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Schneegestöber

SchneeGestöber 6 2019/20 | Abbauende & Aufbauende Metamorphose einfach erklärt

Welche Umwandlungsprozesse passieren in der Schneedecke?

von Stefanie Höpperger 28.12.2019
Schon auf dem Weg von der Wolke zum Boden beginnen Schneekristalle, sich zu verändern. Vielleicht ist eine Luftschicht wärmer und der Kristall taut etwas an, oder mehrere Kristalle kleben zu großen Flocken zusammen. Ist es windig, brechen die feinen Verästelungen der Kristalle ab. Am Boden angelangt, kehrt nicht etwa Ruhe ein - dann beginnt die Veränderung erst recht. Für Skifahrer entscheidend sind die abbauende und die aufbauende Umwandlung:

Abbauende Metamorphose (Umwandlung) auch Sintern genannt: Vom Neuschnee zu filzigen Kristallen bis hin zum kleinen runden Korn.

Wenn ein Schneekristall in seiner ursprünglich sechseckigen, noch ganzen Form sanft zu Boden fällt, liegt es am physikalischen Bestreben der Natur, seine Oberfläche zu verkleinern. Dies passiert mit der abbauenden Umwandlung. Wie schnell der Prozess verläuft, hängt von der Temperatur und dem Druck ab. Je höher Druck (Schneelast) und Temperatur sind, umso schneller schreitet die Umwandlung voran.

Der sechseckige Schneekristall mit seinen konkaven (Einbuchtungen, Vertiefungen) und konvexen (Spitzen, Rücken) Formen fängt an, seine Äste und Spitzen abzubauen, um klein und rund zu werden.

Dies sieht wie folgt aus:

Da eine ungleichmäßige Verteilung von Kristallen und Wassermolekülen im Neuschnee zu einem Druckunterschied führt, beginnen Moleküle zu wandern (viele Moleküle bilden in Summe einen Schneekristall). An den Einbuchtungen der Neuschneekristalle können sich andere Schneekristalle verästeln, die Spitzen des Kristalls hingegen haben Schwierigkeiten, sich zu verbinden. Der Wasserdampfdruck über konvexen Formen ist größer als bei konkaven Formen. Durch diesen Druckunterschied sublimiert (Übergang von fest zu gasförmig) Eis an den Spitzen und wandert als Wasserdampf zu den Einbuchtungen, um sich dort wieder als Eis abzulagern.

Durch diesen Prozess – auch Sintern genannt - wird die Bindung zwischen den Kristallen verstärkt. Sintern beschreibt das Zusammenrücken und kleiner Werden der einzelnen Kristalle als Folge der abbauenden Umwandlung. Der Porenraum wird kleiner und damit befinden sich auch weniger Lufteinschlüsse in der Schneeschicht. Außerdem wird dadurch der Kristall kleiner und runder, und die Kristalle können näher zueinander rücken. Durch das Sintern tritt die Setzung der Schneedecke ein und somit eine Abnahme der Schneehöhe. Folge: Zunahme von Dichte und Festigkeit des Schnees.

Bei der abbauenden Umwandlung kann kurzfristig ein Festigkeitsverlust vor allem beim Übergang vom Neuschneekristall zum filzigen Kristall auftreten. Die Neuschneekristalle sind miteinander gut verzweigt, durch den Übergang zum filzigen Kristall gehen diese Verbindungen jedoch teilweise verloren, da der Neuschneestern seine Äste abbaut und Stifte (Filz) überbleiben. Diese Stifte können sich nicht mehr optimal verästeln.

Wenn die abbauende Umwandlung länger voran schreitet, gewinnt der Schnee auch an Bindung, was wiederum eine der Voraussetzungen für ein Schneebrett ist. Wenn dann noch eine störbare Schwachschicht (in den Schichten darunter) vorhanden ist, steigt die Lawinengefahr an. Je nach Temperatur handelt es sich dabei allerdings nur um ein paar Tage nach dem Schneefall.

Sowohl frischer Neuschnee als auch filziger Schnee können eine Schwachschicht bilden wenn es mit Windeinfluss darauf schneit, oder wenn sie von Triebschnee überlagert werden.

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Aufbauende Metamorphose: Wie entstehen kantige Kristalle, Schwimmschnee, Facetten?

Die aufbauende Metamorphose ist der Prozess vom runden Korn zu kantigen Kristallen bis hin zum Becherkristall (Schwimmschnee). Der Kristall fängt wieder an zu wachsen.

