Das Rucksacktragesystem war für die Testerin und den Tester eine positive Überraschung. Es ist verblüffend bequem, selbst bei langem Rücken und mit schwerer Beladung, obwohl die Rückenlänge mit gemessenen 43 cm unverstellbar und nur mäßig lang ist. Der Rucksack verfügt über schmale Schulterträger und Spannriemen, die effektiv funktionieren. Der gewichtssparende Brustriemen wirkt sehr minimalistisch, da er lediglich eine eingehängte Schnur ist. Trotz seiner etwas hakeligen Längenverstellung funktioniert er gut, und man gewöhnt sich an die Handhabung.
Der Hüftgurt ist knifflig zu schließen und lässt sich mit Handschuhen nur schwer bedienen. Positiv: Nach dem Schließen bleibt er fest und löst sich nicht, was zur Unterstützung des Tragesystems erheblich beiträgt.
Der schmale Hüftgurt und die für Airbags typische Beinschlaufe sind eng beieinander platziert und neigen dazu, sich zu verdrehen, wenn sie frei baumeln. In solchen Fällen müssen sie zunächst entwirrt werden. Dabei besteht die Gefahr, sie aufgrund ihrer ähnlichen schmalen Konstruktion zu verwechseln. Die Gurtschnalle des Hüftgurts befindet sich seitlich sehr weit außen. Wenn der Rucksack voll ist, kann es mühsam sein, die Schnalle zu erreichen, da man mit ausgestrecktem Arm dort schwer hinkommt, zumal der Rucksack sich beim Drehen des Oberkörpers mitdreht.
Das Rückenpolster hat uns überzeugt und scheint genau richtig zu polstern. Wir haben es bei der Abfahrt als sehr angenehm empfunden, sicherlich auch, da der Rucksack sehr leicht ist. Während des Aufstiegs war das Tragen auffallend unauffällig. Das Handling, zum Beispiel beim Umbau im Steilhang zur Abfahrt , war einwandfrei.
Obwohl der Rucksack flach und eher klein ist, ist der Schwerpunkt in wenig beladenem Zustand mit dem außenliegenden, immer gefüllten Sicherheitsfach weit weg vom Rücken. Hier fehlt die Möglichkeit, den Inhalt näher an das Tragesystem bzw. den Rücken zu fixieren. Aber meist ist das Hauptfach schnell voll, womit das kein Problem mehr darstellt. Sessellift-Fahrten gehen mit anderen Rucksäcken, die man komprimieren kann, trotzdem besser.
Der Rucksack verfügt über ein integriertes Helmnetz, das schnell einsatzbereit ist und mit zwei kleinen Haken verschlossen wird. Ebenso schnell kann es auch wieder verstaut werden. Zusammen mit dem Helmnetz können die untere Pickelhalterung und die untere Schlaufe des Skitragesystems verräumt werden, wodurch alles übersichtlich und organisiert verstaut ist.
Die obere Pickelhalterung ist minimalistisch, lediglich aus einem einfachen Gummizug bestehend, der jedoch seinen Zweck erfüllt.
Die Skihalterung eignet sich eher für kürzere Tragestrecken. Beim aufrechten Tragen im flachen Gelände stoßen die Fersen schnell an die Skienden. Möglicherweise ist dies bei kurzen Tourenski weniger problematisch. Das Tragen der Ski als H- oder A-Frame ist leider nicht möglich, unter anderem aufgrund fehlender Kompressionsriemen für das Hauptfach.
Das Hauptfach ist nur mit guten „Tetris“-Fähigkeiten" nutzbar, da um das Alpride-System herum und hinter Schaufel und Stiel geschickt gepackt werden muss. Eine große Thermoskanne oder ein Objektiv können da zu einer Herausforderung werden. Schlussendlich passte jedoch für eine ausgedehnte Tagestour alles hinein. Die Packliste war zwar minimalistisch, aber die Ausrüstungsgegenstände – beispielsweise das Cast-Bindungssystem, 2 m Felle für 118er Ski und eine 1,5-Liter-Flasche – waren insgesamt eher voluminös.
Das Brillen- oder Kleinteilefach besteht nur aus einem Netz und befindet sich am oberen Ende des Sicherheitsfachs. Das Risiko, eine Brille oder Goggle durch einen Schaufelstiel zu zerbrechen, ist bis dato glücklicherweise theoretisch geblieben. Es gibt ein zusätzliches kleines Fach, das sich mittig außen befindet und unterhalb des inneren Faches angeordnet ist. Jedoch passt hier wirklich nur etwas Flaches hinein, da es auf dem Schaufelblatt aufliegt (zum Beispiel eine Tafel Schokolade, die dann aber tatsächlich jeder sehen kann).
Die spartanische Ausrüstung im Hauptfach und das Alpride-System machen die Integration eines Trinksystems schwierig. Ein Walkie-Talkie mit Freisprecheinrichtung durch die Schulterschlaufe würde vermutlich passen.
