto wäre ohnehin gut ausgenutzt. Auf dem Rückweg könnten wir gleich noch in die Sauna.“ Und schon hat das Auto angesichts dieses Gesamtpakets wieder gewonnen! Trotz der Absicht, es öfter stehen zu lassen.
Wie schaffe ich es, mich nicht wiederholt von Bequemlichkeit und Gewohnheit überlisten zu lassen? Die Lösung für mich: die Vorteile der Öffis nutzen und Touren unternehmen, die mit dem Auto nicht oder nur sehr umständlich zu bewerkstelligen wären. Quasi etwas erleben, das nur mit Bus und Bahn möglich ist, so dass ich das Auto gerne stehen lasse! Das heißt konkret: Überschreitungen mit unterschiedlichem Start- und Endpunkt, optimalerweise in komplett unterschiedlichen Tälern. Bekannte Gebietsdurchquerungen gibt es einige (z.B. Tuxer Alpen, Hoch Tirol etc.). Dass man mehrere Tage Urlaub hat oder das gesamte Wochenende unterwegs sein will, wird für die meisten von uns wohl eher die Ausnahme als die Regel darstellen. Beschreibungen, geschweige denn gebündelte Sammlungen von eintägigen und damit alltagstauglichen Überschreitungen sind rar. Das lässt sich doch ändern (siehe Infos unten)!

Skiüberschreitung „in action“

Ein freier Tag im Hochwinter: eine Halbtagestour soll es sein, am Nachmittag wollen noch ein paar Erledigungen getätigt werden. Die Axamer Lizum – 45 Busminuten von der Stadt Innsbruck entfernt – ist dafür ein willkommener, hochgelegener Ausgangspunkt. Ich bin heute einer der wenigen, der nach einer kurzen Eingehphase entlang der Skipiste ins freie Gelände in Richtung Lizumer Kar abzweigt. Die Steilstufe präsentiert sich von den Vortagen – wenig überraschend – komplett verspurt und vom Wind gepresst. Zum Aufsteigen okay, zum Abfahren definitiv kein Spaß! Zum Glück muss ich dort nicht wieder runter. Das Kar selbst beeindruckt jedes Mal aufs Neue mit seinen vertikal aufragenden Felswänden und -türmen – die Bezeichnung „Dolomiten Nordtirols“ kommt nicht von ungefähr. Der schattige Kessel hat sogar etwas Pulver konserviert. Das ändert sich allerdings schnell wieder. Im steilen Anstieg zum anvisierten Joch begleitet mich ein beständiger, unvorhersehbarer Wechsel aus Bruchharsch und weicheren Passagen. Hoffentlich ist es auf der anderen Seite besser. Nach überschaubaren 800 Höhenmetern und gut zwei Stunden Aufstieg erreiche ich die Scharte und prüfe gespannt die südexponierten Abfahrtshänge. Die Schneedecke ist zwar hart, aber wenigstens unberührt und homogen… könnte schlechter sein! Noch eine kurze Rast, bei der ich den Blick über die mit Schneepolstern verzierten, gelblichen Felsrippen zum Stubaier Hauptkamm schweifen lasse. Zaghaft bahnt sich die Sonne ihren Weg durch den bis dato bedeckten Himmel und verwandelt die Abfahrtshänge in ein gleisendes Weiß. Nichts wie los! Verhalten starte ich in die steile, noch harte Mulde. Doch schon bald ist die kompakte Schneeoberfläche firnartig aufgeweicht und Schwung um Schwung zeichne ich kaum sichtbare Spuren in den Schnee. Was für eine Freude, wenn ein Plan aufgeht und an einem eigentlich gewöhnlichen Tag mit durchwachsenen Bedingungen und überschaubarem Zeitbudget etwas Besonderes, nicht Alltägliches gelingt!
Zuletzt etwas unruhiger und „staudiger“ gelange ich zum Ziehweg des Schlicker Skigebiets. Als leidenschaftlicher Skitourengeher traut man es sich kaum zuzugeben, dass Pistenfahren auch richtig Spaß machen kann. Und 550 Höhenmeter mehr Abfahrt als Aufstieg bekommt man – ohne Liftunterstützung – wohl nur auf einer (Öffi-)Überschreitung!