Ausschlaggebend dafür ist der Temperaturgradient (Temperaturunterschied) in der Schneedecke. Je größer der Gradient, umso schneller und stärker läuft der Prozess der aufbauenden Umwandlung ab.

Schnee ist ein guter Isolator und somit herrscht am Boden eine konstante Temperatur von ca. 0°C. Die Schneeoberfläche hingegen kann stark in der Temperatur variieren und etwa durch die Abstrahlung (Energieaustausch mit der Atmosphäre) sehr tiefe Temperaturen erreichen. Umso größer dieser Temperaturunterschied zwischen Boden und Oberfläche ist und je geringer die Schneehöhe ist, desto stärker und schneller schreitet die Umwandlung voran.

Wenn wir eine homogene Schneedecke mit einem sehr geringen Temperaturgradienten haben, erfolgt keine aufbauende Umwandlung, sondern die abbauende Umwandlung.

So funktioniert die aufbauende Umwandlung:

Da es am Boden wärmer ist, enthält die Luft dort mehr Wasserdampf als die kälteren Schichten darüber. Der Wasserdampf steigt auf und kristallisiert (Deposition= Umwandlungsprozess von gasförmig zu fest) sich an der Unterseite kälterer Kristalle wieder als Eis. Das Korn fängt nach unten an zu wachsen. Es bilden sich kleine kantige Kristalle, die in Folge immer facettenreicher und größer werden, bis schließlich der Becherkristall (Schwimmschnee) zustande kommt.

Zur Deposition findet gleichzeitig eine Sublimation (fest zu gasförmig) statt. An der wärmeren Oberseite des Kristalls – auf der sich die neuen Kristalle festsetzten - bildet sich wieder Wasserdampf, steigt zu den Kristallen darüber auf und kristallisiert erneut als Eis am nächst höheren. Somit setzt sich der Vorgang von Kristall zu Kristall immer weiter fort und kann dadurch mehrere Zentimeter aufbauend umwandeln.

Vorwiegend bilden sich kantige Kristalle am Boden. Das stellt das klassische Altschneeproblem dar: Ein Fundament aus nicht miteinander verbundenen Becherkristallen (Schwimmschnee), das von kompakteren, gebundenen Schichten überlagert wird und meist großflächig verbreitet ist. Die perfekte Kombi für ein Schneebrett!

Wenn allerdings in höheren Schichten der Temperaturgradient auf kurzer Distanz der Schneedecke groß ist, beginnt auch dort die aufbauende Umwandlung. Das passiert unter Krusten, aber auch an der Schneeoberfläche, wobei das nicht mit Oberflächenreif zu verwechseln ist. Dieser entsteht zwar auch durch einen Prozess, der der aufbauenden Umwandlung ähnelt, aber der Wasserdampf kommt von der Umgebungsluft und setzt sich durch Deposition an der Oberfläche fest.

Aufbauende Umwandlung wirkt sich großteils negativ auf die Lawinengefahr aus und hat meistens einen Anstieg dieser zur Folge. Es gibt aber auch hier Ausnahmen. Zum einen, wenn die ganze Schneedecke aufbauend umgewandelt ist, denn dann ist es wieder eine homogene Schneedecke, die weder ein gebundenes Schneebrett noch eine Schwachschicht aufweist (beides braucht eine Lawine). Zum anderen, wenn sich an der Schneeoberfläche kantige Kristalle oder auch Oberflächenreif bilden. Beide Formen eigenen sich super zum Skifahren.

Wenn diese allerdings eingeschneit werden, stellen sie eine überaus kritische Schwachschicht dar! Vorsicht!

Zusammenfassung

Die abbauende Umwandlung macht die Schneedecke kompakt und stabil. Die Schneekristalle werden klein und sind untereinander gut verbunden, es befinden sich wenig Lufteinschlüsse darin und der Temperaturgradient ist homogen bzw. weist nur einen geringen Unterschied auf.

Bei der aufbauenden Umwandlung hingegen werden die Kristalle größer und weisen eine schlechte bis gar keine Bindung auf. Es sind viele Lufteinschlüsse vorhanden und je größer der Temperaturgradient ist, umso stärker schreitet sie voran.

Die Schneestöberin wünscht allen einen guten Rutsch und ein gesundes neues Jahr 2020!

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