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Interviews

PowderPeople | Lena Kohler x Timm Schröder

Ein Interview über das Geschehen abseits der Contests, mentale Hürden und den Zusammenhalt innerhalb der Crew.

21.02.2025 von Nikolas Burger
Wir von PowderGuide hatten das Vergnügen die beiden aufgehenden Freeride-Sterne mit Innsbrucker Homebase in Val Thorens gemeinsam zu interviewen.

Innsbruck wird von verschiedenen Medien immer wieder als Alpenhauptstadt betitelt, auch PowderGuide in Form von unserem Reporter Johannes schnappte aus dem Innsbrucker Stadtmarketing die Bezeichnung "Freeride-City" auf und veröffentlicht diese in einem Artikel aus dem Jahr 2018. Sicherlich, aus eigener Erfahrung sprechend, ist sowohl die Quantität als auch die Qualität der Powder-Enthusiasten sehr hoch. Dennoch lassen sich für diese ganzen selbstgegebenen Beweihräucherungen natürlich keine objektiven Beweise ermitteln. Aber es kann durchaus von neuen Hinweisen gesprochen werden, denn immer mehr Freeride-AthletInnen mit Wohnort Innsbruck performen auf einem sehr hohen Level und stehen regelmäßig auf dem Podium. Neben Valentin Rainer, der bereits 2023 Freeride World Tour Weltmeister der Ski-Herren wurde, messen sich noch Timm Schröder bei den Snowboard-Herren zum zweiten Mal und Lena Kohler als Rookie bei den Ski-Damen auf der großen Tour.

Wir, das sind Nikolas, Julian und Merlyn, trafen Lena Kohler und Timm Schröder in der Riders Lounge kurz vor dem Contest der FWT in Val Thorens. In lässiger Atmosphäre bekamen wir einen persönlichen Einblick ins Leben der beiden AthletInnen. Ein Interview über das Geschehen abseits der Contests, mentale Hürden und den Zusammenhalt innerhalb der Crew. Um einen guten Vergleich zu haben, stellten wir beiden dieselben Fragen:

Merlyn Binder: Du kommst ja aus der Rennsportszene und hast bereits Wettkampferfahrung gesammelt. Wie bist du dazu gekommen, Freeriden als Wettbewerbssport für dich zu entdecken, und was fasziniert dich besonders daran?

Lena Kohler: Eigentlich war es nicht so wirklich geplant, bei Wettkämpfen im Freeriden mitzumachen. Ein guter Freund hat mich ermutigt, es einfach mal auszuprobieren. Ursprünglich wollte ich nach dem Rennen fahren aufhören, weil mir der mentale Druck und das Coaching im klassischen Rennsport zu viel wurden. Doch er hat mich überredet und irgendwie hat es einfach gepasst. Es ist eine ganz andere Erfahrung als der Rennsport, und es hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich dabei geblieben bin. Dass alles so schnell ging, realisiere ich manchmal selbst kaum, aber es hat sich einfach ganz natürlich entwickelt.

Timm Schröder: Ich war schon immer abseits der Pisten unterwegs, anfangs mit meinem Papa und meinen Peeps. Als ich dann die Freeride World Tour gesehen habe, wusste ich: Das will ich auch machen. Mit der Junior Tour ging es los, und mein erster Contest in Fieberbrunn war direkt ein Highlight  – Powder, neue Leute und viele Gleichgesinnte in meinem Alter.

Die Wettbewerbe wurden für mich zur Tür in diese Welt. Anfangs war es ein großer Aufwand, oft lange Fahrten, aber ich wollte unbedingt dabei sein. Die Competitions waren für mich nie mit Druck verbunden, weil ich wirklich Freude daran hatte. Der einzige Druck war, mich zu Hause durchzusetzen, damit ich teilnehmen durfte. Ich wollte einfach unbedingt dabei sein und habe alles dafür getan, dass ich die Chance bekomme.

Niko Burger: Du lebst in Innsbruck, was als Hauptstadt des Freeridens bezeichnet wird, und wo auch die Wettkampf Szene präsent ist. Wie würdest du die Atmosphäre und die Freeride-Szene dort beschreiben? 

Lena Kohler: Erst in Innsbruck habe ich wirklich mit dem Freeriden begonnen. Vorher hatte ich es kaum ausprobiert – einmal in Japan nach dem Abi, aber nie richtig. Innsbruck hat mich dann total reingezogen, weil hier einfach jeder freeridet. Man kommt gar nicht drumherum, und das ist das Geile daran: Man hat immer Leute zum Fahren, jeder pusht sich gegenseitig, und ich habe enorm viel von meinen Freunden gelernt – ganz ohne Coaches, einfach durch die Community.

