Zum Inhalt springen

Cookies 🍪

Diese Website verwendet Cookies, die Ihre Zustimmung brauchen.

Details finden Sie in unserer Datenschutzerklärung

This page is also available in English.

Zur Powderguide-Startseite Zur Powderguide-Startseite
Interviews

PowderPeople | Manuela Mandl, die neue in der FWT

Ein Gespräch über das Snowboarden, den Widerspruch im Konzept Freeridewettkampf und das Frauenbild im Sport

von Lea Hartl 16.10.2016
Es gab im letzten Winter kaum ein Freeride Qualifier Stockerl, auf dem Manuela Mandl, 28, nicht stand. Mit ersten Plätzen unter anderem in Jasna, Nendaz, beim X-Override und in Roldal ist es nicht verwunderlich, dass sie 2017 bei den Snowboard Frauen in der Freeride Worldtour startet. Wir haben uns im Vorfeld schon mal mit Manu unterhalten.

PG: Hi Manu! Erzähl uns doch ein bisschen von deinen Snowboardanfängen.

MM: Ich komme aus Wien und habe erst mit 13-14 mit dem Snowboarden angefangen. Ich kann auch ganz okay Skifahren! Der Park war mit 16 kurz ein Thema, aber dann waren schnell die ersten Leute da, die mich in den Powder mitgenommen haben. Das fand ich gleich viel cooler.

PG: Was war das für eine Crew?

MM: Ich war damals und bin noch immer fast nur mit Jungs unterwegs und auch meistens nur mit Skifahrern. Da sollte man natürlich nicht langsamer sein. Es war jahrelang das Ziel, das Tempo rauf zu schrauben, damit niemand warten muss. Mittlerweile kenne ich durch die Contests einige sehr starke Mädls und es ist schön, gemeinsam unterwegs zu sein. Es ist lustig und man bringt sich gegenseitig weiter. Vom Niveau her kann man sich untereinander vergleichen. Mit den Ski-Jungs geht das kaum. Da überlegt man schon dreimal, ob man denen einfach hinterher hüpft!

PG: Hast du letzte Saison aktiv versucht in die Tour zu kommen?

MM: Am Anfang war es eine schwierige Saison, aber ich hatte beschlossen, dass ich das den Winter nochmal durchziehe. Ich schließe grade meine Masterarbeit ab und wenn ich es jetzt nicht nochmal probiert hätte, hätte ich es vielleicht gar nicht mehr gemacht.

PG: So mancher hat sicher schon länger drauf gewartet, dass du den Aufstieg in die Tour schaffst. Du warst ja lang in der Qualifiertour dabei und immer ziemlich gut.

MM: Ja, das haben mir die Leute vor fünf Jahren schon gesagt, als ich die FWT um einen Platz verpasst habe. Diese Erwartungshaltung war für mich immer schwierig und die Saison danach hat auch gar nicht gut funktioniert. Diesmal war ich eigentlich nicht gut vorbereitet, aber sehr entspannt. Ich konnte die Contesttage einfach als Tage am Berg genießen. Natürlich muss man sich irgendwie fokussieren, aber mit zu viel Druck klappt es bei mir schlecht.

PG: Steht denn deine Finanzierung für die Saison in der Worldtour?

MM: Ich hatte über den Sommer verschiedene Nebenjobs und habe die Uni ein bisschen vernachlässigt, aber damit sollte die Saison finanziert sein. Ich kann absolut nicht vom Snowboarden leben, aber für die Saison sollte sich alles irgendwie ausgehen. Neben dem Startgeld, das wir von der World Tour erhalten, kriege ich ein auch bisschen Unterstützung von meinen Sponsoren.

PG: Mir ist schon öfter aufgefallen, dass die Kommentatoren bei der Tour grade bei den Snowboard Frauen immer wieder betonen, dass die Starterin zum Beispiel Anwältin ist und wie ungewöhnlich es doch sei, dass solche Profisportler nebenbei arbeiten...

