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Abenteuer & Reisen

Finale Ligure – mediterranes Freeride-Schmankerl

Dolce Vita in Ligurien

von Marius Schwager 12.06.2009
Wolkenloser Himmel, 35°... während ich meinen Reifen wechsle frage ich mich ob ich einen der wunderbaren Trails finden werde, von denen man schon so viel gehört hat. Plötzlich fahren zwei südeuropäisch braungebrannte Biker auf mich zu und fragen, ob sie mir einen ihren schönen Hometrails mit Meerblick zeigen dürfen. Ja, dürfen sie.


                        Trailparadies meets Dolce Vita.

Wolkenloser Himmel, 35°... während ich meinen Reifen wechsle frage ich mich ob ich einen der wunderbaren Trails finden werde, von denen man schon so viel gehört hat. Plötzlich fahren zwei südeuropäisch braungebrannte Biker auf mich zu und fragen, ob sie mir einen ihren schönen Hometrails mit Meerblick zeigen dürfen. Ja, dürfen sie.

Bei den Reichen und (?) Schönen


                        Mein Haus, meine Yacht, mein Heli...

Kurz vor Monaco im französischen Städtchen Menton wechseln wir von der Straße auf die Schiene, um dem Parkplatzchaos in Monaco zu entgehen. Schon beim Aussteigen im Bahnhof oder spätestens im komplett mit Marmor-verkleideten Durchgang zur Innenstadt merkt man, dass hier der Umgang mit Geld ein wenig anders ist. Das notwendige Kleingeld ist auch dringend von Nöten, will man sich beispielsweise im Hotel de Paris verköstigen lassen. Vorspeise zu 460.-, Hauptspeise zu 850.-. Wenn die Platin-Kreditkarte gerade nicht zur Hand ist, kann man sich stattdessen für 3,90 ein wohlschmeckendes französisches Baguette mit feinem Weichkäse aus der Region gönnen. Nicht besonders mondän, aber lecker.

 

Gestärkt mit exquisitem Mahl, sollte man den weltberühmten Yachthafen unterhalb des Casinos besuchen. Neben mittelgroßen Bötchen stehen dort allerlei Yachten. Normal dimensionierte Yachten im Wert eines Einfamilienhauses liegen dort neben den etwas größeren Yachten. Solche, die einfach nur groß sind, solche die doppelt so groß sind, solche die größer sind mit Beiboot und solche die noch größer sind mit 2 Beibooten. Ob die nächste Kategorie in AIDA-Ausmaßen mit Heli und mehreren Beibooten noch als Yacht oder schon als Kreuzfahrtschiff zählt, darüber kann, nein, "darf" man streiten. Am Besten natürlich bei einem Gläschen Wasser gleich neben dem Casino im Cafe de Paris für günstige 30.- Euro.

Biker- und Feinschmeckertraum


                        Wahre Leckerbissen erwarten die Biker am Passo Mendolo.

Dann doch lieber in die müffelnden Protektoren geklettert und die Sau richtig fliegen lassen. Zurück in Finale geht’s morgens um kurz nach 9 Uhr an der Finale-Freeride Basis auch schon los. Schnell werden die Bikes auf den Anhänger verladen. Etwa 25 Minuten später setzt Chauffeurin und Inhaberin Silvia die ungeduldigen Biker am Passo Mendolo im ligurischen Hinterland aus.

 

Leider war uns an diesem Tag der Wettergott nicht sonderlich wohlgesonnen. Dichter Nebel weckte Erinnerungen an das kühle Herbst-Deutschland. Die folgenden anspruchsvollen Trails lassen die Enttäuschung über die schlechte Aussicht aber schnell verfliegen. Es ist doch wesentlich angenehmer bei 20° angenehm gekühlt, Trail nach Trail runterzujagen, als sich bei 40° wie ein mariniertes Grillhähnchen, in wenig angenehm riechenden Protektoren, zu fühlen.

