Fototrips sind harte Arbeit. Freerider Gex Rathfelder hat dies bei seinem letzten Trip nach Chile (wieder einmal) festgestellt. Mit Fotograf Michael Neumann war er auf Fotoreise im südamerikanischen Winter und gibt uns hier einen Einblick in sein Reisetagebuch. Endlos erscheinende Reisestrapazen, und schlechte Schneebedingungen – Umstände aus denen dennoch schöne Bilder entstehen sollen, die schließlich in einem Buch mit dem Titel "Endless Winter" erscheinen sollen.
An einem schönen sonnigen Vormittag setzte mich in den Zug und machte mich auf nach Frankfurt um dort in den Flieger zu steigen – ein „günstiger“ Flug für schlappe 1430€. Am Flughafen angekommen ging es erst einmal von Frankfurt nach Toronto. Der Flieger startet um 17 Uhr in Frankfurt und nachdem man mehr als acht Stunden im Flieger saß, ist man 19:25 Uhr Ortszeit in Toronto. Verrückte Welt.
Vier Stunden Aufenthalt, noch einmal elf Stunden Flug, noch einmal ekelhaftes Essen, noch einmal verzweifelte Schlaf-Versuche und noch einmal langweilige Filme. Müde, aber glücklich landen wir dann in Santiago de Chile. Zum Glück lande nicht nur ich in Santiago, sondern auch mein Skibag. Okay, dann ging ja bis jetzt schon mal alles gut. Schnell durch den Zoll und dann ab zum Ausgang.
Dort hätten mich eigentlich Michi und seine Frau Kati abholen sollen. Ihr Flieger aus Paris hätte schon ein paar Stunden vor meinem landen sollen. Der Flieger landete auch, aber leider ohne Michi und Kati. Wie sich ein paar Stunden später heraus stellen sollte, werden sie erst am nächsten Tag ankommen. Da lief wohl irgendwas schief in der nicht stattgefundenen Reiseplanung. Naja, man hat ja ein Buch dabei und Internet gibt es auch am Airport. So wird das Warten ein wenig erträglicher.
Geschlagene 24 Stunden später sitzt dann die komplette Truppe in unserem Toyota Geländewagen. Wir sind zu viert: Michi, Kati, ich und Roman Rohrmoser, der schon vorher nach Chile kam um mit dem K2 Backside Team, also u.a. mit Pep Fujas und JT Holmes eine Woche in El Colorado, einem Skigebiet in der Nähe von Santiago, zu verbringen. Da im Süden Schnee angekündigt ist, geht es erst einmal auf die Ruta 5, der Panamericana, auf der wir etwa 500 Kilometer in den Süden zu fahren. Nach fünf Stunden im Auto verlassen wir die gut ausgebaute Panamericana. Die Straßen werden zunehmend schlechter und irgendwann fährt man auf einer schlammigen Schotterpiste, die mit tiefen Schlaglöchern übersät ist. Da der Tag schon fast zu Ende geht, fahren wir nicht mehr ins Skigebiet sondern gleich zur MI-Lodge, unserem Lager für die erste Nacht.
Skifahren in Chillan
Nach einem Besuch im Hot-Tub, einem guten Abendessen und einer ruhigen Nacht wachen wir am nächsten Morgen bei Dauerregen auf. Da es seit Wochen nicht geschneit sein, hatten wir es nicht eilig, in das Skigebiet zu kommen und so verbrachten wir den Tag damit, uns eine neue Unterkunft zu suchen und dem Regen beim Fallen zu zuschauen.
Es regnet den ganzen Tag ununterbrochen. Sollte das oben am Berg Schnee sein, so würde der nächste Tag viel versprechend werden. Am anderen Morgen stehen wir dann das erste Mal auf Ski. Es war aber während dem Schneefall ein paar Grad zu warm, und so pudern wir nicht durch tiefen Powder, sondern kämpfen uns durch schweren feuchten Neuschnee, während eine Mischung aus Schneeregen und Schnee auf uns nieder prasselte. Da nur der unterste Lift offen war, blieb uns nichts anderes übrig als im Wald ein wenig zu fahren, ein paar Bilder zu machen und zu hoffen, dass es weiter oben schön schneit. Als wir dann total durchnässt waren, gehen wir zurück ins Hotel um uns bei einem Besuch in der Sauna wieder aufzuwärmen…
Da Übermorgen schon eine Warmfront über die Anden ziehen soll, lagen alle Hoffnungen auf dem morgigen Tag, für den immerhin ein wolkenloser Himmel voraus gesagt war. Naja, hoffen wir mal…
Einige Stunden später weckt uns Michi dann. Es ist schon wieder hell, aber anstatt Sonne wabert nur dichter Nebel durch das Tal. Naja, wird schon werden. Oben am Berg kann es ja sonnig sein. Also raus aus den Federn, frühstücken und dann ab nach oben. Da wir nicht viel Geld für die Tageskarten ausgeben wollen um dann im Nebel rumzustochern, fahren wir mit dem Auto an die Bergstation des ersten Liftes und kaufen dort unsere Karten, nachdem wir dem Wetter doch das Potential zum Aufreißen zu gesprochen haben.