MM: Die arbeiten ja fast alle. Vielleicht nicht voll, aber sicher den ganzen Sommer durch. Die Französinnen können wahrscheinlich teilweise davon leben. Das ist ein bisschen symptomatisch, die werden deutlich stärker unterstützt von der Industrie und den Medien. Die jungen Franzosen sind vor 3-4 Jahren schon mit einem Trainer angereist und waren als organisiertes Gesamtpaket bei den Contests. Wir kommen mit unserem Privatauto und sagen „Hallo, wir sind auch da".

PG: Was müsste man denn anstellen, wenn man vom Freeriden leben will?

MM: Man sollte nicht der Illusion aufsitzen, dass man wirklich einfach so davon leben kann. Mir war mein Architekturstudium immer sehr wichtig. Ich bewundere Leute, die überhaupt keinen Backupplan haben. Es ist so ein unsicheres Geschäft! Marketingbudgets steigen und fallen, Trends ändern sich – Snowboarden ist da ja ein gutes Beispiel.

Es gab einen extremen Boom, eine Blase, und jetzt stehen wir da und sehr viel ist immer noch sehr unprofessionell. Es gibt eine wahnsinnige Konsolidierung, weil nur wenige Firmen mit guten Produkten überleben können. Sich davon abhängig zu machen, ist als Frau dann nochmal viel problematischer, eben weil man weniger unterstützt wird. Wenn man sich einmal ordentlich weh tut, dann wars das.

PG: Je professioneller die Tour wird, desto professioneller wird auch bei nicht-Franzosen das Sommertraining und die ganze Herangehensweise an den Sport. Wird sich da bei dir etwas verändern, jetzt wo du in die Tour kommst?

MM: Das hängt zum Teil auch davon ab, wieviel Zeit neben Uni und Arbeit bleibt, aber ich habe mich damit jetzt schon stärker auseinander gesetzt. Ich habe nie eine Sportart in einem Verein ausgeübt und erst jetzt kenne ich ein paar Leute, die mir sagen, wie ich sinnvoll trainieren kann. Ich glaube, grundsätzlich ist die beste Vorbereitung für den Winter, wenn man wie ein kleines Kind durch die Gegend rennt und Spaß hat.

PG: Findest du die zunehmende Professionalisierung im Freeriden gut? Damit steigt auch der Druck auf die Athleten.

MM: Das lasse ich auf mich zukommen. Ich nehme mir nur vor, dass ich mich nicht stressen lasse. Ich mache das Ganze, weil es mir Spaß macht. Mehr Gründe gibt es nicht. Man muss das alles auch nicht so wahnsinnig ernst nehmen.

PG: Wie gefällt dir das neue FWT Reglement?

MM: Ich habe ein ziemliches Problem damit, dass so wenige Leute von den Qualifiern weiter kommen. Die Tour wird von den Qualifiern getragen. Die Leute, die permanent die Qualifier fahren, deren Umfeld und Freundeskreis - diese Marketingbasis ist wichtig.

Natürlich will man für den Livestream eine bestimmte Anzahl an Startern nicht überschreiten. Was ich aber mit am interessantesten finde, ist wie die verschiedenen Kategorien mit einem Face umgehen. Daher finde ich es wichtig, dass nicht irgendwann nur die Ski-Männer übrig bleiben. Ich denke, dass viele der Ski Männer sehr weit weg sind von dem, was das Amateursportler-Publikum noch nachvollziehen kann. Ich bin mir nicht sicher, ob dieses sehr extreme Bild für den Sport und den Nachwuchs wirklich das Beste ist.

PG: Teilweise werden gerade bei den Qualifiern in der Ski-Männer Kategorie sehr hohe Risiken eingegangen.

MM: Ja, das liegt an dieser Sanduhr, dem ganz engen Schlupfloch von den Qualifiern in die Tour. Deswegen ist das bei den Ski Männern so heftig. Die ersten 10 oder so hätten alle das Zeug zum Sieg. Wer da am Ende der Saison auf den 3 Plätzen sitzt, die in die Tour kommen, ist kaum aussagekräftig über die Leistungen, weil die Unterschiede so gering sind. Ich hoffe sehr, dass man da eine höhere Durchlässigkeit schafft.