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Fazit

Überschreitungen müssen, wie diese Erfahrung zeigt, nicht zwangsläufig lang und anspruchsvoll sein, sondern gibt es in der vollen Bandbreite, wie „normale“ Skitouren eben auch. Und klar erfordern Tagesdurchquerungen mit Bus und Bahn ein gewisses Maß an Planung (mit dem PKW wäre der Aufwand wohl nicht geringer), dafür erhält man ein besonders intensives Erlebnis, da jeder Meter neu ist und neugierig macht. Nach einer Saison, in der ich bewusst versucht habe, häufiger auf Öffi-Überschreitungen unterwegs zu sein, faszinieren mich vor allem die neuen Tourenmöglichkeiten, die sich dadurch ergeben. Insbesondere die Möglichkeit, lange Täler „von der anderen Seite“ abfahren zu können, lässt einen völlig neue Winterlandschaften erkunden. Auch ergeben sich viele Optionen beim „Spiel“ mit den Expositionen und Routen, die je nach Verhältnissen und Vorlieben kreativ kombiniert werden können: sonniger Aufstieg und schattig-pulvrige Abfahrt, im Frühjahr entspannter ostseitiger Anstieg und westseitige Abfahrt mit spätem Auffirnen, kurzer Aufstieg und lange Abfahrt zum tiefergelegenen Endpunkt etc.. Wer diese Reize für sich entdeckt und sich an die neuen Möglichkeiten gewöhnt hat, wird ein Auto vielfach gar nicht mehr vermissen.

Nachtrag: Zugegeben, eintägige Skiüberschreitungen sind vor allem dann eine attraktive Form unterwegs zu sein, wenn ihr in den Alpen oder alpennah wohnt. Bei weiterer Anreise bieten sich wiederum Wochenend- oder noch längere Skidurchquerungen wie hier beschrieben https://powderguide.com/magazin/schnee-von-morgen/schnee-von-morgen-oeffi-skidurchquerung-im-selbstversuch an, für die öffentliche Verkehrsmittel aufgrund des unterschiedlichen Start- und Endpunkts ebenfalls ideal sind.

Florians Tipps für Öffi-Skiüberschreitungen

  1. Trockene Ersatzwäsche, insbesondere ein dickes Unterhemd, ist praktisch und lässt einen auch Wartezeiten an manch kälterer Haltestelle gut überstehen. Trockene Socken helfen auch bestens gegen klamme Füße und haben schon manch einem ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.

  2. Je nach Komfortbedürfnis, Länge der Anreise und Schneebeginn sind leichte Turnschuhe angenehm. Nachdem man mit Tagesgepäck unterwegs ist, bleibt der Rucksack immer noch leicht und das Zusatzgewicht wird wohl kaum jemand in die Knie zwingen (probiert es aus!).

  3. Optimalerweise hat man vorab schon ein Cafè/Gasthaus ausgekundschaftet, bei dem man sich nach der Tour aufwärmen und Flüssigkeit nachfüllen kann, wenn man etwas länger auf die nächste Verbindung warten muss. So sorgt man ganz nebenbei für lokale Wertschöpfung. Alternativ legt man bewusst noch am Berg in der Sonne eine Pause ein, bevor es zur schattigen Haltestelle geht.

  4. Wer sich in der alpenvereinaktiv-App vor der Tour den entsprechenden Kartenausschnitt samt Layer „öffentlicher Verkehr“ offline heruntergeladen hat, findet selbst im Funkloch zielsicher die nächste Haltestelle.

Informationen

Unter Alpenvereinaktiv findet ihr eine Sammlung von eintägigen Skiüberschreitungen in Österreich. Darin enthalten sind Klassiker wie die „Nationalskitour“ am Dachstein oder die Grünsteinumfahrung in Tirol, aber auch weniger bekannte, kleinere und größere Überschreitungen. Wir hoffen, dass die Zahl der beschriebenen Tourenideen mit eurer Hilfe schnell anwächst und ihr einen großen Inspirationspool an besonders attraktiven Öffi-Skitouren vorfindet.

Mehr Inspirationen für Öffi-Touren zu allen Disziplinen, Jahreszeiten und Gebieten gibt‘s auf alpenvereinaktiv.com HIER.

Neu gibt es zudem das eLearning „Klimafreundlich auf Tour“ der Alpenverein Akademie, das nicht nur Hintergrundinfos und Know-How zur Mobilität vermittelt, sondern auch Lust auf deine nächste Öffi-Tour macht. Zum Link geht es HIER.

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