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Schneegestöber

SchneeGestöber 22 2016/17 | Der Sommerfirn

Wer ihn kennt, schlieĂźt ihn ins Herz.

von Lukas Ruetz • 30.03.2017
Der Sommerfirn ist unter Skifahrern eine wenig bekannte Schneeart – Sommerbergsteiger hingegen treffen ihn häufig an. Wir besprechen die wichtigsten Charakteristika von Schnee, der meist nur den hartgesottenen Tourengehern vorbehalten bleibt und knüpfen damit an das letzte Schneegestöber an.

In korrekter Manier wäre „Firn“ – wie uns allen schon zig Mal gepredigt wurde – nur Schnee, der mindestens ein Jahr alt ist und damit einen Sommer überstanden hat. Diesen findet man primär auf Gletschern, im sogenannten Nährgebiet bzw. wo sich Lawinenablagerungen über mehrere Jahre halten können. Ein bekannter Vertreter eines Lawinenkegels, der meist mehrere Sommer liegen bleibt, ist die Eiskapelle am Watzmann.

In der Skifahrersprache werden unter „Firn“ diejenigen Schneearten verstanden, die durch Schmelzumwandlung entstanden sind und sich zum Skifahren gut eignen, unabhängig von deren Alter. In der Praxis findet man darunter fast nie Schnee, der älter als ein Jahr ist. Schmelzumgewandelter Schnee, der nicht in die sprachliche Gruppe der „Firne“ fällt, eignet sich meist schlechter zum Skifahren – also beispielsweise Bruchharsch, Sulz, Gatsch = Faulschnee.

Es gibt den Zischfirn: ein aufgeweichter Harschdeckel (= Sulz auf Schmelzkruste), benannt nach seinem typischen Geräusch beim Aufprall auf der Schneeoberfläche nach jedem Schwung. Daneben den Trittfirn: weichen, mittelmäßig durchfeuchteten Altschnee bei dem noch schwach die ursprüngliche (trockene) Schneeausgangsform erkennbar ist. Und unser heutiger Star: Der Sommerfirn, auch bekannt als „sommerfester Schnee“ oder nur „Sommerschnee“. Informationen zum Sommerfirn sind dünn gesät und auch die Bezeichnung an sich verhältnismäßig unbekannt.

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Entstehung

Sommerfirn bildet sich in den Alpen je nach Gebiet ab April, selten schon im März aus. Antreffen kann man sommerfesten Schnee meist erst gegen Mitte Mai, bevor er im Juni und allerspätestens im Juli zur fast allein vorkommenden Schneeart wird. Und da wir alle auch ambitionierte Sommer-Bergler sind, kennen wir ihn anders: Die harten Schneefelder im Sommer bestehen auch aus Sommerfirn – nur eben auf kleinen Flächen. Aber er kommt auch flächig vor.

Sommerfirn ist der erste Abschnitt in der Bildung von der „winterlichen“ Schneedecke zum Gletschereis. Dabei nimmt die Dichte zu: Aus der durchnässten Schneedecke aus dem Frühjahr, die einen hohen Wasseranteil aufweist, fließt das Wasser nach und nach ab. Gleichzeitig werden die Eiskörner der Schneedecke, auch bekannt als Schmelzklumpen oder Schmelzformen, immer größer. So nimmt der Wasseranteil der Schneedecke wieder ab, obwohl weiterhin Wärme zugeführt wird. Dies geschieht durch ein immer besser ausgebildetes Wasserableitungssystem (Schmelzrinnen und –kanäle) die sich immer weiter wie ein organisiertes Straßennetz formen, angetrieben durch immer mehr zugeführtes Wasser aufgrund des langsamen Abschmelzens der Schneedecke und meist auch Regen – wir kommen ja langsam in den Sommer. Irgendwann ist das Abflusssystem derart gut ausgebildet, dass das Wasser sofort durch die Schneedecke bis zum Boden abfließen kann und der Wasseranteil der Schneedecke wieder abnimmt. Dabei rücken die Schmelzkörner wieder zusammen, die Festigkeit nimmt wieder zu. Die Schneedecke muss nicht zwingend mehrmals Auftauen und wieder Gefrieren um dies zu ermöglichen. Sommerfirn kann sich auch aus einer permanent 0°C-temperierten Schneedecke bilden. Aus einer vollständig abbauend umgewandelten, harten Ursprungs-Schneedecke bildet sich Sommerfirn eher und schneller aus.

Das Wort „sommerfest“ bezieht sich übrigens auf seine Konsistenz und impliziert nicht, dass der Schnee den ganzen Sommer überdauern wird. Damit kommen wir zu den…

Eigenschaften

Sommerfirn besitzt somit wieder einen geringeren Wasseranteil als Sulz bzw. Faulschnee. Dadurch sackt man im Sommerfirn – egal ob dieser gefroren oder isotherm ist – nicht mehr ein, er ist eben fest. Meist zeichnet er sich durch eine gewellte oder gelöcherte und verfärbte Oberfläche aus. Diese bildet sich durch sogenannten Kryokonit – Material aus der Atmosphäre, das sich in minimalen Vertiefungen sammelt, dort die Strahlungsabsorption aufgrund der dunkleren Farbe erhöht und die Schneeschmelze damit punktuell fördert. Die dunklere Farbe von Sommerfirn kommt durch das Abschmelzen der Schneedecke, wobei sich der eingelagerte Staub aus jeder abgeschmolzenen Schneeschicht schlussendlich an der Oberfläche sammelt.

Daneben findet man auf Sommerfirn regelmäßig eine rot gefärbte Grünalgen-Art die dort aufgrund der Reflexion des Weißen Goldes gute Bedingungen zur Photosynthese vorfindet und sich durch den eingelagerten Farbstoff vor Strahlungsschäden der energiereichen, niedrigen Wellenlängen (UV) schützt.

Sommerfirn kann gefroren, also pickelhart sein oder eben etwas aufgeweicht, wobei man nur mehr maximal wenige Zentimeter einsacken kann. Der Schneestöberer ist bereits besten Sommerfirn bei über +37°C in Tallagen gefahren. Weicht Sommerfirn auf, der nachts oberflächlich durch Ausstrahlung gefroren ist, ändert sich die Schneequalität von einer morgendlichen Waschrumpel aufgrund der unregelmäßigen Oberfläche zu einer lässig schmierenden, allerdings kaum an Zischfirn erinnernden, Abfahrt. Die Lawinengefahr beschränkt sich bei Sommerfirn aufgrund der hohen Festigkeit und Homogenität auf Gleitschneelawinen. Es gibt keinen tageszeitlichen Anstieg mehr, weil der Schnee immer fest bleibt. Durchbrechen kann man nicht mehr – egal wie mächtig die Schneedecke ist. Die Zeitplanung ist dennoch aufgrund der Qualität der Schwünge nötig: Oberflächlich gefroren, rattert man herunter, oberflächlich zu stark aufgeweicht, bremst Sommerfirn meist sehr stark und lässt keine tolle Abfahrt mehr zu.

Merke: Die Übergänge zwischen allen Schneearten sind fließend, Einordnungen mit scharfen Grenzen existieren nur in unseren Köpfen.

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