Ein Problem ist auch, dass den Fahrern das Sternchen System bei den Qualifiern zwar sehr klar ist, sonst aber niemandem. Solange ein Contest als Qualifier bezeichnet wird, zählt das für die Sponsoren ungleich weniger als ein FWT Stopp. Das Niveau ist bei den 4* Events so krass hoch - diese Events müssen aufgewertet werden.

PG: Der Status der Snowboard Frauen in der Worldtour ist nicht der allerbeste. Nischiger geht's nicht, oder?

MM: Vielleicht liegt das zum Teil schon auch daran, dass die sportliche Leistung fehlt. Gerade in letzter Zeit kann man das aber echt nicht mehr behaupten. Zum Beispiel in Verbier – das waren gute Runs, die man absolut weit ausstrahlen kann. Im Endeffekt sehe ich das Problem dann doch nicht. Bei kleineren Events ist das vielleicht anders, aber man muss sich ja auch erstmal irgendwie entwickeln.

PG: Wenn auch bei den kleinen Contests mehr Frauen mitmachen würden, würde das Niveau auf Dauer vermutlich steigen?

MM: Ja, mehr junge Frauen nachzuholen ist natürlich eins der großen Ziele. Daran scheitert es schon ganz prinzipiell.

PG: Fehlt bei den Snowboardern die Basis aus dem Rennlauf, wie es sie bei den Skifahrern gibt? Viele fahren da ja von Kind auf in einem Verein und steigen irgendwann aufs Freeriden um.

MM: Snowboarden hat als eine Art antiautoritäre Bewegung angefangen, als Alternativsport, der sich lange gegen gewisse Strukturen gesträubt hat. Bis auf ganz wenige Ausnahmen gibt es keine Snowboarder in der Contestszene, die mit den Vorteilen einer Rennkarriere zum Freeriden kommen.

PG: Sind die besten Freeride Snowboarderinnen in der Tour, oder gibt es irgendwo noch welche, die keiner kennt und die das nicht interessiert?

MM: Erstmal würde ich nie von mir behaupten, dass ich zu den besten Freeriderinnen weltweit gehöre. Ich bin sicher, dass es wesentlich bessere Fahrerinnen gibt. Oder sagen wir so, ich hoffe es zumindest.

PG: Wo sind die?

MM: Das würde mich auch interessieren. Ich glaube, dass es gerade in Europa extrem viele, gute Frauen gibt, die einfach nie irgendwo auftauchen. Alles was mit Wettkampf zu tun hat, ist ja immer nur ein Ausschnitt von einer Sportart. Man kann und sollte nicht verlangen oder erwarten, dass alle, die die Sportart auf einem hohen Niveau ausüben, sich da battlen müssen.

PG: Bei den Alpinen Weltcups habe ich schon den Eindruck, dass man da die absolute Weltspitze sieht. Ist der Anspruch an die Leistung bei den Freeridebewerben einfach viel niedriger? Wo sind die wesentlichen Unterschiede im System?

MM: Freeriden und Contest Fahren bergen in sich einen Widerspruch, der, glaube ich, auch allen bewusst ist. Mir kommt zum Beispiel vor, dass ich letzten Winter nicht viel Snowboarden war, weil ein Contest was anderes ist, als was ich normalerweise unter Freeriden verstehe. Das wäre eher ein paar Tage irgendwo zelten und jeden Tag drei Lines hiken.

In den Judging Regeln steht, dass jeder eine Chance haben soll, zu gewinnen, wenn er eine perfekte Line fährt, unabhängig von seinem Style – ob das jetzt freestylelastiger ist, oder bigmountain, oder was auch immer. Da kommt das Freeriden dann schon wieder rein, aber die Contests bleiben eine sehr spezifische Form des Sports.

PG: Es gäbe rein vom Judging her die Möglichkeit für sehr individuelle Runs, aber trotzdem machen doch oft viele das gleiche.

