PG: Moritz, ist der Wintersport, so wie er heute ist und betrieben wird, noch zeitgemäß?
MN: Gute Frage. ich muss mit Jein antworten. Viele Skigebiete weigern sich nach wie vor, die Problematik anzuerkennen und zu akzeptieren, aber auf der anderen Seite gibt es ganz, ganz viele positive Beispiele. Deshalb denke ich, dass der Wintersport im Großen und Ganzen schon zeitgemäß ist.
Ich glaube, dass sehr viel an der Community selbst hängt und dass wir uns als Endverbraucher und Endverbaucherinnen an der eigenen Nase nehmen und uns informieren müssen. Denn allein 70 Prozent der Emissionen an einem herkömmlichen Skitag entstehen durch die An- und Abreise. Und da liegt es einfach an uns, so gut es geht öffentlich in die Skigebiete zu kommen. Dann ist Skifahren nicht einmal mehr annähernd so schädlich wie das viele glauben.
Würdest du, ähnlich wie der DAV es tut, dafür plädieren, länger Urlaub in den Bergen zu machen und weniger Tagestouren zu unternehmen?
Auf jeden Fall. Ich habe die Zahlen jetzt nicht auswendig im Kopf, aber ich habe kürzlich eine interessante Statistik gesehen, wo die Nächtigungen seit 2005 in Tirol insgesamt um 6 Prozent gestiegen sind, aber die An- und Abreisen von Tagestouristen über 20 Prozent. Das zeigt, dass die Urlaube immer kürzer werden und dafür fährt man einfach viel öfter hin und her. Der einwöchige Familienskiurlaub wird anscheinend immer seltener.
Würdest du sagen, dass der Wintersport in gewisser Weise gefährdet ist?
Der Wintersport ist ganz klar gefährdet. Dazu braucht man sich nur die Zahlen anschauen: Wenn wir so weitermachen wie bisher, dann gibt es in Österreich bis ins Jahr 2100 nur noch 50 Prozent der Gletscher. Bis alle weg sind, wird es dann nur eine Frage der Zeit sein. Ein Skigebiet in Niederösterreich hätte jetzt schon geschlossen werden sollen, weil die Schneesicherheit nicht mehr gegeben ist und es nicht mehr rentabel ist, da unter den warmen Temperaturen auch kein Kunstschnee mehr erzeugt werden kann. Länder und Regionen wie Österreich, die Schweiz, Südtirol oder Süddeutschland müssen daran interessiert sein, diese Entwicklung aufzuhalten. Vor allem Österreich als die Skination schlechthin muss mit gutem Beispiel voran gehen. Das beginnt mit denen, die direkt davon betroffen sind – Skigebiete und Industrie.
Ist das auch der Grund, warum sich Protect our Winters für die Zukunft des Wintersports einsetzt?
Wir sind nicht ganz uneigennützig und wollen den Winter natürlich auch deswegen schützen, weil wir unsere liebsten Hobbys schützen wollen. Wir alle lieben das Skifahren und Snowboarden und das möchten wir auch noch unseren Kindern und Enkelkindern bieten können.
Wie sehen dabei die konkreten Ziele von POW Austria aus?
Wir haben ganz unterschiedliche Ansätze: In der Vergangenheit wollten wir vor allem Bewusstsein schaffen, was konkret bedeutet, dass jede Einzelne und jeder Einzelne etwas dazu beitragen kann. Mittlerweile sind wir bei politischen Kampagnen angekommen und da stehen gerade noch einige große Entscheidungen an, die die Österreichische Bundesregierung betreffen. Aktuell wird die ökosoziale Steuerreform mit einer CO2-Steuer diskutiert, aber auch das Österreichische Klimaschutzgesetz, das seit über einem Jahr ausständig ist, weil es 2020 ausgelaufen ist. Dieses Gesetz wird auch für unsere Arbeit die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen.
Konkrete Maßnahmen von uns sind zum Beispiel ein offener Brief, in dem wir Unterschriften von nahezu allen relevanten Unternehmen aus der Wintersportbranche, von Kästle über Atomic, Fischer, Hagan, Scarpa Österreich, Blue Tomato bis Burton, gesammelt haben und in dem wir gemeinsam von der Bundesregierung ein ambitioniertes Klimaschutzziel fordern. Allen voran mindestens 65 Prozent Reduzierung der CO2-Emissionen bis 2030 als Zwischenziel, um dann auch wirklich, so wie die Regierung das geplant hat, bis 2040 klimaneutral zu werden. Das ist natürlich ein begrüßenswertes und sehr ambitioniertes Ziel der Regierung, aber mit den aktuellen Maßnahmen nicht annähernd erreichbar.