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Schneegestöber

SchneeGestöber 15 2019/20 | Gefahrenmuster 4: Eine tückische Schwachschicht

Was ist das Gefahrenmuster 4 und welche Prozesse passieren in der Schneedecke?

von Stefanie Höpperger 07.03.2020
Das Gefahrenmuster 4 - kalt auf warm, warm auf kalt - tritt auf, wenn ein großer Temperaturunterschied (mehr als 5°C) während des Einschneiens bzw. auch zwischen der Schneeoberfläche und dem Neuschnee entsteht. Wie der Name schon sagt, kann es in beiden Temperaturrichtungen entstehen, egal ob es kalt auf eine warme Oberfläche schneit, oder umgekehrt.

Durch den großen Temperaturunterschied innerhalb weniger Zentimeter in der Schneedecke wird die aufbauende Umwandlung begünstigt. Es können sich in Folge dünne, kantige Schichten bilden, die überwiegend flächig vorhanden sind. Die angehende Schwachschicht kann sich in allen Expositionen bilden, ist aber vermehrt in sonnenexponiertem Gelände zu finden, wie es im Winter 2018-2019 der Fall war.

Weiters bilden sich die kantigen Kristalle nicht sofort während oder nach dem Schneefall, sondern erst in den darauf folgenden Tagen. Wann und wie stark sich die Schwachschicht bildet, zeigt sich mit der Zeit.

In Kombination mit dem gm. 4 entsteht meist auch eine Schmelzharschschicht. Entweder wird eine relativ warme Schneeoberfläche durch einen Temperaturabfall verharscht, oder eine kalte Schneeoberfläche durch die beginnende Erwärmung (z.B. bei nassem Schneefall oder Regen) angefeuchtet, wodurch es auch zur Bildung einer dünnen Harschschicht kommen kann.

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Je nach dem, ob es warm auf kalt oder umgekehrt schneit, bildet sich die Schwachschicht unterhalb oder über dem Schmelzharschdeckel:

Bei warm auf kalt bildet sie sich meist oberhalb des Harschdeckels, da der Wasserdampf nach unten wandert.

Bei kalt auf warm bildet sich die Schwachschicht meist unterhalb des Harschdeckels, da der Wasserdampf nach oben wandert.

Grund dafür ist der Dampfdruckunterschied. Dieser ist im eher feuchten, wärmeren Schnee höher als im kalten, trockenen Schnee wodurch der Wasserdampf von den warmen zu den kalten Schichten wandert (Prozess wie im Gestöber 6 bei der aufbauenden Umwandung erklärt.)

Oft herrscht noch die Meinung vor, dass sich der kalte Neuschnee schlecht mit dem Harschdeckel verbindet (sich darauf nicht „halten“ kann), und deshalb auf der Harschschicht abgleitet, was der Grund für den Anstieg der Lawinengefahr ist. Das ist aber nicht der Fall, denn bekanntlich braucht es eine Schwachschicht für eine Schneebrettlawine, und für diese ist der Prozess der aufbauenden Umwandlung verantwortlich.

Es passiert ein Bruch in der Schwachschicht aus kantigen Kristallen und das darüber liegende Schneebrett gleitet auf der nächst härteren Schicht ab, also entweder auf dem Harschdeckel, oder - is die Schwachschicht unter dem Harschdeckel - mitsamt des Harschdeckels auf der nächsten Schicht.

Wie kann man es erkennen?

Anhand von Wetterbeobachtungen und Messstationen kann man den Zeitpunkt einer eventuellen Entstehung eines Gefahrenmusters 4 bestimmen. Man achtet auf große Temperatursprünge im Zusammenhang mit Niederschlägen. Die kompetenten Teams der LWDs haben das genau im Auge und können durch vorhergehende Wetterereignisse, zig Schneedeckenuntersuchungen sowie Rückmeldungen der eigenen Beobachter die gebildete Schwachschicht recht gut in Exposition und Höhenlage eingrenzen.

Warum ist das Gefahrenmuster 4 so tückisch?

Tückisch ist bei gm. 4 dass sich die Schwachschicht erst in den Tagen nach dem Niederschlag entwickelt (meist 2 Tage) und nicht sofort ein Anstieg der Lawinengefahr eintritt. Die Schwachschicht ist meist großflächig vorhanden und so kann sich ein Bruch gut ausbreiten.

Es wird also zu einem Altschneeproblem, das im Gelände nicht ersichtlich ist, außer man wirft einen Blick in die Schneedecke, oder nimmt Setzungsgeräusche oder ähnliche Gefahrenzeichen wahr.

Wir kämpfen bei gm 4 also mit zwei Problemen, die es uns erschweren, dem trügerisch sicheren Pulvertraum zu widerstehen. Zum einen, dass die Lawinengefahr nicht direkt nach einem Wetterereignis oder durch äußere Umstände ansteigt, sondern erst Tage danach, wenn man eventuell nicht mehr daran denkt. Zum anderen, dass es vermehrt in sonnenexponiertem Gelände vorkommt. Dort ist der Schneedeckenaufbau im Vergleich zu Schattenhängen großteils günstiger und Wintersportler machen sich häufig weniger Gedanken über die Lawinengefahr.

Ein paar Tage nach dem Niederschlag herrscht strahlender Sonnenschein, perfekte Pulverhänge und die Temperaturen sind ideal, so dass sich Triebschnee bereits gut verbinden konnte und nur mehr ein kleines Problem darstellt. Es macht den Anschein als stünde ein perfekter Tourentag vor der Tür. Doch wer sich hier verleiten lässt und nicht weiß, wo gm 4 eventuell vorherrscht, für den könnte dieser Tag zum Verhängnis werden. Wenn man das trügerische gm 4 nicht auf Schirm hat, wird man es im Gelände nur sehr schwer erkennen und dadurch das Gefühl von Sicherheit verspüren. Es ist immer wichtig den Text des Lawinenreportes genau zu lesen und bereits in der Tourenplanung gegebenenfalls angegebene Expositionen und Höhenbereiche zu berücksichtigen!

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