Bereits zum Auftakt der diesjährigen Schnee von morgen-Saison habe ich mir die Frage gestellt, ob wir den Winter machen, wie er uns gefällt. Ihm hinterher reisen oder noch viel verbreiteter: den Schnee einfach dann produzieren, wann es uns passt. Klar, ist ja auch einfach. Wenn ich im November Skifahren will und es eben noch nicht genügend dafür geschneit hat, dann gibt es glücklicherweise Skidestinationen, die schon vorgesorgt haben. Oder soll ich besser sagen, vorproduziert haben? Denn meist liegen die besagten Skidestinationen nicht direkt unter dem Kopfkissen von Frau Holle, sondern haben einfach andere Methoden etabliert, um den Schnee der Tourismussaison anzupassen. Die Stichworte Kunstschnee oder Snowfarming ploppen bei dir jetzt wahrscheinlich auch direkt auf. Aber was machen diese Methoden eigentlich genau und wieso können wir nicht mehr ohne sie?
Das bekannte schwarze Schaf: der Kunstschnee
Nass, eisig, irgendwie anders zu fahren. So kennt man Kunstschnee. Dabei haben sich in den letzten Jahren Technologie und Zusammensetzung des künstlich produzierten Schnees maßgeblich verändert. So ist Kunstschnee heute nicht mehr das, was er früher einmal war. Er heißt nicht einmal mehr Kunstschnee, sondern “technisch produzierter Schnee”. Denn künstlich ist an ihm nicht viel. In modernen Anlagen wird er aus Luft und Wasser hergestellt. Sonst nichts. Keine Extra-Chemikalien. Keine Umweltgifte. Nur Wasser und kalte Luft. Wie in der Natur auch, nur ohne die von Schneeflocken bekannte Kristallstruktur. Auch die Studie von Nora Els, die sie in Schnee von morgen schon vorgestellt hat, bestätigt das. Lediglich die chemische Zusammensetzung des Wassers unterscheidet sich von Naturschnee. Das hängt damit zusammen, dass das Wasser in den Speicherteichen sich in Details vom Wasser in den Schneewolken unterscheidet.
Dennoch hat Kunstschnee, pardon, technisch produzierter Schnee, immer noch den Ruf des Wasser- und Energieverschwenders. Den Energieverschwender konnte eine Studie des WSL-Institut für Schnee-und Lawinenforschung SLF (kurz SLF Davos) mehr oder weniger widerlegen. In Davos entfallen nämlich gerade einmal 0,5 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs auf die technische Beschneiung. Auf Wohnungen dagegen 32,5 Prozent. Allerdings verbrauchen Beschneiungsanlagen Wasser: Laut SIS/DSV-Beirat für Umwelt und Skisportentwicklung sind es für einen Kubikmeter Schnee je nach Schneequalität 250 bis 350 Liter. Das Wasser ist dennoch nicht verloren: Es wird nach der Schneeschmelze wieder in den natürlichen Wasserkreislauf zurück geführt. Hinzu kommt, dass technisch produzierter Schnee die Vegetation auf den Pisten vor Schäden durch Pistenfahrzeuge schützen kann, aber auch vor spät einsetzendem Frost im Frühjahr. Andererseits kann sich diese Schneebedeckung, da sie auf beschneiten Pisten länger anhält, auf die Vegetationszusammensetzung auswirken.
Wir fassen also zusammen: Kunstschnee ist nicht mehr der völlige Retortenbruder des Naturschnees. Natürlich verbraucht aber jeder technische Einsatz Ressourcen und Energie. Naturschnee ist immer notwendig. In Warth-Schröcken wird beispielsweise der technische Schnee genutzt, um eine Grundbeschneiung der Pisten von rund 30 Zentimetern zu Beginn der Saison zu garantieren. Den Rest muss dann aber auch der natürliche Schnee regeln. Deshalb können Beschneiungsanlagen auf bestehenden Pisten zwar eine durchgehende Schneedecke und Planungssicherheit garantieren, sollten aber nicht dazu da sein, neue Gebiete zu erschließen.