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Wetterblog

WetterBlog 3 2024/25 | Kaltfront, dann Hochdruck, dann unsicher

Nach der Front ist vor der Front

von Lea Hartl 27.11.2024
Nach dem respektablen Wintereinbruch letzte Woche geht es nun eher verhalten weiter. Am Donnerstag erreicht eine Kaltfront die Nordalpen und bringt nochmal ein paar Zentimeter Neuschnee. Zum Wochenende kehrt der Hochdruck zurück. Dieser WetterBlog ist ein Gemeinschaftswerk von Sebastian und Lea!

Aktuelle Lage und Aussichten

Auf die Idylle des Winterstarts letzte Woche folgten allzu schnell ein Temperatursprung in die andere Richtung und Plusgrade im Hochgebirge. Zwischen 23. und 24. November stiegen die Temperaturen beispielsweise an der Wetterstation am Pitztaler Gletscher um mehr als 15°C. Ausschlaggebend für dieses Wechselbad der Gefühle und Temperaturen war ein markantes Tief über dem Atlantik, an dessen Vorderseite warme Luftmassen in die Alpen transportiert wurden. Eingebettet in eine kräftige Westströmung hat sich as steuernde Tief mittlerweile Richtung Skandinavien bewegt. Am gestrigen Dienstag hat noch ein kleiner Tiefausläufer die Nordalpen gestreift und die Temperaturen wieder auf ein etwas winterlicheres Niveau gedrückt. 

Für den morgigen Donnerstag (28.11.) kündigt sich eine Kaltfront mit etwas Schnee am Alpennordhang an. Die Mengen bleiben allseits überschaubar, die Schneefallgrenze sinkt voraussichtlich bis in höhere Tallagen. Aus Westen rückt dann ein kräftiges Hochdruckgebiet nach. Die Modelle vermuten allerdings, dass sich ein Tiefdrucktropfen aus der großräumigen Strömung löst und über den östlichen Ostalpen hängen bleibt. Damit ergibt sich Richtung Wochenende ein unter Umständen recht kräftiger West-Ost Gradient im Wettercharakter. Im Westen wird es nach der Front am Donnerstag schnell wieder sonnig und auch die Temperaturen dürften rasch steigen. Je weiter im Osten, desto länger bleibt es wolkig mit ein paar Schneeflocken in Nordstaulagen. Südlich des Alpenhauptkamms setzt Nordföhn ein mit sonnigerem, relativ kalten Wetter. 

Sebastian stellt noch fest: Interessant ist die weitere Entwicklung des Systems. Es mildert sich im Kerndruck ab, erreicht aber in einer Zugbahn östlich der Alpen bis zum Wochenende die Adria. Dort kann sich dieses System, angeheizt und angefeuchtet vom noch recht warmen Meer, am Leben halten und wird dem Balkan, dem Peloponnes und schließlich auch der Türkei erhebliche Niederschläge bringen.

Ab dem Begin der nächsten Woche wird die Prognose deutlich unsicherer. Tendenziell kommt dann wieder Schwung ins Wettergeschehen. In der Glaskugel sieht es zur Zeit eher nach wechselhaftem Westwetter aus und weniger nach ausgeprägten Kaltluftvorstößen. 

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Hat es viel oder wenig Schnee?

Wie üblich lautet die Antwort “kommt drauf an”. Schon im relativ kleinräumigen Tiroler Vergleich zwischen St. Anton und dem Längental im Sellrain (Abbildungen) stellen wir fest: In St. Anton hat es aktuell überdurchschnittlich viel Schnee, im Längental nicht. An beiden Standorten stammt die gesamte derzeitige Schneedecke vom eingangs erwähnten Wintereinbruch letzte Woche. Im langjährigen Mittel (1991-2020) hat es in St. Anton ab ca. Mitte November eine saisonale Schneedecke, im höher gelegenen Längental schon ab circa Anfang Oktober. An der Station im Sellrain ist auch das markante Schneefallereignis von Ende September deutlich zu sehen - wir erinnern uns an erste CRs und kurzfristig winterliche Bedingungen für die Saisoneröffnung an den Gletschern. 

In der Schweizer Karte der relativen Schneehöhen zeigt sich deutlich, dass dort die tiefen Lagen sehr vom Schnee der letzten Woche profitiert haben. Die Schneehöhen im Rhonetal und im nördlichen Alpenvorland sind deutlich überdurchschnittlich. In den höheren Lagen liegt dagegen weniger Schnee als für die Jahreszeit üblich. 

Auch die Frage “hat es genug Schnee” kann berechtigt gestellt werden. Hierzu anekdotische Beobachtungen des WetterBlogs aus der Axamer Lizum, wo am Wochenende der vorerst noch auf eine Piste beschränkte Skibetrieb aufgenommen wurde: 

  • Für den Aufstieg braucht es eigentlich gar keinen Schnee. 

