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WetterBlog 26 2015/16 | Was macht der Kaltlufteinbruch und was wurde eigentlich aus El Niño?

Außerdem: Abschied in die Sommerpause

von Lea Hartl 26.04.2016
Seit vergangenem Sonntag hat ein Kaltlufteinbruch nicht nur die Alpen, sondern weite Teile Mitteleuropas fest im Griff. Östlich eines massiven, blockierenden Hochs im Atlantik wird kalte Luft aus den Polargebieten zu uns gelenkt. Im Norddeutschen Flachland sorgen Schneeschauer für Verwirrung, vielerorts herrscht Sorge um Frostschäden an der Obstblüte und in den Bergen machen sich alle, die den Winter nicht schon im Februar aufgegeben haben, noch mal auf die Suche nach ein paar Powderturns.

Aktuelle Lage und Aussichten

Späte Kaltlufteinbrüche im April sind grundsätzlich nichts weiter ungewöhnliches. Häufig ist der spätwinterliche Spuk schon wieder verschwunden, bevor man ihn überhaupt so richtig registriert, ganz im Sinne des sprichwörtlichen Aprilwetters. Die aktuelle Situation ist verhältnismäßig hartnäckig und grade der Schnee in sehr tiefen Lagen ist durchaus bemerkenswert (kurzzeitig geschlossene Schneedecke beispielsweise in Schleswig-Holstein). Wer sich denkt: „So kalt war es Ende April doch noch überhaupt gar nie!", der sei daran erinnert, dass wir es nicht erst seit dem vergangenen Winter häufig mit Temperaturen zu tun haben, die deutlich über dem langjährigen Mittel liegen. Das verzerrt dann unter Umständen die Wahrnehmung, wenn es plötzlich doch mal wieder etwas frischer wird.

In der vergangenen Nacht sorgte ein Kaltfront in den Alpen verbreitet für ganz beachtliche Neuschneemengen, wobei sich der Niederschlagsschwerpunkt im Laufe des Tages von Nordwest nach Südost (hier mischt noch ein kleines Adriatief mit, so dass es heute auch in den Julischen Alpen und benachbarten Gebieten nochmal spannend wird) verlagert und es von Westen her zunehmend aufklart. Das wetterbestimmende Tief mit Kern im Bereich von Dänemark verlagert sich langsam in Richtung Schweden, dementsprechend nimmt sein Einfluss auf die Alpen in den nächsten Tagen ab. Nach einer wohl teils klaren und damit sehr kalten (Balkonpflanzen eventuell rein holen!) Nacht auf Donnerstag, wird es milder, bleibt aber zumindest am Alpennordhang eher unbeständig und schaueranfällig. Am Freitag dreht die Anströmung auf SW, es wird einigermaßen sonnig bei wenig Wind. Ähnlich sieht der Samstag aus, während sich für Sonntag die nächste Kaltfront ankündigt, allerdings bei etwas höheren Temperaturen. Das wechselhafte Wetter geht also erstmal weiter, die Temperaturen steigen aber langsam wieder.

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Wo ist Godzilla?

Wer erinnert sich noch an die Aufregung Anfang des Winters, als überall und insbesondere bei Schneefreunden aller Art über die Auswirkungen des angekündigten Monster-El-Niños spekuliert wurde? Das übliche Rätselraten über den Winterverlauf anhand von Ameisen, Honigbienen und ähnlichem wurde um ein beeindruckendes Hollywoodmonster erweitert. Während der Einfluss auf Europa sowieso gering und sehr schwer zu identifizieren ist, hat sich inzwischen auch in Nordamerika teilweise Ernüchterung eingestellt, vor allem im Dürre geplagten Kalifornien, das sich von Godzilla Unmengen an Niederschlag erhoffte. Das war schließlich bei den letzten großen El Niño Ereignissen auch so (1997/98 und 1982/83)! Tatsächlich verlief der Winter in der Kalifornischen Sierra niederschlagsmäßig eher „durchschnittlich", auf einen recht nassen Saisonstart folgte gar ein ziemlich trockener Februar. Das ist eine deutliche Verbesserung gegenüber den vorigen, extrem trockenen Jahren, aber haut einen jetzt auch nicht direkt total vom Hocker.

Andere, weniger Skifahrer-relevante Auswirkungen der zu Ende gehenden El Niño Phase waren zum Beispiel: Extreme Niederschlagsereignisse in der Atacama Wüste und im Death Valley, Zutun zur Entwicklung von Hurrican Patricia durch sehr hohe Meeresoberflächentemperaturen vor Mexiko, Trockenheit und Hitze in Indonesien und Australien, Dürre auch in Teilen Afrikas und Asiens, vor allem in Äthiopien, heftige Niederschläge mit örtlichen Überschwemmungen und Erdrutschen in Peru, Ecuador und Nordchile.

Das El Niño Ereignis von 2015/16 gehört definitiv zu den stärksten der letzten Jahrzehnte. Das Maß dafür sind Indizes wie der ONI (Oceanic Niño Index – berechnet aus Abweichungen der Wasseroberflächentemperaturen  in bestimmten Regionen) und der SOI (Southern Oscillation Index - Maß für den Druckunterschied zwischen dem Hochdruckgebiet über dem südöstlichen Pazifik und dem asiatisch-australischen Tiefdrucksystem). Diese Indezes sind wertvoll, aber ein El Niño lässt sich nicht allein durch ONI oder SOI vollständig beschreiben. Für die Auswirkungen auf unterschiedliche Regionen spielen auch Dinge wie die genaue Verteilung der Meerestemperaturanomalien eine Rolle (wo genau ist es am wärmsten? Was macht das mit der Zirkulation? Wie wirkt sich das wiederum auf Niederschlagsmuster aus?). Hier ist eine schöne Zusammenstellung von Grafiken, in denen die großen El Niño Ereignisse der letzten 60 Jahre dahin gehend verglichen werden.

Kein El Niño gleicht dem anderen, auch wenn sich ONI oder SOI Index ähneln. Entsprechend ist auch die Erwartungshaltung „weil es 97/98 so und so war, wird das 2015/16 auch so" mitunter ein ziemlicher Reinfall. In diesem sehr interessanten Blog Eintrag von Klimawandel/Klimafolgenforscher Ricky Rood, geht es darum, wie der Godzilla El Niño von 2015/16 in den Medien behandelt wurde und wie sich das gegenüber dem Ereignis von 1997/98 verändert hat. Die „Demokratisierung" der Medienlandschaft durch Blogger, Point of View Journalismus und das Internet im Allgemeinen, führt dazu, dass:

„The communication of El Niño is, as they say, more democratic. This democracy carries on with little filtering imposed on accuracy of information or, even, appropriateness of the message."

Rood kritisiert zurecht auch die chronische Unfähigkeit vieler Wissenschaftler, ihre Arbeit auf sinnvolle, allgemein verständliche Art und Weise zu kommunizieren. Leseempfehlung.

Hasta la vista

Da sich die aktuelle Kältephase in absehbarer Zukunft dem Ende zuneigt und der WetterBlog auch mal eine Pause braucht, verabschiede ich mich hiermit in Richtung Sommer. Falls es im Juli bei Minus 20 ° drei Meter schneien sollte, oder so, gibt es natürlich eine außerplanmäßige Meldung.

Ansonsten: Der nächste Winter kommt bestimmt!

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