Enrico, der Guide führt die Gruppe dabei stets zielsicher durch das ligurische Hinterland. Alle Trails am Morgen haben etwa je 300-400 Höhenmeter und verlaufen stets im mediterranen Mischwald. Die Wege sind meist nicht mehr als lenkerbreit und auch technisch nicht mit deutschen Mittelgebirgswegen zu vergleichen. Um Surf-Feeling aufkommen zu lassen sollte man also schon über eine gewissen Grundtechnik und Erfahrung verfügen. Die abwechselnden Schiefer- und Kalkfelsen bieten mit den angelegten Steilkurven und flüssigen Passagen auf schnellem Waldboden eine ideale Spielwiese für die kleine Gruppe. Wie im Flug vergehen die ersten Stunden. Enrico gönnt seinen schnaufenden Schäfchen dabei jeweils nur eine kurze Pause. An jeder Wegeskreuzung ein kurzes Warten auf das Schlusslicht, und weiter geht’s.

 

Obwohl das befahrene Gebiet nicht sonderlich weitläufig ist, so verliert man doch in den Wäldern schnell die Orientierung. Die unzähligen Wegkreuzungen der auf der Übersichtskarte eingezeichneten 15 Strecken sehen für Germannen doch alle gleich aus. Dabei werden meist nicht die eingezeichneten Wege, sondern kleine Varianten gefahren. Die beiden Münchner Mitfahrer Thilo und Judith die schon zum vierten Mal hier waren bestätigen dies. Die sind das fünfte Mal hier und kommen immer wieder. Ständig werden ihnen neue Trails gezeigt und selten sind sie einen Trail mehrmals gefahren.

 

Mittagspause wird am Passo Mendolo im urigen Gasthaus bei selbstgemachten Tagliatelle und Polenta gemacht. Sehr lecker. Der Bauernstand nebenan mit frischem Käse, Wurst und weiteren Produkten aus der Region sind so verlockend, dass man sich bei dem Gedanken erwischt, den Tag auf der Stelle abzubrechen und sich den kulinarischen Genüssen hinzugeben.

Nato vs. Russland


                        Die Nato-Base...

Die weiteren Stunden sollten aber noch zeigen, dass es die richtige Entscheidung war, stark zu bleiben. Auch ohne die zusätzlichen Pfunde wird die Federung hart rangenommen. Die Trails am Nachmittag starten allesamt von einer verlassenen Nato-Basis bzw. ihrem Helikopter-Landeplatz. Der Nebel und die unheimlich surrenden Windanlagen wenige Meter daneben geben dem Ort ein sehr spezielles Flair. Man fühlt quasi den Kalten Krieg noch richtig. Ilya, ein Mitfahrer aus Russland scherzt bei diesem Anblick noch: "Ihr Europäer hättet in den 70-80er Jahren auch nicht gedacht, dass hier einen Tages ein Russe steht?!" Enrico und Jean Michelle, ein weiterer hinzugestoßener Guide, lassen dies natürlich nicht auf sich sitzen und zeigen mit zwei schönen Manuals wer hier in Ligurien das Sagen hat. Machtverhältnisse wieder hergestellt, weiter geht’s.

Die Mischwälder in dieser Höhe von rund 1000 Meter erinnern mich stark an die Trails in heimischen Gefilden des Odenwalds und Pfälzer Waldes. Mit dem kleinen Unterschied, dass man hier nicht Angst haben muss, vom Förster erschossen zu werden, wenn man mit Vollgas die Pfade runterheizt. Außer mittwochs und sonntags. Dann ist Jagdtag.

 

Gegen 17 Uhr endet der Tag allmählich: Der letzte Run Madonna della Guardia bot auf 700 Höhenmetern noch einmal alles was das Freeride-Herz begehrt. Steilkurven en masse, Speed-Sektionen mit kleinen Sprüngen und technische Steilstücke wechselten sich ab. Von Calice Ligure gehts schließlich noch die letzten Meter bequem per Shuttle zurück nach Finale. Nach solch einem Wahnsinnstag fehlt nur noch eins: ein erfrischendes Bad im Meer. Jedoch wurde daraus nichts. Der ligurische Plattenteufel hatte zugeschlagen. Keine Seltenheit bei diesem materialintensiven Gelände. Ersatzschlauch und Flickzeug sollten bei den spitzen Kalkelsen immer dabei sein.

Küstentrails


                        Küstentrails im letzten Tageslicht.

