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Schneegestöber

SchneeGestöber 2 2019/20 | Einführung und Überblick

Was steht alles in einem Schneeprofil?

von Stefanie Höpperger 30.11.2019
Diese Woche gibt es von unserer neu dazu gewonnenen Schneestöberin eine Wiederholung zum Wirrwarr aus Symbolen, Abkürzungen, und Zahlen, das man in einem typischen Schneeprofil findet. Wenn man weiß wie, lässt sich aus so einer Grafik nämlich allerhand heraus lesen und man muss gar nicht immer selber graben, um einen Überblick über die Schneedecke an einem bestimmten Ort zu bekommen. Ein neues Profil aus dem Sellrain gibts auch, da kann das aufgefrischte Wissen gleich angewandt werden!

Härteangaben

Durchdringbar mit..

  • 1: Faust
  • 2: vier Finger
  • 3: ein Finger
  • 4: Bleistift
  • 5: Messer
  • 6: Eis, kompakt

Feuchtigkeitsangaben

  • 1: trocken - Schnee unter 0°C
  • 2: schwach feucht - Schnee 0°C
  • 3: feucht - Wasser erkennbar
  • 4: nass - Wasser auszupressen
  • 5: sehr nass - Wasser durchtränkt

Tests

ECT - Erweiterter Säulentest (Extended Column Test)

Der ECT ist der am meisten angewandte Test und kann schnell durchgeführt werden. Er ermöglicht eine gute Abschätzung der Bruchinitiierung und der Bruchfortpflanzung (Ausbreitung) bis ca. 1m Tiefe. Dazu wird ein 90 x 30 cm großer Schneeblock vorne und an den Seiten bis zum Boden freigeschaufelt. Die Hinterseite wird mit einer Reepschnur oder „Rutschblockschnur“ abgeschnitten. Am besten schon beim Schneiden den Block beobachten! Am seitlichen Rand wird dann das Schaufelblatt aufgelegt und durch Klopfen stufenweise belastet. Idealerweise macht eine Person den Test während eine andere den Block auf mögliche Brüche und deren Bruchfortpflanzung beobachtet.

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Belastungsstufen:

  • Bruch beim Graben oder abschneiden 0
  • Bruch bei Belastung aus dem Handgelenk Schlag 1-10
  • Bruch bei Belastung aus dem Ellbogen Schlag 11-20
  • Bruch bei Belastung aus der Schulter Schlag 21-30
  • Kein Bruch Schlag 31

Brucharten:

Plötzlicher Bruch (P) Ganzer Block. Bruch pflanzt sich beim Schlag X durch den ganzen Block fort.

Teilbruch (N) es entsteht beim Schlag X ein Teilbruch. Das heißt einfach nur, dass sich der Bruch nicht über den ganzen Block ausbreitet.

RB – Rutschblocktest

Der beste, aber auch aufwändigste Test, um die Stabilität der Schneedecke festzustellen. Dazu legt man einen Block mit einer Breite von 2 m und einer Tiefe von 1,5 m in einem aussagekräftigen Hang (ca. 35° Steilheit) frei. Danach folgt die Belastung, die wie folgt abläuft:        

RB 1 @ … Bruch beim Graben oder Sägen (spontan)
RB 2 @ … Bruch beim schonenden Belasten mit Ski (drauf gehen, steigen)
RB 2 @ … Bruch bei 3x Wippen mit Ski im Stand
RB 2 @ … Bruch beim 1. Sprung mit Ski ins obere Drittel
RB 2 @ … Bruch beim 2. oder 3. Sprung mit Ski ins obere Drittel
RB 2 @ … Bruch beim Sprung ins obere Drittel ohne Ski
RB 7           Kein Bruch. 

Beim RB wird wie beim ECT zwischen plötzlichem Bruch (P) und Teilbruch (N) unterschieden.

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Schneeprofil lesen anhand eines Beispiels

Dieses Profil habe ich am 16.11.19 um 12:30 Uhr in Kühtai an der Grieskogelscharte aufgenommen.

Höhe: 2589m

Exposition: Ost (der Hang schaut nach Osten)

Schneehöhe: 95cm

Schichten von unten nach oben:

0 cm – 36 cm ….. Kantig-abgerundete Kristalle. Umwandlungsprozess von kantig wieder zum Rundkorn, (abbauende Umwandlung). Mit einer Größe von 0,5 – 1 mm und einer Härte von 1-2, nicht mehr ganz so leicht mit der Faust durchdringbar, für 4 Finger aber noch zu weich.

36 cm – 38 cm ….. Kantig-abgerundete Kristalle mit kantigen Kristallen gemischt. Es wird immer die Kornform als erstes genannt, die in der Schicht dominanter ist.