MM: Ja, das liegt nicht am Judging oder der Organisation, sondern an den Ridern. Da hat sich viel geändert, seit man sich die Lines alle online anschauen kann. Jetzt kann man von zuhause aus sehen, was die Leute in den letzten Jahren gemacht haben und dabei bleibt die Kreativität vielleicht etwas auf der Strecke. Andererseits können sich jetzt diejenigen gut hervor heben, die wirklich was originelles machen. Das ist schwierig und braucht viel Erfahrung.

PG: Die FWT hat den Anspruch, eine Tour für die ganze Welt zu sein. Momentan gibt es nur einen Stopp in den USA, alles andere ist in Europa. Auch die Freeski Worldtour ist wieder verstärkt präsent als Gegenveranstaltung. Ist es überhaupt realistisch, einen weltweiten Freeridewettkampf auszutragen?

MM: Ich glaube schon und ich glaube auch, dass es gut ist wenn es sowas gibt. Ich habe keine Ahnung, ob und wie man eine sinnvolle Worldtour wirklich realisieren kann. Was ich zur Zeit extrem problematisch finde, ist, dass man sich so lang vorher auf ein Datum und einen Hang festlegen muss. Das macht man ja normalerweise beim Freeriden auch nicht, weil es nicht geht. Man könnte vielleicht eine Lösung finden, bei der man sich auf ein größeres Zeitfenster und eine Region festlegt, um Rumgerutsche auf halbgaren Hängen zu vermeiden. Ich finde aber den Anspruch positiv, dass Leute aus der ganzen Welt alle ein Ding machen und gemeinsam wo runter fahren und sich vergleichen.

PG: Geht es dabei eher um das Gemeinsame oder um das Vergleichen?

MM: Für mich ist es bei den Contests von Anfang an eher ums Gemeinsame gegangen und das ist auch das, was mir langfristig wichtig ist. Schlussendlich fährt man Freeride Contests nicht gegen andere, sondern gegen sich selber.

PG: Macht es dann überhaupt Sinn, das von anderen Leuten bewerten zu lassen?

MM: Ich gehe an Contestlines viel strukturierter heran, als ich das sonst so mache und gebe mir Mühe, meine beste Leistung zu zeigen, auch weil ich eben versuche, die Bewertungskriterien möglichst gut zu erfüllen.

PG: Das Format fordert dich also?

MM: Das Format fordert sicher jeden Rider. Die Kunst ist, das zu machen, was man kann und die eigenen Grenzen zu kennen. Das mit sich selber festzulegen - das ist das Spannende. Dass es dann bewertet wird, finde ich okay, weil man dadurch sieht, wo man noch Luft nach oben hat. Ich habe früher nie gedacht, dass ich ein Wettkampftyp bin. Ich finde das auch immer noch ein bisschen schrecklich! Aber es macht einfach Spaß.

Trotzdem geht es nicht darum, andere zu schlagen, sondern darum, sich selbst zu steigern. Ich merke ja, dass meine Drops höher werden, dass ich schneller und flüssiger fahre. Das ist ein gutes Gefühl.

PG: Durchs Contestfahren kann man als Fahrer besser werden, aber wenn man da nicht unbedingt die Weltspitze sieht, was ist dann die Relevanz der Tour für Leute, die keine Contests fahren?

MM: Ein Contest ist ungeschönt, im Gegensatz zu einem Film. Jemand der gut Contests fährt, muss alle Bedingungen ordentlich fahren. Das ist wesentlich näher an der Realität, als was man in Filmen sieht. Vielleicht liegt die Relevanz darin, dass Contests zeigen, dass man auch bei richtig schlechten Bedingungen richtig tolle Sachen machen kann.

PG: Social Media ist in den letzten Jahren extrem wichtig geworden, auch wenn es um Sponsoren geht, und manchmal scheinen die sportlichen Leistungen weniger wichtig zu sein, wie eine große Social Media Gefolgschaft. Wie gehst du damit um?

MM: Es ist ein Problem, wenn Leute in Marketingpositionen sind, die keine Ahnung von der entsprechenden Sportart haben. Um zu beurteilen, wen man unterstützt, werden dann Parameter hergenommen, die mit dem eigentlichen Sport nichts zu tun haben. Das schadet auf Dauer dem ganzen Sport. Ich sehe es als Aufgabe der Firmen und des Marketings, dass sie Athleten pushen, die den Sport weiterbringen und nicht die, die am meisten Social Media Follower haben.

