All Melt, No Freeze
Diese Situation ist das Schreckensgespenst aller Wintersportler im Frühling. Entweder ist die Luft so warm oder so feucht oder der Himmel so bedeckt – meist aber alles in Kombination – dass die Schneeoberfläche auch in der Nacht nicht oberflächlich frieren kann. Dann schmilzt die Schneedecke nicht nur untertags, sondern auch in der Nacht weiter. Kein Harschdeckel bildet sich. Der Schnee bleibt feucht/nass, meist bremsend-saugend am Skibelag und die Lawinengefahr bleibt auf einem konstant eher hohen Niveau. In der Regel ist der Schnee auch so schlecht zum Skifahren, dass man gar nicht mehr ins Gelände will.
Die Extremform des All Melt, No Freeze Szenarios ist das Tauwetter. Beim Tauwetter steigt der Taupunkt – ein Maß für die absolute Luftfeuchtigkeit – auf über 0°C an. Dann hört der Schnee auf zu sublimieren und schmilzt nur noch. Bei einem Taupunkt unter 0°C schmilzt und sublimiert Schnee. Bei einem noch viel tieferen Taupunkt sublimiert Schnee ausschließlich. Bei All Melt, No Freeze bleibt der ganze Schnee, der verschwindet, als Schmelzwasser auf der Schneedecke liegen, nichts wird mehr zu Wasserdampf und wird über die Luft abtransportiert. Das lässt die Schneedecke noch schneller durchnässen. Der Energieeintrag ist um ein Vielfaches höher. Und nicht nur das: Sie hat dann durch die positive Energiebilanz selbst in der Nacht Zeit zum Schmelzen, nicht nur untertags wie bei der klassischen Frühjahrssituation. Beim Tauwetter verschwindet die Schneedecke dadurch wie im Zeitraffer.
Auch eine trockene Schneedecke aus dem Hochwinter durchnässt dabei derart schnell, dass man sich bald in einem Sumpf befindet. Man sackt durch eine nasse Schneedecke bis zum Boden durch. Nicht nur gefährlich in Sachen Lawinenauslösung sondern auch vollständig spaßbefreit in Aufstieg wie in Abfahrt!
Bei der All Melt, No Freeze Situation gibt es keinen tageszeitlichen Anstieg der Lawinengefahr. Es ist einfach immer konstant prekär. Tage, um daheim aufzuräumen und Laufen zu gehen.