Dann geht es weiter mit dem Sessellift nach oben und siehe da, es gibt schon erste Wolkenlücken und so ballern wir erst einmal gleich durch den Anden-Powder nach unten. Das tut gut, genau deswegen sind wir hier…Ach ja, nicht ganz. Ein paar Fotos wollten wir auch noch machen.
Nachdem also der erste Powder-Hunger gestillt ist, geht es an die Fotospot-Suche. Im Skigebiet gibt es ein Big-Mountain Face, dass zum einen sehr einfach zu erreichen und zum anderen im Morgenlicht auch sehr fotogen ist. Kein Wunder also, dass jeder, der zum Fotografieren oder Filmen in dem Gebiet unterwegs ist, erst einmal hier sein Glück versucht. So kam es auch zu der lustigen Situation, dass es sich Michi im Gegenhang zwischen den Filmern des Level-1 Teams zur Rechten und den Filmern vom Oklay Team zur Linken bequem machen musste.
Irgendwann gegen Nachmittag wurde uns dann klar, dass heute der Tag der Tage für ein Sonnenuntergangs-Shooting sein wird. Diesen Braten haben die anderen Teams natürlich auch gerochen, und so machte jeder was das Budget her gab. Die Oklay Jungs stiegen in die Snowcat und ließen sich Richtung Gipfel, also Richtung Vulkan, fahren. Der Snowboarder Travis Rice ließ sich mit seinem RedBull-Heli gleich auf dem Krater-Rand absetzen und Roman, Michi und ich hikten zu unserem Spot, den wir für den Besten erachteten.
Ob die Gleichung: Größeres Budget gleich besseres Film- und Bildmaterial wirklich stimmt, wird sich erst noch zeigen müssen. Wir für unseren Teil waren mit unserer Ausbeute mehr als zufrieden.
Am nächsten Tag entscheiden wir uns spontan das Lager zu wechseln Corralco soll unser Ziel für das zweite Shooting sein.
Back to the Roots: Corralco
Weitere 4 Stunden im Auto - Wir erreichen Corralco, 200 Kilometer südlich von Termas de Chillan.
Ist man in Chile als Skifahrer mit dem Auto unterwegs und man wechselt das Skigebiet, läuft das eigentlich immer so ab: Erstmals muss man wieder westwärts aus den Bergen runter auf den 4-spurigen Panamericana-Highway. Dann geht es relativ flott entweder nach Süden oder nach Norden, in unserem Fall nach Süden. Ist man dann auf Höhe des Skigebietes in das man möchte, verlässt man die Panamericana und fährt auf kleineren und immer schlechter werdenden Straßen ostwärts in die Berge.
Irgendwann nach 390 Kilometern, die letzten davon auf einer üble Schlammpiste, die eine Strasse darstellen soll, stehen wir vor der Corralco Skilodge. Da wir noch das letzte Tageslicht nutzen wollten, hieß es wieder mal schnell das Gepäck in die Zimmer schmeißen und dann sofort Skiklamotten an, Felle auf den Darkside und ab geht es Richtung Sonnenuntergang.
Aber irgendwie war unser Timing heute nicht das Beste. Wir waren einfach ein paar Minuten zu spät dran. Und so mussten wir der Sonne beim untergehen zuschauen, ohne uns vorher in Position gebracht haben zu können.
Da wir gegen Nachmittag nochmals ins Auto steigen wollten um nach Pucon zu fahren, begnügen wir uns damit innerhalb des Skigebietes ein wenig zu cruisen. Das Skigebiet liegt weit ab jeglicher Touristen-Ströme und so bestehen die wenigen Gäste aus ein paar Einheimischen und ein paar Soldaten, die froh sind, dass ihre Vulkanbesteigung heute wegen zu viel Wind abgeblasen wird.
Zurück an der Lodge erwartet uns eine böse Überraschung: Der Wetterbericht für Morgen hat sich in den letzten Stunden stark verschlechtert. Es ist nun Regen für den morgigen Tag voraus gesagt. Also Planänderung. Den Abstecher nach Pucon sparen wir uns und wir wollen den Schlechtwetter-Tag lieber am Meer verbringen. Das erspart uns auch eine 13-stündige Nachtfahrt von Corralco nach Portillo. Dies erledigen wir nun auf zwei Etappen. Die erste Etappe wollen wir heute noch hinter uns bringen: Von Corralco fahren wir nach Valparaiso, eine Stadt am Meer auf der Höhe von Santiago de Chile, Valparaiso gilt als eine der schönsten Städte Chiles. Aber irgendwie scheint es als hätte das Glück uns verlassen: Obwohl wir die ganze Fahrt über bei etwa 20°C durch die Sonne fuhren, ist die Küste in dichten Nebel gehüllt und es ist unangenehm kühl. Statt Sonnenuntergang am Meer gibt es lediglich einen nur halbmotivierten Stadtbummel. So viel zu unserem Tag am Meer...