Mit einer Größe von 0,5 mm und einer Härte von 1, mit der Faust durchdringbar.

Diese Schicht bildet die Schwachschicht für den ECTP28! Eine sehr weiche Schicht mit schlecht verbundenen Kristallen. Wie man sieht, ist genau in diesem Bereich der Temperaturgradient (großer Temperaturunterschied auf wenig Fläche) hoch, was die aufbauende Umwandlung fördert. Das wird aktuell mit dem Schneefall vom 17.11.19 kein großes Problem mehr darstellen.

Die Schichten von 0 cm – ca. 38 cm sind von den Schneefällen bis zum 10.11.19 (siehe Profil vom 10.11.19 im SchneeGestöber 1) Man sieht hier gut, wie sich die Kristalle, die damals noch Kantig waren, durch die Schneelast und durch die dazu gewonnene Schneehöhe und den geringen Temperaturgradient in den bodennäheren Schichten zum positiven wandeln. Hier ist der Prozess der abbauenden Umwandlung wieder im Gange - die kantigen Kristalle werden wieder rundkörniger.

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38 cm – 52 cm ….. Punkt mit Kantig mit einer Größe von 0,5 und einer Härte von 1, mit der Faust durchdringbar.

52 cm – 55 cm ….. Kantig mit Punkt mit einer Größe von 0,5 und einer Härte von 1-2, nicht mehr ganz so leicht mit der Faust durchdringbar, für 4 Finger aber noch zu weich.

55 cm – 76 cm ….. Punkt mit einer Größe von 0,5cm und einer Härte von 3-4, mit einem Finger nicht mehr ganz leicht durchdringbar, für einen Bleistift aber noch etwas zu weich.

Ca. 38 cm – 76 cm Niederschlag vom 12.11. auf 13.11.19

76 cm – 78 cm ….. Filz mit Kantigen mit einer Größe von 0,5 – 1 mm und einer Härte von 2, mit 4 Fingern durchdringbar.

Kantige Kristalle (aufbauende Umwandlung) entstanden am 14.11. durch eine klare Nacht und sehr tiefen Taupunkt (bis ca. -30°C). Dadurch ist die Schneeoberfläche stark ausgekühlt, was die aufbauende Umwandlung begünstigt hat. In dieser Schicht kam nur ein Teilbruch zu Stande.

78 cm – 94 cm ….. Neuschnee mit Filz mit einer Größe von 1 und einer Härte von 1

94 cm - 95 cm ….. Filz mit Punkt mit einer Größe von 0,5 – 1 und einer Härte von 2. Leicht vom Wind beeinflusste Schneeoberläche.

Ca. 76 cm – 95 cm Niederschläge vom 15. – 16.11.19.

Die gesamte Schneedecke ist trocken und weist eine Temperatur bis höchstens 0°C (am Boden) auf.

Testergebnisse:

Es wurde jeweils ein erweiterter Säulentest (ECT) durchgeführt.

ECTN8 @ 78 cm

Beim achten Schlag aus dem Handgelenk konnte ein Teilbruch (N) erzeugt werden. Ein Bruch wurde initiiert, aber konnte sich nicht fortpflanzen.

ECTP20 @ 36 cm

Beim 20 Schlag (zehnter Schlag aus dem Ellbogen) entstand ein Bruch in der Schwachschicht und breitete sich über den ganzen Block aus. Folge: Der Block oberhalb des Bruchs rutscht einem entgegen.

Ein Schneeprofil mit seinen Schichten, Kornformen, Härten, und Temperaturen richtig lesen zu können, ist die Voraussetzung, um anhand eines Profils den Aufbau der Schneedecke zu eruieren und ein Gefühl dafür zu bekommen, ob es sich um eine kompakte und stabile Schneedecke mit gut verbundenen Schichten und rundkörnigen Kristallen handelt, oder um eine eher instabile Schneedecke mit einem Wechsel aus Krusten und kantigen Kristallen. Anhand von Testergebnissen kann man sich ein Bild machen, ob Brüche überhaupt zustande kommen, ob sie sich ausbreiten, und ob störbare Schwachschichten vorhanden sind.

Man muss gar nicht unbedingt selbst in kalten Schneelöchern stehen und wühlen, denn viele Profile sind öffentlich einsehbar. Was ich dennoch allen empfehle, ist ab und zu einen ECT zu machen! Man muss dabei nicht alle Schichten erkennen und genau aufschreiben, aber für das Prozessverständnis ist die Praxis unumgänglich. Und ein ECT ist es eine der wenigen Methoden, mit der man einen Bruch mal live sehen kann, ohne sich dabei mitten in einem Schneebrett zu befinden. Denn mit echten Lawinen ist bekanntlich nicht gut Kirschen essen!

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