Steile Flanken, enge Rinnen, weite Hänge, Pow bis unter's Kinn: So sehen die Dreamlines aus, denen Andy Razic, Chris Skala und Didi Grafl in Alaska nachjagen. Im ersten Abschnitt ihrer Reise ging es von Anchorage über Turnagain, Hatcher und Thompson Pass nach Valdez und hinein in den Heli.
Eigentlich stand unser Trip schon vor dem Start unter keinem guten Stern. Wenige Tage vor dem Abflug hat Knuts Kreuzband den Geist aufgegeben und seine Teilnahme war über Nacht gestorben. Natürlich war es nahezu unmöglich, so kurzfristig noch Ersatz für ihn zu finden -schon der notwendige Materialtransfer war nicht einfach zu organisieren, so dass wir uns als Dreier-Team in das Abenteuer stürzen mussten.
Vorglühen
Los ging es standesgemäss am Montag vor 10 Tagen im Biergarten in München. Aufwärmen für eine durchzechte Nacht in Amsterdam, die uns darauf vorbereitete, mit der nötigen Gelassenheit die Flugverspätungen und nervigen Kinder, die einem ständig das Knie in den Rücken rammen, über sich ergehen zu lassen, bis wir endlich in Anchorage ankamen. Nach einer ersten Nacht in unserem monströsen, fahrbaren Hotel ging es nach Einkaufen, Check der Wettervorhersage und Organisieren eines Satellitentelefons in Richtung Süden zum Turnagain Pass.
Einschwingen am Turnagain Pass
Nach einer durchregneten Nacht mit starkem Niederschlag auf Passhöhe waren wir schon recht skeptisch, ob das gescheit werden würde. Jedoch nur kurzzeitig! In den frühen Morgenstunden verschaffte sich die Sonne immer mehr Oberwasser, die Wolken verschwanden und wir bekamen eine unglaubliche Landschaft zu sehen: wilde, weisse Gipfel, steile Flanken und verschneite Rücken so weit das Auge reichte; und eine gigantische Schneebasis.
So ging es auch recht schnell los mit unserer ersten Erkundungstour. Wir wurden nicht enttäuscht und die Schneefallgrenze war auch nicht so hoch, wie befürchtet. Nach einigen Stunden aufsteigen -mit dieser Wahnsinnskulisse- waren wir auch schon auf unserem ersten AK- Gipfel angekommen. Simply stunning!
Das Gelände, dass sich unter uns erstreckte, war die reinste Einladung zum Spass auf erstklassigen Spielwiesen. So ist's kein Wunder, dass wir vor der Abfahrt bereits unser Ziel für den Folgetag im Visier hatten, perfekt. Nach unserer ersten AK- Abfahrt war es dann Zeit mit zufriedenem Grinsen und Bier vor unserem Motorhome die Sonne zu geniessen. Nach einer klaren Nacht erwarteten uns dann am nächsten Morgen klassische Frühlingsbedingungen; in der Früh war alles schön hart gefroren. So machten wir uns auf den ca. drei km langen Weg durch ein Tal bis wir vor unserem gestern auserkorenen Ziel standen. Motiviert ging es immer weiter nach oben durch schönen, gesetzten Pulver in der Nord-West Exposition. Was will man mehr?!
Bei „AK-untypischen“ Temperaturen erreichten wir dann auch recht zeitig den Gipfel und wurden mit einer herrlichen Aussicht belohnt. Nach Diskussion über den aktuellen Schneedeckenaufbau (eingeschneite Reifschicht) haben wir uns dann dafür entschieden, unsere erste Dreamline doch noch etwas zu verschieben und uns für die sichere Variante entschieden.
Zurück im Motorhome nach kurzem Studium der Wettervorhersage, war auch schon das nächste Ziel klar: der Hatcher Pass!
