Nach einigen Jahren im Geschäft ist die Innsbrucker Skifilmproduktion "Legs of Steel" zu einer der größten in Europa geworden. Im letzten Jahr haben wir von den Freunden steiler Flanken, großer Kicker und gepflegtem Heavy Metal keinen eigenen Film, sondern nur die Mocumentary #skigoodmoneywillcome gesehen. In diesem Jahr präsentieren sie dafür mit Passenger das Ergebnis von zwei Jahren Arbeit. Zum Filmstart haben wir Tobi Reindl, den Chef der LoS Crew, und die tiroler- und bayrischen Stahlbeine Raphi Webhofer, Fabi Lentsch und Tom Leitner zum Interview gebeten.
PowderGuide:
Tobi, seit #skigoodmoneywillcome wissen wir, dass du bei LOS im Hintergrund die Fäden ziehst. Hattet ihr mit dem Erfolg der Mocumentary über euch selbst gerechnet?
Tobi:
Wir wollte eigentlich eine normale Dokumentation im TV Format machen. Nach ein paar Vorschlägen und Konzepten haben wir die Idee über den Haufen geworfen und Paddy hat uns überzeugt, ein "British Humour" Experiment zu machen. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass es den Leuten so taugt. Im Nachhinein denke ich, es war genau das Richtige zum richtige Zeitpunkt. Wir haben uns früher gerne mal ein bisschen zu Ernst genommen und es war Zeit, dass die Leute uns auf so eine Art und Weise kennen gelernt haben. Da ist schon ganz schön viel Wahrheit drinnen gewesen, fast zu viel.
PowderGuide:
Der Passengerfilm war ein Zwei-Jahres-Projekt, behält man da auch als geübter Puppenspieler den Überblick? An wie vielen Orten und in wie vielen Ländern habt ihr gedreht? Wie viele Rider waren beteiligt und wie viele Stunden Material habt ihr gesammelt?
Tobi:
Das Projekt ist viel größer als alles was wir bisher gemacht haben und ich muss zugeben, wir hätten uns dabei auch fast übernommen. Wir waren überall. Japan, Kanada, Neuseeland, Europa und Alaska. Insgesamt waren 5 verschiedene Kameramänner und über 35 Rider am Start, natürlich inklusive der Park Shootings. Dazu sind wir im LOS Büro noch ein Team aus drei Leuten. Wir haben 16TB Footage produziert. In anderen Worten, wir sind mal wieder komplett ins kalte Wasser gesprungen, haben einiges an Lehrgeld gezahlt und am Ende doch wieder alles hingebracht. Ski good, money will come, eben.
PowderGuide:
Dich persönlich konnte man ja auch in den ersten LOS Movies auf Ski sehen, dann warst du leider lange verletzt. Dieses Jahr konnte man dich bei euren Drehs aber wieder auf den ganz großen Schanzen sehen. Wie war es, diese Mega-Booter zu springen- und werden wir das Ergebnis auch im Film bewundern können?
Tobi:
Haha, ja eigentlich bin ich im wohlverdienten vorzeitigen Ruhestand dank einer sehr komplizierten Knieverletzung. Aber ich bin schon den ganzen letzen Winter wieder viel am Ski gestanden, und habe im Frühling 4 Wochen lang das Freeski Germany Team gecoached und dabei wieder viel Spass am Park shredden gefunden. Dieses „Training" war dann nötiger als ich selber dachte: Beim Shoot im Stubai hat sich Paddy an der Schulter verletzt, Thomas war bereits verletzt und Bene wurde krank. Da musste Ich als letzter verbleibender "original LOS skier" nochmals antreten um die Kicker zu testen und die Jungs ein wenig zu pushen. Zum Glück hat sich mein Körper noch an den ein oder anderen Trick erinnert. Es war wirklich sehr geil nochmal so ein Setup zu fahren, vor allem mit so einer geilen Crew von Ridern. Im Film werden aber andere sein. Die begehrten Sekunden im Segment sollen andere bekommen. Vielleicht schaff ich es ja in den Abspann.
PowderGuide:
Tom, du bist nun schon länger mit den Jungs von LOS unterwegs. Was ist das Besondere an dieser Filmcrew?
Tom:
Es ist schon was Besonderes, dass es sich tatsächliche um eine Crew von Freunden handelt. Von den Fahrern bis hin zu den Filmern und Fotografen. Das schafft einen guten Vibe, wo es keine Konkurrenz gibt, sondern jeder das Gefühl hat, zum Gelingen des Films beizutragen. Ego-Shows gibt es eigentlich nicht.
