Nach einem Winter im Salzburger- Land, der uns einige skifahrerische Höhepunkte bescherte, wurde es Zeit, die Saison mit ein paar Highlights auf einen Westalpentrip zu krönen. Die großen Berge riefen uns, wir erhörten die Rufe und pilgerten zielstrebig am Nachmittag des Gründonnerstags nach Chamonix – dem Mekka des ambitionierten Geländeskifahrers.
Hoch motiviert und mit vielen Ideen im Kopf gingen wir am Karfreitag ausgeruht und pünktlich in Argentiere an den Start. Dort erwartete uns neben bestem Wetter auch schon die Münchener Crew mit Claudia, Alex und Thomas. Sie kamen direkt von einem Italien Roadtrip und wollten zum Abschluss noch ein paar Tage im Mont- Blanc Massiv verbringen. Wir hatten uns vorgenommen, am ersten Tag unseres Trips erstmal die Bedingungen zu prüfen und fuhren mit der Grand Montets Bahn nach oben. Da sich aber an der zweiten Sektion schon eine etwas längere Schlange gebildet hatte, änderten wir unseren Plan und es ging weiter mit der Bochard Bahn. Gespannt gingen wir zum Einstieg des Couloir Poubelle, siehe da, nur einer vor uns und das Couloir noch völlig unverspurt. Der Schnee sah sehr gut aus, wir holten schnell unsere Seile aus dem Rucksack und schon ging es los mit dem Abseilen.
Unsere hohen Erwartungen wurden nicht enttäuscht, ca. 20-30 cm frischer Powder lagen im Couloir und der Abfahrtsspaß kannte keine Grenzen. Auch der Nant Blanc Gletscher am Ende des „Poubelle“ war nur von ein paar weinigen Spuren gezeichnet und machte sehr viel Spaß. Danach wurde es spannend, wie wird die Randmoräne vom Mer de Glace aussehen? Wir fanden schließlich eine schmale Rinne, in der es noch einigermaßen möglich war „abzufahren“ und die zudem sicher vor Steinschlag war. Perfekter erster Warmup- Run, so kann es weitergehen. In Chamonix angekommen sind wir dann noch schnell mit der Aiguille du Midi Bahn nach oben. Nachdem die Zeit schon sehr fortgeschritten war, entschlossen wir uns für die Envers du Plan Variante am Vallee Blanche und so ging ein sehr guter erster Tag zu Ende.
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Poubelle Couloir from Georg H. on Vimeo
Leider hat man auch, oder eigentlich gerade, hier in Chamonix keine Schönwettergarantie und so gab es gleich mal zwei Downdays. Diese Tage boten sich sehr gut an um die Grundlagenkenntnisse, wie zum Beispiel Spaltenbergung, wieder zu üben, oder um auch mal das Alpin-Museum zu besuchen.
Ostermontag, Traumbedingungen und dennoch ein Flop
Nachdem für den Ostermontag bestes Wetter vorhergesagt wurde, wollten wir uns am Ostersamstag schon mal Tickets für eine der ersten Gondeln an der Aiguille du Midi sichern. Leider waren wir schon zu spät dran, was zur Folge hatte, dass wir am Montag sehr früh los mussten, um an der Tageskasse noch eine frühe Gondel zu erkämpfen. Eine halbe Stunde vor Kassenöffnung standen wir schon davor und waren recht optimistisch schnell nach oben zu kommen, da wir das Gervasutti Couloir an der Tour Rond auf der Agenda hatten. Kurz vor der Öffnung der Kasse kam die Durchsage, dass die erste Gondel auf Grund eines technischen Problems nicht wie geplant um 7:30 sondern erst um 9:00 fährt. Mist, der Zeitplan könnte eng werden. Also erstmal Croissant und Kaffee. Waren dann erst um 9.45 auf der Aiguille Du Midi. Dort erwartete uns stürmischer und vor allem sehr kalter Wind.
Jetzt bloß keine Zeit mehr verlieren und so ging es gleich mit aufgezogener Kapuze in Richtung Tour Rond. Auf dem Weg der nächste Schock. Doch mehr Neuschnee als erwartet, wie sollen wir da nur spuren? Eine Gruppe war schon beim anfellen und wir dachten „..spurt schon mal schön vor, wir kommen dann gemütlich nach…“ Auf den ersten Höhenmetern ging unser Plan bestens auf, jedoch machte sich diese Gruppe nicht auf den Weg zur Tour Rond. So hieß es für uns am Brenva Gletscher, Seil anlegen und selber spuren.
Meter für Meter kämpften wir uns bei Sturm im knie- bis hüfttiefen Schnee in Richtung Tour Rond und das Gervasutti. Wir kamen sehr langsam voran und uns war recht schnell klar, dass wir dass Couloir heute nicht mehr fahren werden. Als dann noch ein Fell den Geist aufgab, mussten wir den Rückzug antreten. So ging dann ein sehr anstrengender Tag ohne Erfolgserlebnis zu Ende, jedoch entschädigte der Anblick des wundervollen Mont-Blanc-Massivs für die ganzen Strapazen des Tages.
