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Wetterblog

WetterBlog 19 | Verschwörungstheorien und Supercomputer

Die wunderbare Welt des Wetters und des Internets

von Lea Hartl 08.03.2016
Der WetterBlog ist über seltsame Verschwörungstheorien gestolpert und beschwört das Nachdenken und nicht-alles-glauben-was-im-Internet steht. Ist ein bisschen so, wie mit angeblich hüfttiefem Schnee auf Instagram, der dann doch eher nur bis zur zweiten Schnalle am Skischuh reicht. Außerdem: das ECMWF hat krasse Computer und kann jetzt besser vorhersagen.

Am 25. Februar waren auf der wunderbaren Website earth.nullschool seltsam hohe Kohlenmonoxidkonzentrationen über Kalifornien zu sehen. Earth ist ein hübsches Programm, das Wetterdaten (in erster Linie GFS) animiert und das Ergebnis frei zur Verfügung stellt. Man kann sehr schön drin rum zoomen und wer es nicht kennt, sollte es sich mal anschauen und sich drüber freuen. Jedenfalls gibt es bei Earth neben Dingen wie Wind, Druck und Temperatur auch Darstellungen verschiedener Aerosole und sonstiger luftchemisch interessanter Stoffe, darunter Kohlenmonoxid (CO). Diese Daten stammen aus dem GOES-5 Modell der Nasa. Das wiederum stützt sich auf Satellitendaten, gemessen von einem MODIS Instrument im Satellit EOS-Terra. Wenn man ein bisschen genauer schaut, findet man auf der About Page von Earth folgenden disclaimer bezüglich GOES-5, übernommen von der entsprechenden NASA Seite: Forecasts using the GEOS system are experimental and are produced for research purposes only. Use of these forecasts for purposes other than research is not recommended.

Soweit lesen vielleicht die meisten nicht und wenn man jetzt böse wäre, würde man sagen, manche wollen das auch gar nicht wissen. Der ungewöhnliche Schwall von modelliertem (!) Kohlenmonoxid über der US Westküste wurde jedenfalls bemerkt und eine bizarre Diskussion nahm ihren Lauf. Auf einer suspekten Website, die wir hier lieber gar nicht namentlich erwähnen, wurde erläutert, dass die CO Konzentrationen auf jeden Fall echt sind, obwohl keine Messungen aus der betroffenen Gegend auch nur annähernd ähnliches zeigten. Weiter wurde ein obskurer Artikel ausgegraben, der in schwammiger Argumentation erklärt, dass CO Ausstöße an tektonischen Plattengrenzen großen Erdbeben voran gehen. Geboren war die perfekte Grundlage für sinnlose Panikmache im Internet. Auf der Facebook Page von Earth erschien sehr schnell der nützliche Hinweis: „Always be skeptical of sites that peddle fear! They feed on people's anxiety and have little incentive to report the truth.", mit dem Zusatz, dass es sich vermutlich um einen Modellfehler handelt. Wenig später erklärte die NASA in einem Statement, dass es tatsächlich ein Fehler war, der aus Gründen X,Y und Z passierte und über den man sich nicht weiter aufregen muss.

Animierte Version.

Von alldem (sowie einem Snopes Beitrag und diversen weiteren, ausführlichen Debunks ) unbeeindruckt, ging die Internetdiskussion munter weiter. Weil die NASA uns alle aus unklaren Gründen hinters Licht führen will und Lügenpresse und überhaupt. Der WetterBlog schaut hin und wieder auf der FB Präsenz von Earth vorbei und hat da in einem Anfall spätabendlicher Langeweile einiges mit fasziniertem Entsetzen gelesen.

Hiermit der dringende Hinweis: Es gibt nicht umsonst ausführliche Qualitätskontrollen bei sämtlichen im operationellen Betrieb genutzten Messdaten. Auch Modelle aller Art behalten lang den Status „experimentell", weil sie sehr komplex sind und auch mal was nicht funktioniert. Blindes Vertrauen in Daten und Grafiken, von denen man nicht mal weiß, wo sie herkommen, nur weil sie irgendwo im Internet sind, ist genauso nicht zu empfehlen wie absolutes, irrationales Misstrauen gegenüber Institutionen wie der NASA, die sich übrigens sehr intensiv mit solchen Qualitätschecks befasst, sogar bei „simplen" Messgrößen wie der Temperatur.

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ECMWF erstmals unter 10km Auflösung

In other News: Das Europäische Zentrum für Mittelfristige Wettervorhersage in Reading, England, betreibt eins der großen, globalen Wettermodelle. Die Modelldaten werden weltweit von vielen Organisationen genutzt, unter anderem zum Beispiel von der ZAMG (Öster. Wetterdienst) für viele verschiedene Anwendungen. Nach einigen Jahren Entwicklungsarbeit rechnet das ECMWF nun erstmals für den kompletten Planeten Prognosen mit einer Auflösung von 9km, das heißt es wird für über 900 Millionen Punkte auf der Erde berechnet, wie das Wetter wird. Bisher waren es bei einer Auflösung von 16km nur etwa ein Drittel so viele. Vor 20 Jahren lag die beste Auflösung noch bei 100km, vor 10 Jahren bereits bei 25km. Das ECMWF hält die verbesserte Auflösung, die mit einer massiven Verbesserung der Recheneffizienz einhergeht, für eine der bedeutendsten Entwicklungen seiner 40-jährigen Geschichte. Man erwartet eine Verbesserung der Prognosegüte um 2 bis 3 %, beziehungsweise kann man nun etwa einen halben Tag länger verlässlich in die Wetterzukunft schauen.

Verbesserungen und neue Entwicklungen in der numerischen Wettervorhersage hängen stark mit mit der Entwicklung immer leistungsfähigerer Supercomputer zusammen. Das ECMWF betreibt einen der stärksten Computer des Kontinents, mit einer Spitzenleistung von 3593 Terraflops, das heißt 3593 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde. Luft nach oben gibt es laut ECMWF in der Kurzfristprognose vor allem bei Gewittervorhersagen (damit zusammenhängend: Starkniederschlag oder Hagel). Man arbeitet an einer effizienten Nutzung der neuesten Generation von Massenparallelrechnern, Supercomputern mit mehreren 100 000 Prozessoren.

Bis dahin...

...bleibt uns nur der übliche, schnöde (oder doch ganz gute?) Wetterbericht: Die Alpen befinden sich im Einflussbereich einer Hochdruckbrücke, die sich vom Atlantik bis nach Russland erstreckt. Im Mittelmeerraum hat sich ein Tief eingenistet. Die Alpen liegen dadurch in einer nordöstlichen Höhenströmung, die trockene Luft zu uns transportiert. Entsprechend sehen die nächsten Tage ziemlich sonnig aus, wobei der Osten der Ostalpen ab Freitag vermehrt trüber wird. Im Westen dürfte es bis über das Wochenende hinaus freundlich bleiben, allerdings mit teils starkem Wind.

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