Natürlich gibt es auch Herausforderungen. Manchmal fahren Unerfahrene einfach anderen hinterher, ohne die richtige Ausrüstung oder Sicherheitswissen zu haben. Und es gibt diesen subtilen Druck: Wenn alle springen, fühlt man sich manchmal gedrängt mitzumachen. Jeder kann hier gefühlt einen Backflip – also denkt man, man müsse das auch können. Aber am Ende geht es darum, seinen eigenen Umgang damit zu finden. Wenn man das mental richtig nutzt, kann man unglaublich davon profitieren, weil die Szene hier extrem unterstützend ist.

Timm Schröder: Ich wohne eigentlich nicht mehr in Innsbruck, aber kann euch die Frage trotzdem beantworten. Innsbruck bietet alles für Extremsportler, von Freeride über Klettern bis Paragliding. Obwohl die Stadt klein ist und sich gefühlt alle kennen, entdeckt man ständig neue Leute, die ihren Sport auf beeindruckendem Niveau betreiben.

Anfangs habe ich oft bei Freunden auf der Couch übernachtet, zum Beispiel bei Manu – bis sie irgendwann meinte: „Willst du dir nicht mal eine eigene Bude suchen?“. Mit der Zeit wurde mir jedoch klar, dass diese Unverbindlichkeit in Innsbruck nicht wirklich meins ist. Ich schätze es mehr, eine feste Crew um mich zu haben. Außerdem war ich ständig unterwegs aus der Stadt hinaus, sodass es für mich einfach mehr Sinn macht, wieder im Zillertal zu leben und nur nach Innsbruck zu kommen, wenn ich wirklich Lust darauf habe.

Merlyn Binder: Bist du vollzeit FreeriderIn oder Hast du neben dem Freeriden noch andere Aufgaben in Innsbruck?

Timm Schröder: Bis zur letzten Saison, als ich das erste Mal auf der Tour war, hat das Freeriden noch kaum etwas eingebracht, höchstens mal Freeboards oder ein bisschen Geld hier und da. Jetzt, in Vorbereitung auf die zweite Saison, läuft es besser. Ich denke viele Sponsoren wollten erstmal sehen, ob ich in der FWT bleibe, bevor sie mich supporten.

Schon mit 16 habe ich mich als Filmer und Editor selbstständig gemacht. Das mache ich zur Zeit vor allem im Sommer. Es ist eine gute Kombination mit dem Freeriden, weil ich damit auch eigene Projekte umsetzen kann, ohne jemanden dafür bezahlen zu müssen. Das spart Budget, das ich dann für andere Dinge nutzen kann. Aber es ist definitiv stressig, alles unter einen Hut zu bringen.

Lena Kohler: Vollzeit-Freeriderin klingt irgendwie wild. Mein Fokus liegt zwar aktuell auf dem Skifahren und Freeriden, aber ich studiere nebenbei noch Bauingenieurwesen. In den ersten Jahren habe ich mehr studiert, inzwischen steht im Winter das Skifahren stärker im Fokus, egal ob Freeride, Park oder Touren.

Natürlich ist Skifahren meine Priorität, aber ich würde mich noch nicht als Vollprofi bezeichnen. Es entwickelt sich einfach gerade alles. Und genau das genieße ich: den Winter voll auskosten, nebenbei ein paar kleine Jobs machen und schauen, wohin die Reise geht.

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Niko Burger: Kommen wir zur Freeride World Tour. Wie empfindest du die Stimmung auf der Tour? Wie würdest du den Zusammenhalt unter den Ridern beschreiben? Herrscht dort viel Konkurrenzkampf oder supportet ihr euch gegenseitig? 

Lena Kohler: Ich bin noch nicht lange dabei und hatte erst einen Stopp, aber die Atmosphäre fand ich direkt super. Ich wurde total gut aufgenommen, alle Rider sind extrem nett, und von einem harten Konkurrenzkampf habe ich bisher nichts gespürt. Natürlich ist es ein Wettkampf, aber man freut sich auch füreinander.

Verglichen mit früheren Wettkampf Erfahrungen beim Rennsport, wo der Konkurrenzdruck oft extrem war, fühlt es sich hier viel entspannter und unterstützender an. Klar, jeder ist ehrgeizig und will performen, aber wenn jemand etwas Krasses abliefert, sind alle begeistert. Man fiebert füreinander mit, jubelt, feiert die Erfolge der anderen – und genau das macht die Stimmung so besonders.