PowderGuide:
Bereits in The LOSt hast du dein Können im Backcountry, aber auch im Park, gezeigt. Dürfen wir uns auch im Passenger-Film auf deinen Style im Park freuen?
Tom:
Haha, danke! Tatsächlich habe ich es mir nicht nehmen lassen, beim großen Parkshooting im Stubai über die Kicker zu fetzen und mir im traditionellen Train fast den Kopf absäbeln zu lassen. Aber natürlich kann ich da nicht im Entferntesten mit den jungen Hupfern mithalten, die teilweise halb so alt sind wie ich. Ich hab dann einfach versucht, mich auf den Style rauszureden.
Eine wirklich coole Aktion war der Kicker im Backcountry von Stuben. Da mussten wir Freerider schon alles an Erfahrung abrufen, als wir versuchten, ihn mit einer Line davor zu verbinden. Es war echt extrem schwierig, nach einer so langen Line die Geschwindigkeit einzuschätzen (was mir einmal nicht wirklich gelang, haha).
PowderGuide:
Du hast im Frühjahr mit Tobi Trischter und Fabi Lentsch die Neigungsgruppe Vollgas in Alaska gebildet. Wie war der Trip mit den beiden und wie ist es für einen jungen Vater eine so lange Zeit in der Einöde Alaskas auf den Schnee zu warten? Ist das Heimweh jetzt größer und stellst du dir öfter die Sinnfrage wenn sich die Downdays wieder einmal häufen?
Tom:
Das ist tatsächlich das Schwierigste für mich. Genau wie du sagst, es gab in Alaska viele Momente, in denen ich mir dachte: was mache ich hier eigentlich? Aber wir hatten auch eine super schöne Zeit. Mit Fabi und Tobi waren zwei meiner besten Ski-Spezln dabei. Der Altersunterschied spielte dann keine Rolle mehr, selbst wenn ich als Familienvater eigentlich ein ganz anderes Leben führe. Das genau ist aber für mich das Schöne daran. Die alltäglichen Begrenzungen und Normen sind dann aufgehoben, es fühlt sich keiner zu alt oder zu jung.
Auch mit den Filmern, Andre und David, habe ich ein super Verhältnis und sie besuchen uns inzwischen auch mal, wenn sie in der Nähe vorbeikommen.
Eine "normale" Filmproduktion", in der die Fahrer eher durch Sponsoreninteressen zusammengewürfelt werden, wäre allerdings für mich keine Option. Nur dadurch, dass wir dort als Freunde unterwegs sind, kann ich die Zeit weg von meiner Familie so gut verkraften.
PowderGuide:
Und was bleibt von den letzten beiden Jahren mit LOS in Erinnerung?
Tom:
Die gesamte Drehzeit wird mir in Erinnerung bleiben. So viele Erinnerungen, gute wie harte. Am Anfang des ersten Jahres war ich noch voll im Vaterstress und fühlte mich total ausgebrannt. Aber gleichzeitig erlebte ich auch Tage am Berg, die sich so wertvoll anfühlten, dass die Arbeit am Film in den Hintergrund rückte und wir einfach nur fette Sessions hatten. Speziell mit Fabi und Tobi.
Konkret wird es sicherlich die Zeit in Alaska sein. Auch wenn die Phasen, in denen man was machen konnte, de facto ziemlich kurz waren, so gehören sie doch zu den Intensivsten in meinem skifahrerischen Leben. Die ersten Lines endeten für uns alle in heftigen Crashs, was uns gleich mal das gesamte Projekt bezweifeln ließ. Da haben wir ziemlich Federn gelassen.
Das Schöne war, dass wir uns sofort gegenseitig aufbauten, Humor bewiesen und uns nicht unterkriegen ließen: Es folgten magische Tage und am Ende, als bereits die gesamte Crew am Start war und uns alles perfekt aufging, fühlte jeder, dass der Trip was ganz Besonderes war.
PowderGuide:
Fabi, du warst in der vorletzten Saison, sofort nach deinem (eigentlich muss man sagen "weltberühmten") Run in Obergurgl, mit den Jungs von LOS filmen. War das dein erster Shoot mit den Jungs? Wie war es für dich gleich nach dem Run, der dich in die FWT brachte, mit einer der größten europäischen Produktionscrews zu filmen?