Dienstag: Cosmique-Tag
Auf Grund des vielen Neuschnees, beschlossen wir am Dienstag die Felle im Rucksack zu lassen und das Couloir Cosmique zu befahren, welches sehr einfach von der Bergstation der Aiguille du Midi Bahn zu erreichen ist. Diesmal hatten wir eine Reservierung und so ging es mit der 2. Gondel hinauf und gleich zum Einstieg in die Rinne. Zwei Teams waren schon vor uns mit dem Abseilen beschäftigt und so hatten wir noch ein bisschen Zeit die Aussicht zu genießen und uns die Standplätze der anderen einzuprägen. Durch den Wind vom Vortag war der obere Abschnitt der Rinne ausgeblasen und der Schnee ziemlich hart, es waren drei Abseilfahrten notwendig um einen Platz zu erreichen, wo man einigermaßen komfortabel die Ski anziehen konnte.
Nach kurzem Abrutschen wurde der Schnee weicher und wir konnten die ersten Schwünge setzten, je weiter hinunter wir kamen, desto schöner wurde es. Entspannt cruisten wir aus dem unteren Teil, welcher in die Glacier Rond Variante mündet. Nachdem wir den Anblick des atemberaubenden Bosson Gletscher noch eine Weile genossen hatten, starteten wir die Querung zurück zur Plan de l’Aiguille. Diese Querung erfolgte sehr zügig, da sich dort auch der Glacier Rond Hängegletscher befindet. Immer wieder entstehen an solchen Gletschern Eisabbrüche, die verheerende (Eis)Lawinen auslösen können. Ca. eine Woche nach unserer Querung passierte genau dieses Horrorszenario. Unter folgendem TGR-Link gibt es mehr zu dieser Problematik
Auf halbem Weg stoppten wir und schauten wehmütig die Hänge nach Chamonix hinunter, sollten wir die wirklich auslassen, um mit der Bahn hinunter zu fahren oder doch Powder und Fußmarsch? Natürlich Powder und so genossen wir eine Traumabfahrt über weite Hänge mit Ausblick ins grüne Tal, die weitere Abfahrt war auch nicht unspannend, wir kämpften uns über einen steilen Steig so weit es ging mit den Ski an den Füßen Richtung Mont Blanc-Tunnel. Der Schnee reichte doch noch weiter als erwartet und so mussten wir nur 15 Minuten zu Fuß gehen, bis wir beim Tunnelportal ankamen. Von dort zog sich der Rückmarsch zur Aiguillle Bahn jedoch auf Grund der sommerlichen Temperaturen doch ein bisschen. Das 6 € teure Bier im Ort schmeckte danach aber doch noch um einiges besser und wir ließen diesen Traumtag gemütlich in der Sonne ausklingen.
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Couloir Cosmique Part 1 from Georg H. on Vimeo.
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Couloir Cosmique Part 2 from Georg H. on Vimeo.
Wetterbericht für Mittwoch: „Bis Mittag sonnig und freundlich“
Also eine kleinere Tour, das Couloir Chevalier an der Petit Aiguille Verte bot sich an und erwies sich als richtige Wahl. Mit der Grand Montets Bahn ging es nach oben und nach kurzer Querung standen wir auch schon am Beginn der Rinne oder besser der Rinnen. Es zogen nämlich mehrer Linien, die Wand hinauf und wir grübelten noch welche denn die von uns ausgewählte sei. Eine vorbeikommende Gruppe, fragte dann den einsamen Kerl, der sich ebenfalls fertig machte, um eines der Couloirs in Angriff zu nehmen, nach deren Namen und so wussten wir Bescheid.
Wir entschieden uns, bei unserem ursprünglichen Vorhaben zu bleiben und nicht zusammen mit dem anderen in das benachbarte Gigord Couloir einzusteigen, welches unser Führer mit "TD" bewertete..... „Schuster bleib bei deinen Leisten......“
Die Überwindung des Bergschrundes gestaltet sich auf Grund des vielen Schnees und der schlechten Einsehbarkeit der Schneebrücken als „interessant“ und kostete uns einige Zeit und Nerven, mit vereinten Kräften schafften wir es aber schließlich. Bis sich die Rinne aufsteilte und enger wurde kämpften wir uns durch hüfthohen Schnee und waren froh in der „Sluffrinne“ endlich auf harten Schnee zu stoßen. Doch schon nach kurzer Zeit begann es aus eben dieser kräftig zu „regnen“, Schnee und Eisbrocken sausten an uns vorbei (und Chris an den Kopf) und wir mussten immer wieder in den weichen Schnee daneben ausweichen. Die Übeltäter waren schnell ausgemacht, zwei Teams die von oben in die Rinne einfuhren bzw. seilten. Sie erklärten uns, dass sie über die Nordwand hochgekommen waren, eine einfache Route die Zeit spart, aber eben eine Beurteilung der Bedingungen in der Rinne nicht ermöglicht. Wir beendeten unseren Aufstieg wenige Meter unterhalb des Ausstiegs und gruben uns eine kleine Plattform, um die Ski anzuschnallen.