Timm Schröder: Früher war Freeriden lockerer und mit der Einbindung der FIS merkt man, dass sich der Vibe langsam verändert. Die Organisatoren wollen den Sport wohl professioneller und strukturierter machen, weg von dem Bild, dass es nur wilde Mädels und Jungs sind, die sich einen Berg runterwerfen.

In meiner Kategorie spüre ich das allerdings kaum. Ich liebe den Wettbewerb und finde Competition grundsätzlich cool – egal ob auf der Tour oder unterwegs mit Freunden wie Lena oder Valle, wo wir aus jeder Gelegenheit kleine, spontane Wettkämpfe machen. Es bleibt dabei immer locker und spaßig, und wir gönnen es uns gegenseitig.

Gerade im Freeriden ist das wichtig: Die Community steht im Vordergrund. Es ist kein Sport, bei dem alles nur ums Gewinnen geht. Vielmehr freut man sich, wenn alle heile unten ankommen, und das schafft einen besonderen Zusammenhalt.

Merlyn Binder: Wie gehst Du mit dem Wettkampfdruck und mit den Herausforderungen beim Extremsport um?

Timm Schröder: Ich mache viele Dinge gleichzeitig – von Jobs bis hin zu Verpflichtungen zu Hause und das ist oft eine Herausforderung. Für mich ist es wichtig, mich beim Contest voll rauszunehmen und auf das zu konzentrieren, was wirklich zählt: den Fokus zu finden und dabei ruhig zu bleiben, um eine gute Performance zu zeigen.

Mit 18 hatte ich eine schwierige Phase, in der auch der Druck mich zu qualifizieren, groß war. Durch die Hilfe von Flo Orley kam ich damals zu einer Psychologin, die mir Werkzeuge an die Hand gegeben hat, um meine innere Balance zu finden. Seitdem arbeite ich mit Atemtechniken und Ritualen, wie zum Beispiel dem psychologischen Anker, was mir hilft im richtigen Moment voll da zu sein. Ich nutze bestimmte Bewegungen, bei denen ich mich an Augenblicke erinnere, in denen ich mich stark und im Flow gefühlt habe. Diese Momente „elektrisieren“ mich und holen mich komplett in den Moment zurück. Es hilft mir, alles um mich herum auszublenden und mich voll auf den Lauf zu fokussieren. Der schlimmste Fehler ist, beim Start über etwas nachzudenken, dann weiß ich, ich bin nicht im Flow.

Diese Rituale nutze ich nun seit Jahren und passe sie immer wieder an, um sie wirksam zu halten. Es ist faszinierend, wie viel sie bewirken können. Selbst wenn mal nicht alles perfekt läuft, helfen sie mir, wieder in die richtige Spur zu kommen – mental wie körperlich.  

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Merlyn Binder: Auf der FWT-Website gibt es ein Video von dir, in dem du dich als eher sensiblen Menschen beschreibst. Wie gehst du mit den extremen Herausforderungen des Freeridens um, und wie wirkt sich der Druck vor den Contests auf dich aus?

Lena Kohler: Abseits der Contests habe ich selten Angst – im Gegenteil, ich liebe den Nervenkitzel. Wenn ich mich frage: ‚Stehe ich das oder nicht?‘, dann ist das genau der Reiz, der mich antreibt.

Meine Sensibilität zeigt sich eher im Wettkampf. Früher hat mich der Druck stark belastet, vor allem der, den ich mir selbst gemacht habe. Heute versuche ich, Wettkämpfe entspannter zu sehen. Mein Ziel ist es, mit meinem Run zufrieden zu sein – natürlich hoffe ich auf eine gute Platzierung, aber wenn nicht, geht die Welt nicht unter.

Sobald der Druck zu groß wird, würde ich eine Pause einlegen, denn ich will den Spaß am Skifahren nicht verlieren. Der Fokus liegt auf der Freude am Fahren, nicht nur auf dem Wettbewerb. Solange beides zusammen funktioniert, so wie es gerade läuft, ist es perfekt. Und wenn nicht, dann würde ich einfach eine Line wählen, die mir Spaß macht, und genau das genießen.

Niko Burger: Hast du für dich Methoden und Strategien für die mentale Vorbereitung entwickelt?

Lena Kohler: Safe! Letztes Jahr habe ich mit einem Freund gearbeitet, der im Bereich Sportpsychologie und Mentalcoaching tätig ist. Ich habe kein festes Ritual, das ich jedes Mal anwende, aber ein paar Dinge helfen mir besonders: Mich zurückziehen, ruhig atmen und mir bewusst machen, was ich kann. Oft schaue ich mir Videos von Schlüsselmomenten meiner Runs an, um das richtige Gefühl wieder abzurufen.

