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Schneegestöber

SchneeGestöber 16 2019/20 | Wenn Schnee durch Regen zu mehr Schnee wird

Regenfälle erhöhen die Masse der Schneedecke auf den Bergen oft

von Lukas Ruetz • 14.03.2020
Im Februar hat es einige Male bis weit hinauf geregnet. Der WetterBlog hat über das warme Westwetter mehrmals berichtet. Allerdings nimmt, vor allem in den hohen Gebieten, durch den Regen lediglich die Schneehöhe ab, die Schneemenge respektive die Schneemasse aber meistens zu.

Regen im Winter

In den Alpen ist Regen im Winter auch deutlich über 2000 Meter etwas ganz normales. Das hat es schon immer bei Wetterlagen mit sehr warmen Luftmassen gegeben. Leider nehmen Regenereignisse aber in Höhe und Häufigkeit im Winter durch die Erwärmung tendenziell zu. Zeit, die Auswirkungen auf die Schneedecke näher zu betrachten.

Regen: Schneefresser oder Schneevermehrer?

Regen hat zurecht den Stellenwert als „Schneefresser“. Durch relativ hohe Temperaturen und intensive Sonnenstrahlung kann kaum so viel Energie in die Schneedecke gebracht werden wie durch Regen. Und wenn es regnet, taut der Schnee. Zwischen „Tauen“ und „Schmelzen“ unterscheidet man nämlich. Kurz zusammengefasst: Beim Tauen verabschiedet sich der Schnee um ein Zigfaches schneller als beim Schmelzen. Dazu mehr hier.

Vor allem für tiefer gelegene Gebiete – also dort, wo auch die Menschen wohnen – kann man die Aussage des Schneefressers im Grunde bestätigen. Dort ist die Schneedecke meist nur geringmächtig und alle Schneeschichten sind meist sehr warm. Das heißt, der Schnee ist nur knapp unter 0°C temperiert. Fällt auf eine warme, geringmächtige Schneedecke Regen, schmilzt sie rapide ab und die Schneehöhe sowie die Schneemasse werden weniger. Der Regen dringt schnell tief in die Schneedecke ein und das Schmelzwasser bahnt sich seinen Weg durch die Schneedecke bis zum Boden, wo es schließlich abrinnt oder versickert. Die Menge an Liter Wasser entspricht dann in etwa der Menge an Kilogramm Schnee, die verloren gehen.

Trotzdem stimmt diese Aussage nur bedingt. Denn vor allem auf den höheren Bergen liegt, zumindest im Hochwinter, eine mächtige und kalte Schneedecke. Außerdem regnet es dort meist nur kurz und schneit dann meist, während beim gleichen Niederschlagsereignis im Tal alles als Regen daherkommt. Der Regen durchfeuchtet auf den Bergen im Hochwinter in der Regel nur die oberen paar Zentimeter der Schneedecke. Nur ein Teil des Regen- und Schmelzwassers der oberflächlichen Schichten dringt daraufhin tiefer in die Schneedecke ein. Dabei bilden sich vertikale Bahnen, durch die das Wasser tiefer nach unten rinnt. Auf harten Schichten – wie beispielsweise älteren Regen- oder Windkrusten – staut sich das Wasser und kommt dann nur noch schwer oder gar nicht mehr weiter.

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Aber es braucht nicht unbedingt harte Schichten in der Schneedecke. Meist gibt es einfach nicht genug Wasser, das tiefer einsickern könnte und es bleibt lediglich bei einer Durchfeuchtung der oberflächennahen Schichten. Dadurch setzen sich diese zwar stark, also die Schneehöhe nimmt ab. Trotzdem wird der Schnee aber „mehr“. Während die Höhe abnimmt, nimmt die Schneedichte zu. Das heißt, auf weniger Schneehöhe liegt trotzdem die gleiche Masse an Schnee. Der Regen und das Schnee-Schmelzwasser bleibt eine Weile in einer feuchten Schneeschicht liegen und friert anschließend wieder. Das heißt, das ganze Wasser wird wieder zu Eis/Schnee. Die Masse der Schneedecke hat damit genau um den gefallenen Regen zugenommen, während die Schneehöhe zurückgegangen ist. Der Schnee wird also mehr, während die Schneehöhe abnimmt.