Das Airbagsystem
Vorweg ein Manko, das auffällt: Das EL2-System ist mehr oder weniger nur bei leerem Hauptfach einschaltbar. Um es zu aktivieren, muss man tief im Rucksack das Gebläse-Batterie-Kondensator-System mit einem etwas fummeligen Reißverschluss freilegen. Mittels eines Drehschalters, der gleichzeitig mit der Sicherung gezogen werden muss, kann der Airbag aktiviert werden. Das System schaltet sich schwach hörbar durch ein surrendes Rauschen ein, das mit einem Klicken endet. Außen wird der Startvorgang des Systems von einem Aufleuchten der drei LEDs, das durch die schwarze Netzabdeckung sichtbar sein sollte, quittiert. Falls Unsicherheiten bestehen, beispielsweise weil das Geräusch von Schneepfluglärm übertönt wurde und die LEDs aufgrund von blendendem Morgensonnenlicht nicht wahrgenommen wurden, zeigt die Ladekontroll-LED durch blinkende Impulse in längeren Abständen den Batteriestatus in der entsprechenden Farbe an: Grün bedeutet „in Ordnung“, Gelb steht für „Zeit zum Laden“ und Rot signalisiert „Letzte Chance“. Dazu gleich mehr.
Die Sicherung des Auslösegriffs ist simpel gelöst mittels eines dünnen, sehr dehnfähigen Stoffes, der über den Griff geht. Der Griff wird freigelegt, indem ein Reißverschluss auf dem Schultergurt geöffnet wird. Das gelingt mit etwas Geduld auch mit Handschuhen. Es handelt sich um einen Rechtshänder-Rucksack. Der Griff ist in der Höhe in drei Stufen verstellbar, allerdings müssen Menschen mit größeren Schultern sich beinahe zum Ohr greifen. Die Auslösung funktioniert vermutlich nur bei geschlossener Hüftschnalle, da sich der Rucksack sonst bei der Bewegung zum Griff mitdreht und der Widerstand zum Ziehen am orangefarbenen Hebel nicht ausreicht.
Die Auslösung ist nach einer Reaktionssekunde hörbar. Das Gebläse atmet durch die kleine Netzöffnung von außen in den Airbag, mit einem „Pop“ springt der Klettverschluss über dem Reißverschluss auf und der orangene Airbag füllt sich rasch vollständig.
Der Druck lässt mit der Zeit nach. Das Nachpumpen, welches alle 2 Minuten erfolgen soll, haben wir nicht bemerkt, allerdings wurde der Druck auch nicht wirklich weniger.
Es bedarf eines geübten Handgriffs, um den Airbag zu entlüften. Der Ablassschalter unter einem Schieber muss zunächst freigelegt und dann gedrückt werden, während man mit der anderen Hand den Airbag zusammendrückt und faltet. Mit ein wenig Übung klappt das jedoch ganz gut. Jedenfalls ist mittlerweile das Zusammenlegen des Airbags intuitiv und rasch erledigt. Der Reißverschluss, der den Airbag abdeckt, befindet sich unter einer Klettverschluss-Abdeckung. Wie bei allen vergleichbaren Airbags wird bei Auslösung die nicht-hakende Verzahnung oben in der Mitte „gewaltsam“ getrennt. Zur Wiederherstellung des Ausgangszustandes muss der Reißverschluss zunächst vollständig geöffnet werden. Danach das Schiffchen zurückziehen, neu einfädeln und anschließend den Reißverschluss komplett zuziehen. Zuletzt den Klettverschluss-Patch zudrücken. Eine kleine Besonderheit, die uns auffällt, ist die pragmatische Art, wie Scott sich hier den Abschluss ausgedacht hat. Die Abschlüsse des Reißverschlusses liegen zunächst außen und werden einfach unter den Dyneema-Stoff des Airbagfaches gestopft. Mit etwas Mut geht das problemlos mit einem Finger. Schlussendlich eine überzeugende Lösung, obwohl wir erst skeptisch waren.
Konstruktionsbedingt ist das Airbagfach zwischen Tragesystem und Hauptfach, und je nachdem, wie mutwillig letzteres geschlossen wurde, springt der Abdeckreißverschluss des Airbags schon mal beim Aufsetzen des Rucksacks auf. Ein Helm im Helmnetz, der im Gedränge zur Seite gezogen wurde, reichte beispielsweise aus, um den Airbag freizulegen.
Geladen wird das System elektrisch, und zwar sehr praktisch durch eine USB-C-Buchse. Diese erreicht man durch einen der beiden zur Alpride-Einheit führenden Reißverschlüsse. Im Lieferumfang enthalten ist ein hochwertiges und aufgrund seiner Winkelform besonders praktisches USB-C zu USB-Adapterkabel. Laden am 12 V WoMo-Boardnetz hat funktioniert. Auf die übertragene Stromstärke des 12 V-Steckers habe ich nicht geachtet, aber das Laden von gelb auf grün war in 6 Stunden möglich.
Das Netzteil vom Laptop tut es aber auch. Und wie! Nach einer Ladung über Nacht, gestartet mit grünem Blinklicht, zeigte die LED-Lampe nach fünf Tagen täglicher Nutzung und sogar mit vergessenem nächtlichem Ausschalten immer noch Gelb. Danach wurde der eingeschaltete Airbag zwei Wochen lang an einem kalten, stillen Örtchen fast vergessen. Als er schließlich wieder aus- und eingeschaltet wurde, blinkte er mahnend rot. Dennoch wurden hörbar die Kondensatoren aufgeladen, und es konnte nochmals zwei Tage später bei einer Testauslösung erfolgreich der Airbag aufgeblasen werden. Ein zweiter Versuch mit der leeren Batterie ließ dann nur noch eine halbe Füllung zu, bevor die Spannung für das Gebläse zusammenbrach. Die Batterielaufzeit und Zuverlässigkeit des Auslösesystems haben uns überzeugt.