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Schneegestöber

SchneeGestöber 12 2016/17 | Das Altschneeproblem in der Tourenplanung: Stayin' alive.

„Die Hauptgefahr geht von einem Altschneeproblem aus, das auch vom Experten schwierig einzuschätzen ist.“ (aktueller Lawinenlagebericht Tirol)

von Lukas Ruetz • 19.01.2017
Wir schreiben den Frühwinter 2017. Im Ostalpenraum hat sich gebietsweise wieder ein ausgeprägtes Altschneeproblem eingestellt. In die Präventionsarbeit von Altschneeproblemen kann man nicht genug Energie stecken, das zeigen Lawinenunglücke. Also schreiten wir zur Prophylaxe.

Analogiebildung hilft immer bezüglich Verständnis

Bezüglich Lawinenrisikomanagement zimmert sich mittlerweile nach Einschätzung des Schneestöberers fast jeder sein eigenes Schusterwerk zusammen – aber kaum jemand davon ist ausgebildeter Schuster oder Zimmermann. Und die Bedienungsanleitung (entspricht Risikoreduktionsmethoden) für den Zusammenbau der Ikeamöbel verwendet in der Praxis eigentlich auch niemand. Das funktioniert bezüglich Triebschneeproblemen und Nassschneeproblemen (Nachtkästchen) gut, mit Neuschneeproblemen (Kommode) schon schlechter und mit Altschneeproblemen (Kücheneinbaugeräte) fast gar nicht mehr.

Wie oben angesprochen leben wir im Jahr 2017 – wie schaut die gängige bzw. am weitesten verbreitete Methode also aus, Lawinenrisikomanagement zu betreiben? 3x3, Stop or Go, w3 – oder bleibt man einfach noch zu Hause bis Ende Feber und geht dann nur am Vormittag auf  Tour?  Bei Ausbildungstouren, Lawinenkursen oder Alpenvereinstouren vielleicht. Bei der Privatskitour ist und bleibt es aber die laienhafte Handwerksarbeit, also das chaotische Zusammenschrauben von mitgelieferten Teilen und welchen aus seinem eigenen Baukasten, aber ohne beiliegender und damit leicht verfügbarer Bauanleitung. Was anständig gelernt wurde oder man irgendwo einmal gesehen und auf Anhieb verstanden hat bzw. nachvollziehen und anwenden konnte (auch bekannt als „Ein eintägiger Kurs mit jeder Menge solide interpretierter Erfahrung“) oder vielleicht vom Freund seines Schwagers erklärt bekommen hat, fließt ins Lawinenmanagement im winterlichen Gebirge mit ein.

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Auditiver Lerntyp oder Lernen durch Hören

Das Altschneeproblem versetzt sich in der Zwischenzeit in seine Opfer und hört dabei Bon Jovi:

… I'm wanted, dead or alive.

Wanted, dead or alive…

Warum es Musik hört? Ganz einfach: Dem Altschneeproblem ist es egal, was die Erfahrung sagt – schnurzpiepsch...-egal. Die mordende Hulk-Seite des Altschneeproblems fürchtet nur eines: Den Lawinenlagebericht und diejenigen die fähig sind, die Informationen davon im Gelände umzusetzen.

Und wer fürchtet das Altschneeproblem im nötigen Ausmaß im Umkehrschluss? Richtig! Diejenigen, die fähig sind, den Lagebericht sinnerfassend zu lesen und die dortigen Informationen zur Tourenplanung umzusetzen – also richtiges Werkzeug zu verwenden und das Möbelstück nach der Anleitung zusammenzusetzen.

Schwachschichten innerhalb der Schneedecke, die nicht von Neuschnee und/oder Windaktivität ausgehen, kann man praktisch nicht mit Erfahrung managen. Bei den anderen Lawinenproblemen funktioniert das in weiten Teilen recht gut. Beim Altschneeproblem funktioniert das nur mit dem Lagebericht und vor allem einer soliden Umsetzung der dortigen Information, verbunden mit defensivem Verhalten.

Die Gefahrenstufe spielt (wie so oft!) - wenn man keine der oben angesprochenen Risikoreduktionsmethoden verwendet - nur eine untergeordnete Rolle: Es geht um die Verbreitung (Gebiet, Höhenlage, Exposition) und Auslösebereitschaft. Ob die Gesamtsituation in Verbindung mit den anderen Lawinenproblemen mehr auf eine Gefahrenstufe Mäßig (2) oder eine Gefahrenstufe Erheblich (3) zutrifft, ist von niedriger Relevanz.

Lerntypen

Visueller Lerntyp: Lernen durch Lesen
In den letzten Tagen konnte man im Tiroler Lagebericht folgendes lesen: „Zu großer Zurückhaltung raten wir in steilen Schattenhängen, wo das Problem besonders ausgeprägt ist.“ oder „Mitunter sind besonders im schattigen Gelände auch Fernauslösungen möglich. Für Skitouren und Variantenfahrten benötigt man oberhalb der Waldgrenze weiterhin gutes lawinenkundliches Wissen.“ und „Das Altschneeproblem rückt vergleichsweise in den Vordergrund und bleibt länger bestehen.“

Motorischer Lerntyp: Lernen durch Hand anlegen
Das geht im Bezug auf Schnee leider nur mit Schneeprofilen. Wer gräbt und den Unterschied zwischen einer mit Schwachschichten versehenen und einer gut gesetzten Altschneedecke mit seinen eigenen Händen fühlt, begreift warum die Predigten zum defensiven Verhalten bei Altschneeproblemen nicht enden wollen.

Wer ist schlussendlich immer besser dran? Das wissen wir im Alltagsleben doch alle: Der ausgebildete Handwerker und derjenige, der die Anleitung liest und sich dran hält. Warum wollen wir das in Sachen Lawinen noch nicht wahr haben!?

 

Merke: Altschneeprobleme erfordern defensives Verhalten. Wir meiden konsequent Steilhänge in den Expositionen und Höhenlagen die der Lawinenlagebericht mit dem Altschneeproblem verbindet.

Die Lageberichtsleser und –versteher hören übrigens Musik aus einem anderen Genre, von den Bee Gees:

And we're stayin' alive, stayin' alive
Ah, ha, ha, ha, stayin' alive, stayin' alive Ah, ha, ha, ha, stayin' alive

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