  • Gar kein Schnee kann für den Aufstieg sogar vorteilhaft sein, weil Felle bei gleicher Steilheit auf Gras besser halten als auf abgerutschtem Kunstschnee. 

  • Für die Abfahrt ist der Kunstschnee dann tendenziell aber doch hilfreich. 

Der WetterBlog wartet erstmal noch auf nachhaltiges Einwintern.

COP29 Revue

Wir sind für den kommenden Winter optimistisch, gut vorbereitet und voller Vorfreude, die Teilnehmer:innen der COP29 verlassen Baku nach Verlängerung sicherlich ermüdet und weitgehend frustriert.

Sebastian: Nach 32 Stunden Nachverhandlungen feiern die Veranstalter das Abschlusspapier. Wie angekündigt hat sich die COP29 der Finanzierung der Anpassungsmaßnahmen von vom Klimawandel betroffenen Staaten gewidmet. 300 Milliarden Euro sollen jährlich, allen voran von den Industriestaaten, bis 2035 zur Bekämpfung und Vermeidung von Klimaschäden bereitgestellt werden. Was nach viel klingt, empfinden Vertreter von Entwicklungsländern "nicht nur als Scheitern, sondern als Betrug". Klimawissenschaftler Niklas Hoehne betracht die Ergebnisse als "deutlich zu wenig" während Mojib Latif gar der COP allgemein jegliche Wirksamkeit aberkennt. Es geht also wenig bis nichts voran, denn die jährlichen Treibhausgasemission steigen ja noch immer. Der einstigen Euphorie der COP21 in Paris 2015, als das ehrgeizige 2-Grad-Ziel verkündet wurde, ist nun weitgehende Ernüchterung gefolgt. Wie geht man mit dem Klimawandel emotional und rational nun weiter um? "Imperfect advocacy" ist ein Ansatz der beispielsweise von POW gepflegt wird und der heißen will, dass wir trotz persönlichem unperfektem Klimaverhalten, uns für Klimaschutz einsetzen müssen, gerade auf politischer und aktivistischer Ebene.

Der Klimawandel ist ein Problem, wie es die Weltgemeinschaft noch nie zu lösen hatte. Es gilt, global und unmittelbar und radikal zu handeln, um Schäden abzuwenden, die doch immer irgendwo in der Zukunft liegen und kaum jemals als eindeutige Folge des Klimawandels zu identifizieren sind, und niemals als die Schuld eines einzelnen. Die Maßnahmen, die zu treffen wären, und man muss das so sagen, würden Wachstum kosten, was im Widespruch zum kapitalistischen System steht, und folglich Wohlstand, was niemand gerne hinnimmt. Klimagerechtigkeit ist das nächste Dilemma. Wie kann Entwicklungsländern die Vorzüge fossiler Energie, auf denen der Wohlstand der Industrieländer beruht, verwehrt werden? Eine "richtige" emotionale und rationale Haltung gegenüber dem Klimawandel beinhaltet gewiss nun sowohl eine Desillusionierung als auch das ehrliche Eingeständnis, dass die Weltgemeinschaft nicht auf dem richtigen Weg ist, und diesen auch noch nicht glaubwürdig skizzieren kann.

Lea: Ich teile Sebastians Einschätzung und füge noch an: Es gibt Stimmen, die angesichts der frustrienden COP ein Ende des COP Prozesses fordern. Es gibt auch Stimmen, die sagen, das wäre genau das Falsche. Die Einigung ist mehr als unzureichend, aber es wurde eine erzielt, trotz des Wahlausgangs in den USA, des Öl-verliebten Gastgeberlandes, und allem was sonst noch so schief läuft. Die Einigung an sich setze somit ein Zeichen, dass es mehr gibt, als nationale Eigeninteressen und dass "der Prozess" - das mühsame Verhandeln, das Ringen um Kompromisse - irgendwie doch noch Hoffnung gibt.

Auch wird immer deutlicher, dass "der Markt" fernab von jeglicher Moral den Nutzen der erneuerbaren Energien erkannt hat, vor allem der Markt in China. Von Kolleg:innen, die vor Ort waren, hörte man dieses Jahr wie auch früher schon, dass die COP eine chaotische, stressige Veranstaltung ist, bei der es vor allem um Zufallsbegegnungen geht. Hochranginge Minister:innen irgendwelcher Länder wollen vielleicht kurfristig ein Briefing zum Klimawandel in den Alpen oder zum Schmelzen der globalen Eismassen, man trifft auf Führungskräfte internationaler Klimaorganisationen und weil sonst keiner den Raum gefunden hat, entwickelt sich ein spannendes Gespräch, etc.

Lohnt es sich? Wer weiß...

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