Der Sportmarkt ist inzwischen in erster Linie ein Investmentmarkt, auch bei Sportarten die früher mal eher alternative Subkulturen waren, ähnlich wie auf dem Kunstmarkt. Es ist auf jeden Fall ein interessantes Umfeld, weil so viel Leidenschaft auf so viel Marketing trifft.

PG: Deine Social Media Präsenz ist recht unauffällig. Bilder ohne Helm und Goggles muss man lange suchen. Grade bei den Mädels mischen ja viele auch mal ein hübsches Selfie oder ein Bild vom Strandurlaub zwischen die Actionshots und die Follower danken es ihnen. Hast du da keinen Bock drauf?

MM: Nein. Ich möchte nicht in erster Linie Kritik üben, aber ich wünsche mir, dass die Diskussion über das Frauenbild im Sport stärker in Gang kommt. Das ist mir ein persönliches Anliegen. Es sollte bei Athletinnen in erster Linie um den Sport gehen und nicht ums Aussehen. Jeder sollte die Freiheit haben, sein Leben so zu Leben, wie er oder sie möchte. Das sollte man Frauen und Männern gleichermaßen zugestehen, auch im Sport.

PG: Das ist nicht nur in den sozialen Medien ein Thema, sondern in der ganzen Branche, oder?

MM: Ja. Man sieht kaum Actionbilder von Frauen in den Medien. Wenn in Magazinen Fotos von Mädels sind, dann stehen sie fast immer nur hübsch rum. Das Traurige dabei ist, dass den Frauen damit das Potential komplett genommen wird. Sportlerinnen sind meistens nur auf Grund ihres Aussehens und ihres äußerlichen Auftretens präsent. Sie werden kaum als die Athleten gezeigt, die sie sind, und die tatsächlich was leisten. Es ist sehr schwierig, in Randsportarten wirklich nur über die sportliche Leistung an das Profidasein heran zu gehen. Im Grunde ist man damit chancenlos.

Nach den olympischen Sommerspielen gab es viel kritische Auseinandersetzung mit der Berichterstattung über Sportlerinnen. Ich hoffe, dass dadurch eine gewisse Sensibilisierung stattgefunden hat und sich die Medien um objektive Berichterstattung bemühen. Ich finde es wichtig, dass Leistungen von Frauen im jeweiligen Kontext beurteilt werden und dass die sportliche Leistung zählt.

PG: Was kann man tun, damit sich das Frauenbild im Sport und speziell im Freeridebereich ändert? Gibt es vielleicht einfach nur sehr wenige Frauen, die unseren Sport ausüben?

MM: Das Problem liegt vor allem in der mangelnden Präsenz. Es gibt genug Mädels, man sieht sie aber nicht. Wir sollten daran arbeiten, mehr Bewusstsein für das Thema zu schaffen und uns untereinander stärker vernetzen. Wenn man mal eine gewisse kritische Masse erreichen würde an Frauen, die im Extremsportbereich aktiv sind und sich auch in das Szenegeschehen einbringen, würde das schon viel verändern. Andererseits ist natürlich die Industrie gefordert. Die Sportartikelhersteller, der Sportmanagementbereich und das Publikations- und Verlagswesen sind männerdominiert. Das ist halt eigentlich der ganze Markt.

PG: Brauchen wir eine Art Quote? Jedes Magazin muss gleich viele Bilder von Frauen und Männern drucken, Firmen müssen genauso viele weibliche Athleten unterstützen wie männliche, so in die Richtung?

MM: Puh, das ist schwierig. Allgemein geht man ja schon davon aus, dass eine Quote langfristig sehr viel bringt, aber man erzwingt es damit natürlich. Wenn es in jedem Magazin einen fixen Prozentsatz von Actionbildern mit Frauen gäbe, fände ich das positiv. Es kommt aber stark darauf an, ob es gut gemacht ist. Vielleicht sollte man zumindest mal drüber nachdenken.