Fabi:
Ja das war mein erster Shoot. Wir haben es schon ein paar Wochen zuvor probiert aber irgendwie hats nicht geklappt. Als ich in Obergurgl einige coole Faces zum Filmen gesehen habe, sind die Jungs zu mir ins Tal gekommen. Das war auf jeden Fall ein Moment an den ich mich gerne zurück erinnere. Perfektes Timing würde ich mal sagen.
PowderGuide:
Bei diesem Dreh hattest du einen, sagen wir, recht ordentlichen Sturz. Die Suche nach deinem Material danach konnten wir auf Facebook mitverfolgen. Können wir den Sturz in voller Schönheit im Film bewundern und hast du damit den Tiroler Tomahawk Rekord geknackt?
Fabi:
Der Sturz passierte 1-2 Wochen später in der Taschach-Wand im Pitztal. Ich wollte da schon immer mal so eine Art Straightline probieren, habs dann gut laufen lassen und im Auslauf einen Shark kassiert. Das war auf jeden Fall der wildeste Tomahawk meines Lebens, haha. Ich selber hab den ganzen Film noch nicht gesehen, aber anscheinend gibts den Sturz in voller Länge zu sehen. Von der Gegenhang Perspektive ist der Crash auf jeden Fall ziemlich spannend.
PowderGuide:
Recht bald nach deinem freiwilligen Rückzug von der FWT bist du nach Alaska gereist. War Alaska ein Weg Abstand zu gewinnen und über die Entscheidung nachzudenken? Hast du viel mit deinen Reisepartnern und ebenfalls ehemaligen FWT Ridern Tobi und Tom darüber gesprochen?
Fabi:
Naja, Abstand gewinnen kann man das nicht wirklich nennen, haha. Da die ihr Wetterfenster überzogen haben, habe ich eh einige von der FWT gesehen. Aber ja, generell natürlich schon. In 6 Wochen hat man schon recht viel Zeit, vor allem bei dem Wetter da oben... Ich hab nach der Entscheidung generell viel mit anderen Personen gesprochen. Bis dort hin war das eigentlich eh schon verarbeitet.
PowderGuide:
Raphi, du und Fabi seid die beiden Young Guns im Freeride Team bei LOS. Du hast nach deiner Saison in der FWT dieses Jahr viel gefilmt und bist mit LOS von den Gletschern Neuseelands bis zum Backcountry in deiner Heimat Tirol viel rumgekommen. Hat sich die Fokussierung auf das Filmen gelohnt? Wo hat es dich zum Skifahren mit LOS überallhin verschlagen?
Raphi:
Es war eine großartige Erfahrung für mich, ein Teil vom Passenger-Projekt zu sein und ich wurde von den LOS Jungs super aufgenommen. Vielen Dank dafür an dieser Stelle! Angefangen hat die Zusammenarbeit vorletzte Saison in der Schweiz, dann sind wir im Sommer nach Neuseeland, im Jänner nach Kanada und die restliche letzte Saison waren wir dann in den Alpen unterwegs. Für mich persönlich war es sicher die richtige Entscheidung mich mehr auf das Filmen zu konzentrieren. Ich fühle mich derzeit dabei einfach wohler und denke, dass ich dabei mein Skifahren auch besser weiter entwickeln kann.
PowderGuide:
Was ist das besondere an Filmtrips? und ist dir mal ein Erlebnis abseits vom Schnee besonders in Erinnerung geblieben?
Raphi:
Für mich ist jede Reise etwas besonderes, ob mit Ski oder ohne. Filmtrips sind sicher was Spezielles, du bist mit ein paar Freunden unterwegs und kommst in ein Land, mit dem Ziel, Skiaufnahmen zu erstellen. Dabei kann man nicht alles bis ins letzte Detail planen und vieles bleibt ungewiss. Daher stellen sich Filmtrips oft als ein größeres Abenteuer heraus als man es erwarten würde. Nach den vielen Contests und den zwei Filmen mit Whiteroom Productions war auch der Kontakt mit der neuen Skiszene rund um LOS eine schöne Erfahrung für mich.
Der Trip nach Neuseeland letzten Sommer hinterließ sicher ein paar der schönsten Erinnerungen abseits des Skifahrens. Die Zeit im Mount Cook Nationalpark, sowie ein Surftrip an die Westküste waren unvergesslich. So eine wilde, ungezähmte Natur bekommt man bei uns leider kaum noch zu sehen.
