Jedes Jahr grüßen neue Varianten der Airbagrucksack-Modelle verschiedenster Anbieter. Dabei wird leider nicht immer klar, ob es sich nur um kosmetische Verbesserungen oder sinnvolle Weiterentwicklungen handelt. Ein Trend, der inzwischen auch bei den Airbag-Rucksäcken angekommen ist, ist dabei die Gewichtsreduktion. Auch bei Snowpulse dachte man in diese Richtung und hat mit dem Lite 35 einen gewichtsoptimierten Rucksack heraus gebracht, der sich mehr auf den Einsatz abseits der Infrastruktur gut erschlossener Skigebiete konzentriert.
Der neue Snowpulse Lite mit der bekannten Head-on-Top Technologie versucht dabei mit ca. 2 kg (ohne Patrone) speziell Wintersportler anzusprechen, die Wert auf ein geringes Gewicht ihrer Ausrüstung legen. Für mich passt dieser Rucksack optimal in die Lücke zwischen dem Snowpulse Modell Guide 30 und dem Tour 45. Bei Aufstiegen jenseits der 1000 Hm wird das hochzuschleppende Gesamtgewicht auch für mich immer zentraler. Denn ich möchte für die Abfahrt noch genügend Kraft für lange genussvolle Turns haben.
Die Ausführung des Snowpulse Lite 35
Wenn man von Snowpulse die Modelle Guide 30 oder Tour 45 kennt, dann spürt man beim ersten Anheben des Rucksacks, dass der Snowpulse Lite 35 unter seinen Kollegen zu den Leichtgewichten zählt. Das erste Mal in der Hand, wirkt die Verarbeitung des Bags sehr filigran. Dieses Modell kommt in der klassischen Ausführung mit Deckelverschluss und einem röhrenförmigen Gepäckfach. Im Innenraum gibt es ein separates Fach zum Verstauen von Sonde und Schaufel. Der Deckel besitzt innen und außen je ein kleines Fach mit Reißverschluss. Die Röhre kann sowohl von unten als auch von oben, allerdings nur auf einer Seite, geöffnet werden. Seitlich außen befinden sich Einschubtaschen, die nicht verschlossen werden können.
Ski und Snowboard können vertikal vor dem Rucksack befestigt werden, für Ski gibt es auch eine diagonale Halterung. Ich persönlich bevorzuge die seitliche Tragweise für meine Ski mittels Kompressionsriemen; auch wenn damit der Airbag in seiner Entfaltung gehindert wird, oder im Extremfall sogar beschädigt werden kann. Weiterhin gibt es eine Eispickelhalterung. An der Innenseite befindet sich eine Lasche, an der ein Getränkebeutel eingehängt werden kann. Der Trinkschlauch wird über das Röhrenfach und unter dem Deckel herausgeführt. Eine integrierte Schlauchisolation fehlt.
Der Airbag im Einsatz
Beim Hochheben zum Umhängen des Rucksacks fällt mir bei meiner Standardfüllung (Erste-Hilfe-Set, Wechselkleidung, Felle, Trinkflasche, Snack und DSLR) das doch deutlich leichtere Gewicht im Vergleich zu anderen Rucksäcken auf. Der Rucksack sitzt sehr komfortabel und trägt sich angenehm über den ganzen Tag. Das neue Inflation System 2.0 ist ebenfalls leichter, dafür besitzt es kein Manometer. Die Kartusche muss nun wie bei anderen Airbag-Konzepten über das Gewicht geprüft werden.
Beim Guide 30 habe ich moniert, dass sich der Brustgurt über den Tag lockert. Beim Lite 35 wurde der Brustgurt meiner Ansicht nach modifiziert, da er nun den ganzen Tag seine Position hält. Möchte man mal nur Variantenfahren, lässt sich das Volumen des Rucksacks durch Straps einfach verringern und ermöglicht somit die bequeme Nutzung von Sesselliften ohne ihn abzusetzen; auch wenn er klar nicht auf diesen Einsatz als Hauptzweck abzielt. Dafür bietet der Rucksack ausreichend Platz, um auch mehrtägige Touren zu unternehmen. Angenehm empfand ich bei längeren Aufstiegen die Möglichkeit, die Trinkflasche in einer Außentasche verstauen zu können. Dies ermöglicht einen schnellen Zugriff ohne den Bag öffnen zu müssen.