Wenn negative Gedanken kommen, lasse ich sie kurz zu und schiebe sie dann bewusst weg. Ich konzentriere mich darauf, was mir Spaß macht – nicht auf den Druck, performen zu müssen. Am Ende ist es einfach Skifahren, egal ob im Wettkampf oder beim Freeriden.

Nervosität gehört dazu, aber sobald ich im Startgate stehe, ist sie weg. Dann bin ich voll im Moment, weiß genau, wo ich lang muss, was mein erster Hit ist und dann geht’s einfach los.

Merlyn Binder: Wir kommen jetzt zum Event in Val Thorens: Aufgrund von unklaren Schnee und Wetterverhältnissen wurden beim Riders Meeting am Samstagabend zwei mögliche Faces in Betracht gezogen. Auch die Frage, an welchem Tag das Event stattfinden soll, war bis heute nicht geklärt, da die Sicherheit bei den Contests höchste Priorität hat. Wie findest du, dass statt des sehr ausgesetzten Cime Caron Faces, Lac Noir ausgewählt wurde?

Lena Kohler: Dass statt des steilen und felsdurchsetzten Cime de Caron-Faces nun das Lac Noir-Face gewählt wurde, finde ich deutlich besser. Das ursprüngliche Gelände ist zwar an sich spannend zu fahren, aber mit den aktuellen Schneeverhältnissen in Verbindung mit dem starken Wind wäre es keine gute Wahl für einen Contest gewesen. Unter besseren Bedingungen kann es sicher ein großartiges Wettkampf-Face sein, aber momentan passt es einfach nicht.

Das neue Gelände ist im Moment definitiv besser geeignet. Beim ursprünglichen Face kommt Cliff, Cliff, Cliff, sehr dicht nacheinander, wodurch es eher eng und technisch anspruchsvoll ist. Bei der derzeitigen Schneelage bevorzuge ich es, wenn das Gelände etwas offener ist und mehr flüssige, verspielte Lines ermöglicht. 

Timm Schröder: Ich wusste schon vor ein paar Tagen, dass die Wahl auf dieses Face fallen wird. Bei so starkem Wind und dem extrem steilen Gelände war es einfach zu riskant – sobald jemand in den eingepressten Triebschnee fährt, könnte alles ins Rutschen geraten. Da war das etwas flachere Face die wahrscheinlichere Wahl.

Ich habe mir trotzdem beide Optionen angesehen, man muss ja auf alles vorbereitet sein. Ich bin mit der Wahl zufrieden, auch wenn ich das Cime Caron Face ebenfalls spannend gefunden hätte, vorausgesetzt, die Conditions wären gut gewesen. Es sind einfach zwei völlig unterschiedliche Ansätze. Ich finde es voll geil, so was richtig steiles - Triples hintereinander ohne Tricks und einfach nur Vollgas schauen, dass man nicht auf die Steine fliegt. Aber ich mag auch Faces, die mehr Raum für Tricks bieten, wie das Lac Noir. Das fühlt sich eher wie ein Playground an, und darauf freue ich mich.

Niko Burger: Was uns als Freerider auch sehr interessiert, ist wie Du im technischen Gelände die Orientierung behältst? Wie wählst du deine Lines aus, und wie stellst du sicher, dass du dich zwischen den Felsen nicht verirrst?

Lena Kohler: Meistens schaue ich mir das gesamte Gelände an und überlege, welche Cliffs mich direkt ansprechen. Von dort aus baue ich dann meine Line drumherum. In der Regel weiß ich schnell, welche Elemente mir am meisten Spaß machen – und das sind oft auch die, die ich am besten fahre. Dieses Mal hatte ich allerdings so viele Varianten im Kopf, dass ich mich schwer entscheiden konnte.

Was die Orientierung betrifft, ist es definitiv eine Herausforderung. Aber durch die Drohnenaufnahmen der World Tour bekommt man eine gute Übersicht. Markante Felsen, Bäume oder Schattenverläufe können ebenfalls helfen. Trotzdem kann es passieren, dass man sich mal verfährt – gerade am Anfang. In den Qualifier-Contests habe ich mich auch schon zweimal komplett verfahren, aber mit der Zeit entwickelt man ein besseres Gespür dafür.

Beim Facecheck tausche ich mich häufig mit engen Freunden wie Valle oder Timmy aus. Natürlich spricht man auch mit anderen Ridern, aber am Ende trifft jeder seine eigene Entscheidung – oft auch spontan und abhängig von den Bedingungen. Trotz aller strategischen Überlegungen bleibt der Freeride-Charakter dabei immer erhalten.