PowderGuide:
Außergewöhnlich ist, dass man auch dich nicht nur im Powder, sondern auch im Parksegment von LOS bewundern kann. Man kennt dich als Rider mit starken Freestyle Skills, aber wie war es mit dem Olympiasieger Joss Christensen und anderen Freestylegrößen, wie Russ Henshaw, in einem eigens errichteten Film Set Up am Stubaier Gletscher zu filmen?
Raphi:
Haha das mit dem Parkshooting war eigentlich ziemlich spontan, die Jungs von LOS haben gefragt ob ich Lust habe mitzukommen und ich hatte. Davor war ich zwar im Frühling recht viel im Park unterwegs, als ich aber dann das Setup sah, hatte ich doch ganz schön Respekt!
Es war echt eine Wahnsinns-Show, die die Parkjungs da abgeliefert haben! Ich war doch froh, dass ich es als Freerider ein bisschen lockerer angehen konnte. Ich ließ es mir dann aber nicht nehmen, Teil des berüchtigten Trains zu sein. Sicher ein Erlebnis, dass ich so schnell nicht vergessen werde.
PowderGuide:
Nach zwei Jahren und so vielen Reisen für das Passneger-Projekt in die verschiedensten Ecken dieser Welt - woran wirst du dich wahrscheinlich in zehn Jahren noch erinnern?
Raphi:
Vor allem an eine Wahnsinns-Zeit mit tollen Freunden in den Bergen dieser Welt. Skifahrerisch wird mir sicher unser Trip nach Andermatt bei perfekten Bedingungen in Erinnerung bleiben.
PowderGuide:
Die Liste der Rider im Film ist ja unglaublich. Vor allem im Bereich Freestyle habt ihr richtig große Namen an Bord. Aber besonders bei eurem Shoot am Stubaier Gletscher im Mai ist mir aufgefallen, dass eure Shoots keine exklusiven Veranstaltungen für die großen Namen der Szene sind. Neben der LOS Crew und den eingeladenen internationalen Ridern hat man da auch die Innsbrucker Jungs der Freeskicrew, die jungen Eidgenossen aus dem Swiss Freeskiteam, die Südtiroler Kollegen rund um Markus Eder und viele mehr gesehen. Wie schafft ihr es, die gesamte Szene an einem Gletscher zu versammeln? Viele der Jungs drehen auch mit anderen großen Produktionen wie MSP - gibt es da keine Rivalitäten?
Tobi:
Kurz gesagt, wir habe die geilste Crew an Ridern, die es gibt. Alle Fahrer mit denen wir arbeiten sind auch unsere Freunde und geben alles für das Projekt. Bei den Park-Shoots wie am Stubaier im Frühling haben wir dann noch die Chance, die Crew ein bisschen zu erweitern und ein paar neue Jungs mit dazu nehmen. So können wir gerade ein paar unbekannteren Fahren eine kleine Plattform bieten und ihnen ermöglichen, so ein Traum-Setup zu fahren. Das Team am Stubaier war aber schon einzigartig. Ich musste echt ein bisschen grinsen als ich Russ und Joss da gemeinsam mit den Jungs aus Innsbruck, dem Local Dennis Ranalter, oder auch dem deutschen Nachwuchs Lukas Joas und Tobi Müller, shredden gesehen habe.
Zu MSP, ich habe mal gehört, dass sie kritisch beobachten, was wir da in Europa so treiben... Das sollten sie auch, denn sie müssen sich dieses Jahr warm anziehen, hehe.
PowderGuide:
Was dürfen wir uns nach Passenger von LOS in Zukunft erwarten? Gibt es noch Orte mit Schnee, die ihr noch nicht bereist habt? Welche Ideen für Park-Shoots habt ihr noch in petto und wann sehen wir die erste Frau in einem LOS Film? Oder gibt es gar ein eigenes Side Project: "Ladies of Steel"?
Tobi:
Wir haben ein Auge schon Richtung Zukunft gerichtet. Noch nichts Spruchreifes, aber wir sind nach Passenger zwar erschöpft, aber noch nicht müde.
Bei den Ladies müssen wir uns entschuldigen. Es war schon 1 bis 2 mal kurz davor, aber dann hat es nicht geklappt. Es gibt aber sowohl im Park, als auch beim Freeriden ein paar Mädels, mit den wir gerne mal was machen würden. Wer weiß, vielleicht ist ja schon was in Arbeit!
Passenger feiert am 7.10. im Innsbrucker Metropolkino Weltpremiere. Am 16.10. gibt es dann die Deutschlandpremiere in München. Zeitgleich geht der Film auf iTunes online. Infos zu den Premieren findet ihr in unserer Eventkategorie!