Die Abfahrt war problemlos und der Schnee noch gut, nach wenigen Minuten waren wir auch schon wieder am Argentiere- Gletscher und genossen das herrliche Panorama und unser mitgebrachtes Mittagessen. Die Temperaturen kletterten am Nachmittag wieder kräftig nach oben und so verbrachten wir, nach einer Abfahrt im Frühjahrssulz, unsere Zeit damit, die Ausrüstung zu trocknen und einige Bierchen auf der Terrasse zu trinken. Auch der Himmel begann sich gegen Abend hin zu verdunkeln und nach einem Check des Wetterberichts war klar, dass wohl am nächsten Tag keine größere Unternehmung gestartet werden kann.
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Couloir Chevalier from Georg H. on Vimeo.
Der Donnerstag startete mit einem gemütlichen Frühstück
Anschließend fuhren wir nach Sallanche um den dortigen Sportläden einen Besuch abzustatten. Die Auswahl war zum Teil wirklich enorm und so haben wir den ganzen Vormittag damit verbracht Kletterequipment zu begutachten und den einen oder anderen Ausrüstungsgegenstand zu erwerben. Nach einem ausgiebigen Mittagessen ging es zurück in Richtung Argentiere. Auf dem Weg füllten wir auch wieder unsere Muffin Vorräte auf, um für den nächsten Tag gerüstet zu sein. Schließlich gehört ein ordentliches Schoko-Muffin neben Pickel und Steigeisen zur Standardausrüstung eines jeden ernsthaften Alpinisten. Da das Wetter nicht gerade zum Skifahren einlud, wurde der Nachmittag genutzt, um das Material für die letzte Tour der Reise herzurichten und noch einmal kräftig aufzukochen.
Anstrengender "Frei-Tag"
Freitagmorgen, strahlender Sonnenschein und wir fahren mit einer der ersten Gondeln auf die Aiguillle du Midi, um noch mal das Gervasutti Couloir an der Tour Ronde zu versuchen. Diesmal sind die Schneebedingungen gut, die windgepresste Oberfläche hält und so sind wir schon nach 45 min beim Einstieg, vier Tage zuvor hatten wir noch ganze drei Stunden gebraucht.
Die Überwindung des Bergschrundes stellte sich dann doch als etwas anspruchsvoller heraus, als ursprünglich angenommen, mit Hilfe einer Eisschraube konnten wir aber dann im durchgefrorenen linken Teil der Rinne einsteigen und fanden sehr angenehme Aufstiegsbedingungen vor. Nach ca. einer Stunde hatten wir auch schon das Ende der durchgängig mit Schnee gefüllten Rinne erreicht und beschlossen nach kurzer Diskussion nicht mehr auf den Gipfel der Tour Ronde zu klettern. Stattdessen bauten wir uns unter einem Felsband ein „gemütliches“ Rastplätzchen und warteten auf die Sonne. Die kam auch nach einiger Zeit, jedoch war ihre Kraft nicht so stark, um den Schnee ordentlich aufzuweichen.
So begannen wir dann die Abfahrt nach einstündigem Warten bei anspruchsvollen Verhältnissen, volle Konzentration bis zum Schluss, schön war’s aber trotzdem. Nach dem Sprung über den Bergschrund konnten wir dann noch entspannt einige schöne Schwünge fahren und gönnten uns dann noch eine Jause mit Blick zurück in die Rinne. Bei der Durchsicht der Vorräte fiel mir dann aber auf, dass mein letztes Muffin fehlte und es gab nur einen, der für den dreisten Diebstahl in Frage kam. Trotz Fluchtversuch musste der Dieb für seine Gier bezahlen...
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Couloir Gervasutti - Tour Ronde from Georg H. on Vimeo.
Leider ging dieser erfolgreiche Chamonix Trip viel zu schnell zu Ende und wir machten uns trotzdem gut gelaunt auf den Weg in Richtung Heimat. Eines wussten wir bereits als wir ins Auto stiegen, „Wir kommen wieder, keine Frage!“
Übersicht der gefahrenen Couloirs mit Schwierigkeitsangabe, Neigung und Länge
Argentiere:
Poubelles Couloir, “AD“, 40°-45°/ 250 m
Chevalier Couloir, “D“, 45°-50°/ 350 m
Chamonix:
Cosmiques Couloir, “D“, 45°-50°/ 800 m
Geant:
Gervasutti Couloir am Tour Rond, “D+“, 45°-50°/ 200 m