Timm Schröder: Ich gebe euch einfach mal einen Rundown, wie ich meinen Facecheck mache. Ich schaue zuerst, welche Lines oder Elemente mir direkt ins Auge fallen, und markiere sie auf Fotos. Danach checke ich, was sich gut kombinieren lässt, und sortiere aus, was nicht funktioniert. Ich analysiere das Face aus verschiedenen Blickwinkeln – vom Boden, mit Drohnenaufnahmen und anhand von Orientierungspunkten wie Steinen, Büschen oder Konturen im Gelände.

Ich plane jede Kleinigkeit, jeden Turn: Geschwindigkeit, Absprünge, Tricks und wie die Elemente zusammenpassen. Da ich nichts testen kann, da niemand das Face betreten darf, muss alles im Voraus durchdacht sein. Oft komme ich am Ende intuitiv wieder auf die Line zurück, die ich mir anfangs ausgesucht habe. 

Wenn ich schließlich die Forerunner sehe, kann ich den Schnee nochmal besser einschätzen und letzte Details anpassen. So entsteht eine durchdachte Line, die gleichzeitig Spaß macht.

Merlyn Binder: Freeriding ist sehr vielfältig, aber es fällt auf, dass in den letzten Jahren immer mehr Freestyle-Elemente in die Lines eingebaut werden.  Wo siehst du dich in der Zukunft in der Freeride-Szene und was sind deine Ambitionen den Sport zu pushen? 

Lena Kohler: Ich mag diese Mischung beim Freeriden. Technische Lines, steiles Gelände und große Cliffs – das sind für mich die zentralen Elemente. Das ist einfach das Herz des Sports. Aber gleichzeitig entwickelt sich Freeriden weiter: Das Niveau steigt, und besonders bei den Jungs gehören Tricks über die großen Features inzwischen dazu. Auch bei uns Frauen wird das immer mehr ein Thema, und ich finde die Kombination super. Natürlich bleibt das Technische wichtig, aber der Freestyle-Aspekt ergänzt das Ganze auf eine coole Art und Weise.

Ich bin selbst noch nicht lange im Freeriden und habe erst letztes Jahr angefangen, Tricks zu lernen. Es ging alles ziemlich schnell, und inzwischen habe ich richtig Spaß daran. Früher hätte ich mir nicht vorstellen können, Flips oder 360s zu machen, aber dieses Jahr möchte ich definitiv ein paar davon zeigen. 

Was die Zukunft betrifft, lasse ich alles auf mich zukommen. Ich bin jemand, der im Moment lebt und das macht, was gerade Freude bereitet. Aktuell habe ich total viel Spaß an den Competitions, deshalb liegt mein Fokus dieses Jahr auf den Contests. Ich will einfach zeigen, was ich kann, und schaue dann, wie es weitergeht. Ich habe noch keinen festen Plan, sondern bleibe offen für alles.

Währenddessen macht sichs Timmy Schröder schon auf dem Sofa nebenan bequem und dropt den Kommentar: „das war voll Humble, die Lena sendet ultra hart“.

Timm Schröder: Für die Zukunft sehe ich meinen Weg weiterhin bei Contests. Ich will fahren, gewinnen und meine Grenzen weiter pushen. Falls es so weit kommt, könnten die Olympischen Spiele 2030 in Frankreich eine spannende neue Perspektive eröffnen.

Was mich am Contestfahren besonders fasziniert, ist die Nähe zum klassischen Backcountry. Man steht vor einem unberührten Hang, plant eine Line, die man noch nie gefahren ist, und hat nur eine einzige Chance, sie perfekt umzusetzen – ähnlich wie beim Filmen. Es geht darum, die Bedingungen genau einzuschätzen, Kreativität und Technik zu kombinieren und das Beste aus dem Gelände herauszuholen.

Neben dem Sport bleibt das Filmen eine große Leidenschaft, und auf unserem YouTube-Channel Scuventure gibt es spannende Einblicke in meine Projekte.

Diesen Frühling werde ich für zehn Wochen nach Georgien gehen – ein Land, das mich mit seiner wilden Berglandschaft und intensiven Kultur schon letztes Jahr beim Stop der FWT begeistert hat. Die Szene ist klein, das Potenzial riesig, doch ohne Bergrettung oder Lawinenlagebericht wird jede Tour zu einem echten Abenteuer. Neben Big Mountain Lines auf dem Snowboard möchte ich auch andere Sportarten wie Kajaken und Paragliding in diesem wilden Land testen.

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