Spaltenbergung ist eines der Themen, das die meisten Tourengänger, Skibergsteiger und Freerider als sehr komplex empfinden. Dabei sind die Grundprinzipien eigentlich recht einfach und das Handwerkszeug dazu ebenfalls kein Hexenwerk. Hat man beides einmal verstanden, ist man eigentlich für alle Situationen auf dem Gletscher gewappnet. In dieser sechsteiligen Artikelserie möchten wir euch Schritt für Schritt an die Spaltenbergung und ihre Tricks und Kniffe heran führen.
Die Komplexität der Spaltenbergung, die dieses Thema für die meisten zu einem Schreckgespenst macht, ist eigentlich gar keine. Der Grundablauf ist verhältnismäßig simpel und nicht schwer zu lernen. Und auch wenn viele der betreffenden Materialien und Techniken aus dem Kletter- und Bergsport kommen, muss man weder versierter Kletterer noch Alpinist sein, um in der Spaltenbergung versiert zu sein. Klar hilft es, wenn man aus diesen Tätigkeiten Seil- und Materialanwendung beherrscht, doch ist das keineswegs Voraussetzung und diese Artikelserie zielt gerade auf diejenigen Freerider und Tourengänger, die im Alpinbereich wenig Vorkenntnisse haben.
Eines der Grundprobleme bei der Spaltenbergung ist die Vielfalt an Techniken, Strategien, Knoten und Ausrüstung, die zum Einsatz kommen können, was dazu führt, dass man lange braucht, bis man glaubt, für alle Situationen gewappnet zu sein. Unglücklicherweise gibt es bei der Spaltenbergung kein Schema F, das in allen möglichen Szenarien eine optimale Lösung gewährleistet. Dennoch kann man sich ein Schema einprägen und bei diesem bleiben, besonders wenn man nur in Ausnahmefällen in vergletschertem Gelände unterwegs ist. Dann muss man halt damit leben, dass man unter Umständen mehr Zeit und Energie für die Spaltenbergung aufwendet, als nötig wäre.
Doch mit dieser Artikelserie zum Bergwissen Spaltenbergung geben wir euch alles nötige Wissen an die Hand, um Notfallsituationen auf dem Gletscher ökonomisch meistern zu können.
Nur der letzte Schritt
Zuerst allerdings sollte man sich klar machen, dass Spaltenbergung, ähnlicher der Kameradenbergung im Lawinenfall nur den letzten Schritt in der Maßnahmenkette darstellt. Zuallererst müssen unbedingt sämtliche Vermeidungsstrategien angewendet werden, um diesen Ernstfall bestmöglich zu vermeiden. Kenntnis der Bedingungen und ihrer Bedeutungen für die Stabilität von Schneebrücken, Grundkenntnisse über die Entstehung und wahrscheinliche Ausrichtung von Gletscherspalten, Ortskundigkeit mit der Kenntnis von Spaltenzonen und Abbrüchen und aus all dem resultierende Strategien zur Begehung oder Befahrung von Gletschern sind die wichtigeren Maßnahmen, die nur teilweise in Büchern vermittelt werden können und in dieser Artikelserie nicht behandelt werden. So solltet ihr jede Möglichkeit nutzen, um von erfahrenen und ortskundigen Fahrern zu lernen. Am effizientesten lassen sich solche Inhalte in Gletscherkursen von Bergschulen und Alpenvereinen erlernen. Gute Bergsportbücher wie z.B.PowderGuide Free Ski bieten ebenfalls eine gute Einführung in das Thema.
Eine weitere Parallele zur Kameradenbergung bei Lawinenunglücken ist die Abhängigkeit von unseren Kameraden. Wir müssen uns auf unsere Begleiter verlassen können, dass sie in der Lage sind, uns aus der selben Misslichen zu befreien. Die dritte Parallele ist das Training. Nur wenn wir die Handgriffe und Schritte oft genug geübt haben, werden wir auch im Ernstfall in der Lage sein, ruhig zu bleiben, richtig zu agieren und Fehler und Panik zu vermeiden. Geübt werden kann dabei auf Gletschern, speziell im Sommer unter kontrollierten Bedingungen genauso wie zuhause im Treppenhaus oder ähnlichem.
Doch nun viel Spaß mit unserer Artikelserie
- Knoten- und Materialkunde (nächste Woche)
- Ankerbau
- Flaschenzüge und andere Bergungsmethoden
- Bergungsstrategien
- Beispielanwendungen und Typen
Anmerkung: Einige Teile dieser Artikelserie sind im Buch „PowderGuide Free Ski" zu finden. Wer jetzt Plagiatverdacht wittert, irrt. Der Autor dieser Artikelserie hat sämtliche betreffenden Abschnitte des Buches verfasst.