Zusammenfassend bietet der Rucksack trotz allem "Gewichtsfetischismus" eine Reihe von sinnvollen Features, was wiederum bedeutet, dass kompromisslose Gewichtsreduktion nicht der alleinige Anspruch im Lastenheft dieser Rucksackentwicklung war. Vielmehr wollte man scheinbar einen multifunktionellen, gewichtsoptimierten Rucksack erschaffen, der auf der Seite der Funktionalität nicht allzu viele Abstriche machen muss.
„Es is ned alles Gold was glänzt"
So nett einige Features sind, so hat dieser Airbag auch seine Schwächen. Mir fehlt besonders eine Hüfttasche, Laschen am Hüftgurt für Karabiner zur Befestigung von Handschuhen, Kompass oder anderem Kleinzeug oder eine Helmhalterung. Die Organisationsmöglichkeiten des Innenfachs lassen etwas zu wünschen übrig, da für meinen Geschmack zu wenig Material in Kleinfächern getrennt werden kann. Besonders beim Variantenfahren, wo man z.T. mehrere kurze Aufstiege mit Fellen macht, ist eine schnelle Umorganisation (Felle raus, Kleidung rein) hilfreich und spart Zeit. Bei Letztgenanntem handelt es sich sicherlich um persönliche Präferenzen und man kann darüber streiten, ob dies alles moniert werden sollte. Allerdings ist Stauraum für Sonde und Schaufel nicht ideal gelöst und dabei sollte immer ein Hauptaugenmerk gelegt werden. Um an die Geräte zu gelangen muss zuerst der Deckel und dann noch ein innenliegender Reißverschluss geöffnet werden, welcher u.U. vom Gepäck verdeckt wird. Der filigrane Ersteindruck hat sich leider an der ein oder anderen Stelle bestätigt. Mir ist eine Verschluss-Schnur gerissen und aufgrund des fehlenden Kantenschutzes bei der seitlichen Skitrageweise nützt sich das Material an den Kontaktstellen rasch ab.
Fazit
Der Snowpulse Lite 35 zielt deutlich auf eine Gewichtsreduktion ab und stellt nicht einfach nur einen mittelgrossen Rucksack zwischen Guide 30 und Tour 45 dar. Mit über einem halben Kilo Gewichtsvorsprung auf sowohl den grossen als auch kleinen Bruder fällt diese Abspeckkur auch deutlich aus. Sowohl auf Seiten der Funktionalität als auch der Haltbarkeit muss man hierfür Abstriche in Kauf nehmen oder es muss robusteres, gleichgewichtiges Material verbaut werden. Für Wintersportler, die gerne längere Aufstiege unternehmen und für die ihr Ausrüstungsgewicht eine Rolle spielt, könnte es ein Produkt der engeren Wahl sein. Sind doch die Kompromisse zwischen Trauma- und Lawinenschutz auf der einen Seite und gewichtsoptimierter Tourenausrüstung auf der anderen damit einen guten Schritt kleiner geworden.
Vor- & Nachteile
+ Head on Top Technology
+ sehr angenehm zu tragen
+ die Gewichtsreduktion ist im Vergleich zum Guide 30 L deutlich spürbar
+ neues Inflation System 2.0 hat deutlich weniger Volumen und Gewicht
+ seitliche Außentaschen beim Touren sehr angenehm (z.B. Trinkflasche
+ einfache Kompressionsmöglichkeit um das Volumen vom Rucksuck zu verringern
- relativ schneller Verschleiß an beanspruchten Stellen
- wenig Möglichkeiten zur Organisation des Hauptfachs
- etwas umständlich Zugriff auf Sonde und Schaufel
Produktdetails
UVP: € 700 EUR (inkl. Kartusche)
Gewicht: 1.950-2.200 g (ohne Kartusche)
Volumen: 35 Liter
Verfügbare Größen: M/L
Farbe: schwarz
Material: Cordura 100D, Spandex 6.6, ITW Nexus Cyberian Schnallen und Cam Lock Buckles
röhrenförmiges Hauptfach mit seitlichen, sebstsichernden Reissverschlüssen
verstärktes Fach für Schaufel & Sonde
ergonomischer Bauchgurt
Deckelfach mit 2 Taschen
verstaubare, vertikale Ski- & Snowboardhalterung
diagonaler Skiträgergurt
seitliche Kompressionsgurte
Eispickelhalterung
Trinksystemkompatibel