Ich wäre schon froh, wenn einfach nur verschiedene Rollenbilder für Frauen angeboten würden. Bei den Männern gibt es ja auch im hochprofessionellen Bereich alles Mögliche. Es gibt die, die sich offensichtlich viele Gedanken um ihr Äußeres machen und die, denen es genauso offensichtlich völlig egal ist, und viele verschiedene Typen und Abstufungen dazwischen. Das ist bei den Frauen nicht so.

Dinge, die eigentlich für den Sport sekundär sind, wie eben Äußerlichkeiten, werden übermäßig wichtig, weil es nur so wenig Potential gibt, um Frauen zu fördern. Bei den Männern ist das sicher auch ein bisschen so, gerade im mittleren Leistungssegment, wo es besonders wichtig ist, sich von einander abzugrenzen. Das bewegt sich aber auf einem viel geringeren Level.

PG: Gibt es Druck von deinen Sponsoren, auch mal ein paar hübsche Lifestylebilder zu posten?

MM: Es gibt eher die Aufforderung viel und qualitativ hochwertig zu posten, was auch legitim ist. Die direkte Aufforderung, besonders hübsche Fotos zu posten, ist mir noch nie untergekommen. Ich will natürlich Bilder posten, die eine gewisse Ästhetik oder Aussage haben. Ich scheue mich aber davor, Bikini Fotos zu posten, obwohl die meisten Männer ohne groß nachzudenken Badehosen Fotos posten. Ich fürchte mich vor Kommentaren, die dann nur Bezug auf meinen Körper nehmen, weil ich wirklich nicht auf mein Äußeres reduziert werden will. Vielleicht wäre es aber auch eine nette, subversive Strategie, vollkommen drauf zu pfeifen und wild sehr vorteilhafte und sehr unvorteilhafte Bikini Fotos zu posten!

PG: Findest du es falsch, wenn Sportlerinnen ihr Aussehen nutzen, um bekannter zu werden? Die Industrie zwingt ja niemand mit vorgehaltener Waffe dazu.

MM: Prinzipiell ja. Aber so einfach ist es dann auch wieder nicht. Ich denke, es sollte möglich sein, als Frau hin und wieder ein sexy Foto zu posten, ohne dass einem angehängt wird, man wolle daraus Profit schlagen. Das wäre der Idealzustand, aber das ist in unserer Gesellschaft kaum möglich. Die Fotos, die sexy sind, bleiben am stärksten präsent. Das führt in eine Art Teufelskreis.

Es gibt Sportlerinnen, die fast nur von ihrem Äußeren leben. Das funktioniert nur, weil es von der Industrie unterstützt wird. Es bringt den Sport nicht weiter, wenn Frauen einseitig repräsentiert werden. Damit wird jungen Mädels suggeriert, dass man einem Schönheitsideal entsprechen muss, um im Sport erfolgreich zu sein. Ich glaube auch nicht, dass mehr Snowboards oder praktische Sportunterwäsche an Frauen verkauft werden, wenn die Models aussehen wie aus einem B-Porno.

PG: Was würdest du den jungen Mädels stattdessen gern mit auf den Weg geben? 

MM: Es ist zwar ein Klischee, aber ich möchte schon vermitteln, dass man seinen Leidenschaften folgen soll. Dass dann das Leben richtig toll ist.. Und dann würde es mir natürlich auch gefallen, wenn sich andere Mädels denken: Oh cool, die fährt stark. Das will ich auch machen.

PG: Danke für das Gespräch! Lässt du mal von dir hören während der Tour?

MM: Klar, ich poste auf meinem Blog und vielleicht gibt's ja auch den einen oder anderen Contestreport hier auf PowderGuide!

Julbo Eyewear plant im Frühjahr eine 'White Session' in Island mit Manu und Flo Orley. Wie bei den bisherigen 'White Sessions' bekommt ein(e) AmateurIn die Chance, mit den beiden Pros auf Freeride Reise zu gehen. Wer Lust drauf hat, kann sich also schon mal was Gutes für die Bewerbung ausdenken.

Fotogalerie

Ähnliche Artikel

Kommentare