Hatcher Pass
Vom Turagain Pass ging es somit kurze Zeit später zurück nach Anchorage -schliesslich brauchen wir Fleisch und Bier!- und nach ausgiebigen Einkäufen weiter zum Hatcher Pass. Angekommen auf der Passhöhe wurden wir erstmal etwas enttäuscht: ein nahezu voller Parkplatz, viele Familien, Schneemobile sowie auch einige Tourengeher. So haben wir uns AK nicht vorgestellt.
Auf dem Parkplatz neben uns trafen wir ein paar Telemarker, die nach ihrem Run den Frühlingsanfang feierten. Nach einem kurzen Wetter- und Schneeverhältnis-Update boten sie uns „gscheide Elchkäsekrainer“ und Bier an, so dass sogar Chris für kurze Zeit seinen geliebten bayrischen Leberkääääs vergessen konnte. So kann man Enttäuschungen schon verdauen.
Die Leute hier sind sehr freundlich und man fühlt sich zu keiner Zeit als Auswärtiger. Nach einer dann doch erstaunlich einsamen Nacht am Pass erkundigten wir das Gelände – irgendetwas in einer Nordexposition sollte es sein. So quälten wir uns eine extrem blöde angelegte Spur nach oben. Besser eine schlechte angelegte Aufstiegsspur als eine selber anlegen war das Motto. Dafür wurden wir in der Abfahrt mit sehr gutem Schnee belohnt. Wir sind nun endgültig in AK angekommen!
Danach direkt noch einen schönen Fotorücken in der gleichen Exposition, wo der Schnee noch besser war. Sauber. Und wir hatten auch gleich ein drittes Ziel im Auge: eine schöne, lange Rinne. Kurz vor dem Einstieg in die Hauptrinne lernten wir die schnellen Wetterwechsel in AK kennen. Innerhalb von wenigen Minuten verschwand die Sonne und die Wolken entwickelten sich zum absoluten Whiteout, so dass wir unsere Unternehmung abbrechen mussten.
Das Highlight des Tages stand uns aber noch bevor. Am Camper angekommen schlug das Wetter direkt wieder um und die Sonne kam wieder raus, so dass wir den Grill für unser 2 kg Steak herausholen konnten. „Mann“ glaubt es kaum, aber die 2 kg Fleisch überlebten den Abend nicht und drei Freeskier gingen zufrieden mit vollem Magen in ihre Schlafsäcke. Nachdem uns weiterhin das schöne Wetter die Treue hielt, beschlossen wir am nächsten Tag noch eine kleine Tour zu machen und dann erst aufzubrechen. Wir hatten ja noch eine Rechnung mit der Rinne vom Vortag offen.
Aber „bummer“: Wochenende vorbei und kaum Autos am Parkplatz, und trotzdem sind wir nicht die ersten am Einstieg… Doch das warf uns auch nicht aus der Bahn und wir wählten eine weitere nette Variante eine paar Meter weiter. So gingen dann zwei Tage am Hatscher Pass sehr schnell vorüber und wir machten uns auf den Weg in Richtung Valdez.
Der berühmte Thompson Pass
Thompson Pass was calling! So machten wir uns auf den weiten Weg vom Hatcher Pass bis kurz vor Valdez. Links und Rechts vom Highway konnten wir ständig unglaublich schöne Landschaftsbilder wahrnehmen. Riesige Gletscher, steile Bergflanken sowie einige Eisriesen. Für diese Panoramen waren wir nach Alaska gekommen!
Am späten Abend trafen wir dann am Thompson Pass ein. Nachdem die Wettervorhersage für die folgenden Tage sehr gutes Wetter versprach, machten wir einen kurzen Zwischenstopp bei den Jungs von Valdez Heliski-Guides um nach freien Plätzen zu Fragen. Nach wenigen Minuten hieß es: „Kommt morgen früh vorbei, es schaut nicht schlecht aus“. Perfekt! Der erste Helitag stand vor der Tür und unsere Vorfreude stieg gleich gewaltig an. So war schon mal Sohlenwechsel angesagt und die Praxis Powderboards (Anm. d.Red.: fette Latten mit Spassgarantie im tiefen Powder!;)) wurden aus dem Skibag geholt.