Der Shuttle-Tag im Hinterland fand wegen zu hoher Temperaturen und wenig Höhenmeter nicht an der Küste statt. Also heißt es auf eigene Faust das Gebiet erkunden: Mit der Karte von Finale Freeride in der Hand steuere ich das Gebiet Le Manie zwischen Finale und Varigotti an. Bei einer kurzen Rast, um einen Schlauch zu wechseln sprechen mich zwei Italiener an. Sie sind in der Landestracht gekleidet (oberkörperfrei) und bieten sich als Guide auf ihrem Hometrail an. Blauer Himmel, ein versteckter flowiger Küstentrail – und ab dafür. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages versinken gerade hinter dem Küstengebirge, als wir dir Ortschaft erreichen Darauf am Strandcafe ein perfekter Espresso Doppio. Dolce Vita wie aus einem Schnulzenroman. Danke an Bruno und Giancarlo für dieses wunderschöne Erlebnis.

Weitere Bilder

Fazit und Reisetipps

Finale wird mich in Zukunft mit Sicherheit wiedersehen. Auch den Bikeshuttle werde ich sicher wieder aufsuchen. Jedoch wird dies nicht wieder in der Hauptferienzeit im Hochsommer sein. Im Frühling und Herbst hat man hier sicher ein angenehmeres Camping- und Bikerleben mit angenehmen Temperaturen und weniger Tourismus.

 

Biketipps

Info- und Kartenmaterial zu Strecken gibt’s auf der Homepage von Finale Freeride.

Alle Strecken sind zur Nutzung frei. Der Shuttle-Service fährt auf Wunsch täglich: Preis 35.- je Tag/Person. Neben Finale Freeride gibt es noch weitere Shuttle-Anbieter. Ich habe mich für Finale Freeride entschieden da sie es sind, die alle Strecken gebaut haben, diese pflegen und jährlich eine Weitere hinzubauen. Obwohl im Basecamp von Finale Freeride mit WC, Dusche, Bike-Wash, Bikepark mit North-Shore, kühle Getränke und Wohnmobil-Platz alles vorhanden ist, was das Bikeherz begehrt, fehlt hier die persönliche Note. Direkt nach dem Abladen machen sich alle aus dem Staub. Auch die Chefin war nach einer Stunde schon wieder weg. Man fühlt sich hier nur als zahlender Kunde und teilt nicht das gemeinsam Erlebte in der Gruppe.

 

Sich die Gegend mindestens einen Tag zeigen zu lassen, empfiehlt sich für alle, die mit Topo-Karten ihre Probleme haben, ganz besonders. Das Orientieren ohne markante Punkte fällt sehr schwer.

 

Reisetipps

San Remo, Monaco, Nizza, Cannes St. Tropez, über Via Aurelia ca. 3-4 Stunden, über Autobahn ca. 1,5 Stunden (ca. 20.-)

Schöner Sandstrand zwischen Alassio und Leigueglia.

Bussana Vecchia: Mittelalterliche Stadt auf Hochebene. In Bussana Beschilderung beachten.

Auf der Reiseroute aus D über CH oder Ö liegend: Mailand, Turin, Gardasee, Lago Maggiore.

 

Unterkunft

Bikefreundliche Unterkünfte sind das z.b. Hotel Florenz. Als Geheimtipp gilt die Jugendherberge, die in einer frisch restaurierten Burg leicht oberhalb von Finale einen wunderbaren Sonnnenuntergang zu ca. 15.- pro Nacht bietet.

Camper können auf einen der vielen Campingplätze im Hinterland. In Le Manie (etwa 5 km mit Auto oder 30 min zu Fuß zum Meer) finden sich alleine drei Plätze in kühlem Nadelwald direkt nebeneinander. Gesichert inkl. sanitärer Einrichtungen kann man für 15.- auch auf dem Vorplatz von Finale Freeride (1 km zum Meer) nächtigen; kostenlos ohne Zaun und Dusche/WC kann man auf dem Parkplatz bzw. Fussballplatz direkt davor stehen. Campingplätze am Meer sind sehr rar; fast überall ist Camping verboten und ist auch aus Sicherheitgründen nicht ratsam.

 

Fotogalerie

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