In der Praxis

Regen ist in Summe immer ungut. Vor allem in Sachen Schneequalität. Zuerst wird der Schnee pappig, klebrig und lässt sich auch mit dem besten Wachs nicht mehr anständig fahren. Die Lawinengefahr nimmt bei Regen auch fast immer (markant) zu. Das Wasser schwächt die Verbindung zwischen den Schneekristallen.

Sobald das Wasser auf oder in der Schneedecke wieder friert, erhält man oft Bruchharsch. Nur bei sehr starkem Regen gibt es einen dicken, tragfähigen Harschdeckel. Der firnt im Hochwinter dann durch die schwache Strahlung nur selten auf. In weiterer Folge bilden sich um die Schmelzkrusten in der Schneedecke aber oft Schwachschichten, weil der Temperaturunterschied zu den Nachbarschichten groß ist.

Der Irrsinn „Dächer von schwerem Schnee nach Regen befreien“

Nach einem Regenereignis im Winter liegt auf Hausdächern maximal so viel mehr Gewicht wie Regen gefallen ist. Woher soll die Masse auch sonst herkommen? Unser Gefühl, dass der Schnee auf den Dächern „viel schwerer wird“, bezieht sich nicht auf die Masse der Schneedecke, sondern auf deren Dichte. Ein fiktives Beispiel: Auf einem Hausdach liegt ein Meter Schnee mit einer Dichte von 200 Kilogramm pro Kubikmeter. Das heißt, auf einem Quadratmeter Dach liegen 200 Kilogramm Schnee. Es regnet 20 Liter (= 20 Kilogramm Regen) auf dem Quadratmeter. Die Schneedecke ist so kalt, dass der Regen nicht durchsickern kann und das Schmelzwasser nicht über die Dachrinne abrinnt sondern innerhalb der Schneedecke verbleibt. Die Schneehöhe nimmt aber von 1 m auf 50 cm ab, weil sie sich durch den Regen massiv setzt. Auf einem Quadratmeter liegen nun 200 Kilogramm Schnee + 20 Kilogramm Regen als Wasser innerhalb der Schneedecke = 220 Kg/m². Allerdings nicht mehr auf einer Schneehöhe von 1 m sondern inzwischen auf 50 cm. Wir haben das Gefühl, der Schnee wäre doppelt so schwer. Er ist aber eigentlich nur ca. doppelt so dicht, an Masse beziehungsweise Gewicht ist nur das bisschen Regenwasser dazugekommen. Die Dichte hat sich aber von 200 kg/m³ auf 440 kg/m³ mehr als verdoppelt.

Wenn die Schneedecke schon schwer und nass ist und Regen drauf fällt, rinnt unterm Schnee mehr Wasser raus als durch den Regen reingekommen ist. Zum einen kommt das überschüssige Regenwasser unten wieder raus und zum anderen wird der Regen noch zusätzlich Schnee schmelzen, der ebenfalls als Wasser die Schneedecke verlässt. Dann wird die Last am Dach durch Regen geringer, weil die Schneemasse abnimmt.

Auch wenn wir das Gefühl haben, der Schnee würde durch den Regen zu schwer für das Dach – das Dach wird nur maximal um die Liter = Kilogramm an Regen mehr belastet, die vom Himmel fallen. Und das ist meist gar nicht so viel.

Merke: Regen auf eine Schneedecke ist in Sachen Schneequalität und Lawinengefahr negativ. Auf den Bergen nimmt die Schneemasse dadurch aber meistens zu – als ob es einfach geschneit hätte.

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