Am Parkplatz trafen wir dann zwei Bekannte Gesichter, Claudia und Alex aus München, die sich gerade auf einer langen Nord- und Mittelamerikatour befinden. Alte Säcke Meeting AK! Nach ein paar Bier ging es dann aber zeitig ins Bett, um auch am ersten Helitag richtig fit zu sein.
Am Morgen bei Valdez Heliski-Guides gab es eine vorgeschriebene, kurze Schulung über Lawinen inkl. LVS- Suche, Sluff- Management sowie dem Ein- und Aussteigen aus dem Helikopter, und am Nachmittag war es dann endlich so weit: Wir saßen im Helikopter! It's on! Zuerst gab es einen „Warm Up Run“, damit der Guide die skitechnischen Fähigkeiten der Gruppe einschätzen kann. Aber 1650 Höhenmeter „cruisen“ durch schön gesetzten Powder in kupierten Gelände, lassen wir uns als „Warm Up Run“ durchaus mal zumuten. Im zweiten Run stand gleich eine steile Flanke auf der Agenda, wo wir uns fühlten wie die Pro’s in den diversen AK- Filmsequenzen. RFS hieß die Line: Really Fucking Steep … das war sie auch.
Nach einem weiteren Run ging dann unser erstes Heli- Abenteuer schon zu Ende. Eins war sicher: es sollte definitiv nicht unser letztes Heliabenteuer während unserem Trip werden.
Im Moment läuft das Tailgate Festival am Thompson Pass, so dass deutlich mehr Freerider als normal unterwegs sind. Wirklich glücklich sind wir darüber nicht, bei den fast unzähligen Tourenmöglichkeiten am Pass können wir aber gut damit leben. Das Festival bietet aber auch einige Vorteile, da sich zahlreiche Anbieter von Schneemobiltouren auf der Passhöhe befinden.
Am nächsten Tag griffen wir dann auf die Unterstützung von Big Mountain Taxi zurück, die Alex und uns drei mit Schneemobilen zum Einstieg in eine schöne „S-Rinne“ am Python brachten. Durch die Unterstützung der Schneemobile spart man sich einfach die zum Teil sehr langen Zustiege. Danach ging es zuerst mit Fellen, dann weiter zu Fuß in Richtung Gipfel. Leider wurde das Licht mit zunehmender Zeit immer diffuser, so dass die ersten Meter in dieser 45° bis 50° steilen Rinne schon etwas abenteuerlich waren. Nichts desto trotz war es wieder mal ein feiner Skitag.
Ein Sturm zog nun herbei und wir brachen unsere Zelte am Pass ab und fuhren weiter nach Valdez, wo sofort der Supermarkt und die Tankstelle geplündert wurden. Den Downday wollten wir auch nicht ungenutzt lassen und machten bei H2O- Heliskiing ebenso die obligatorische Schulung inkl. LVS- Suche. Wir hatten auch gleich die Ehre, mit der Freeridelegende und Eigentümer von H2O, Dean Cummings, einige Worte zu sprechen und er zeigte uns noch das riesige Gebiet, das nur H2O anfliegen darf. Nach freien Plätzen erkundigten wir uns auch gleich und erhofften die Tage eine Email mit dem „go“ zu bekommen. Nach einem Sturm mit viel Neuschnee wollen sogar die Locals, sowie alle anderen Skibums in dem Gebiet einen Platz im Heli. D.h. es gleicht einem Lotteriespiel, ob man einen Platz bekommt, oder nicht.
Länger wollten wir aber in Valdez nicht bleiben und fuhren nach einem Tag im Ort wieder hoch zum Pass. Wir hatten Glück und und erwischten ein kleines Schönwetterfenster, dass wir sofort für eine gemütliche Nachmittagsskitour nutzten. Wir gönnten uns ein Bier nach der Skitour und checkten unsere Emails, als andY freudig rief: „Wir haben ein Mail von H2O Guides….!“
Was in der Email stand und wie es mit unserem AK- Abenteuer weitergeht, wird im nächsten Update erzählt. Ihr könnt gespannt sein!