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SpotCheck | Skistädte in der Steiermark

Lohnende Ziele im Land hinter den 7 Bergen

von Helmut Gassler 25.03.2023
Aus Sicht der Skifahrenden in Deutschland oder der Schweiz liegt die Steiermark irgendwo im Osten der Alpen versteckt. Abseits vom Massentourismus bieten kleine steirische Talorte ein Paradies für Ski in/ Ski out-Touren mit gemütlichen Unterkünften. Von einfachen Einstiegstouren bis zu steilen Rinnen gibt es für alle spannende Optionen. Eine Empfehlung!

Der Dachstein (2994m), der höchster Berg der Steiermark, der natürlich auch in der Landeshymne vorkommt, und seine steirischen Talorte Ramsau und Schladming sind noch über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Auch die Tauplitz kann nicht nur stolz von sich behaupten, zu den traditionsreichsten, größeren Skigebieten Österreichs zu zählen, sondern genießt auch außerhalb Österreichs einen gewissen Bekanntheitsgrad.

Dann aber beginnt der nicht-touristische Nebel das Land und die Berge zu umhüllen und zumindest aus der Entfernung betrachtet scheint eine "Skiwüste" zu herrschen. Dem ist nicht ganz so. Im Gegenteil ist doch die Steiermark eine Wiege des alpinen Skilaufs - zumindest in den österreichischen Alpen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren es zwei Steirer, der Grazer Fabrikdirektor Max Kleinoschegg und der Hotelier Toni Schruf aus Mürzzuschlag, die mit Skiern erstmals im Jahr 1892 einen "echten" alpinen Berg, das Stuhleck mit 1782m bestiegen haben. Folgerichtig entwickelte sich auch in unmittelbarer Nähe das erste "mondäne" Skizentrum Österreichs, der Retortenort Semmering, der im frühen 20. Jahrhundert die Reichen und Schönen der k.u.k. Monarchie auch im Winter in die Berge lockte.

Es war naheliegend, dass sich der Skilauf in der Steiermark ausgehend von diesem Innovationszentrum rasch in die anderen Gebirgsgruppen ausbreitete. Selbst hochalpine, auf den ersten Blick abweisende Bergmassive wie der Hochschwab (2277m) waren bald begehrte Ziele der frühen Skibergsteiger. Die gute verkehrliche Anbindung der steirischen Haupttäler mit ihren städtischen Zentren, die aufgrund ihrer Industrialisierung früh einen Eisenbahnanschluss aufwiesen, waren die natürlichen Hot Spots dieser Entwicklung.

Aber diesmal wollen wir dem Alpenostrand Adé sagen und uns den "richtigen" Berggruppen in den Zentralalpen zuwenden. Hier finden sich im sogenannten Palten-Liesing-Tal die zwei uralten Städtchen Rottenmann (681m) und Trieben (708m), die zwar nur ungefähr 15 km voneinander entfernt sind, aber jeweils durchaus eigene Tourenskigebiete in ihrem Hinterland aufweisen.

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Rottenmann

Mit knapp über 5000 Einwohner:Innen ist Rottenmann definitiv eine Kleinstadt, aber immerhin mit eigenem Landeskrankenhaus, einem großen Industrieunternehmen (das in einigen Nischen sogar Weltmarktführer ist) und einem Bahnhof, der mit dem gefühlt längsten Bahnsteig der Welt aufzeigt. Zudem punktet das historische Städtchen - erste Erwähnung um 947! - mit einer reizvollen, historischen Altstadt mit interessanten Gebäudeensembles sowie der nahegelegenen Burg Strechau, immerhin die zweitgrößte Burg der Steiermark! Allerdings leidet auch in Rottenmann die Innenstadt als vormals wirtschaftliches und gesellschaftliches Zentrum unter dem weit verbreiteten Phänomen, dass es mittlerweile überall autogerechte Gewerbe- bzw. Shoppingzonen an den Stadträndern gibt. Immerhin bietet Rottenmann einen hervorragenden Fleischhauer (= Metzgerei), eine Bäckerei sowie eine großartige Konditorei mit sehr geschmackvollen Leckereien, gutem Kaffee und kleinen Imbissen.

Aber uns interessieren ja eher andere Werte bzw. Merkmale. Hier kann dieses Städtchen mit etwas bemerkenswerten punkten. Zunächst scheint es unvorstellbar, wenn man z.B. am Bahnhof aussteigt oder mitten am Stadtplatz steht und auf die stark bewaldeten Berghänge hinaufschaut. Aber tatsächlich bietet Rottenmann Ski in/Ski out Möglichkeiten! Vor allem, wenn man die richtige Unterkunft gewählt hat. Das kleine Gasthaus "Zum Stadtwald" liegt beispielsweise direkt am Ausgangs- und Endpunkt von einigen der besten Touren Rottenmanns. Wir haben die Ski bei unserem Aufenthalt Anfang März vorigen Jahres (2022) erst am hauseigenen Parkplatz abschnallen müssen.

Von hier aus sind die Berge Hochhaide (2363m) und Stein am Mandl (2043m) rund um die im Winter nicht bewirtschaftete Rottenmanner Hütte (1649m) als ausgedehnte Tagestouren möglich. Bei der Hochhaide handelt es sich um einen ganz großen Skiklassiker der Steiermark, den schon das Wiener Bergsporturgestein Hans Schwanda in seinem Skibuch "Skiglück vom Wienerwald bis zum Dachstein" (1965) beschrieb. Dabei handelt es sich um eine alpine (die letzten Meter über kurze, drahtseilgesicherte Felsstelle zu Fuß zum Gipfel), mittelschwere Skitour mit schönen, steilen Hängen im oberen Teil, gefolgt von traumhaften Hängen im lockeren Lärchenwald, sehr langen Forststraßenstrecken weiter unten und schönen Skiwiesen (inklusive kleinem Skilift) im allerletzten Teil zurück bis direkt vor die Haustür des Gasthofs.

Neben dieser Standardvariante (die sogar vereinzelt noch eine jahrzehntealte Skitourenmarkierung aufweist) gibt es rund um die Hochhaide auch einige extreme Varianten, die im Buch von Pichler/Pichler/Kolland: Ski Extrem Guide zu finden sind.

Stein am Mandl ist ein eigenständiges Gipfelziel, wobei der untere Forststraßenanstieg mit dem Anstieg zur Hochhaide ident ist. In weiterer Folge wird über die Spitalalm und den Nordostgrat bis zum Gipfel aufgestiegen (eine kurze Felsstufe zu Fuß, Ski für die Abfahrt mitnehmen!). Neben der Aufstiegsroute (oben sehr weitläufige Auswahl von verschiedenen Hängen, rinnenartigen Mulden im Bereich der Spitalalm) gibt es auch eine Abfahrtsmöglichkeit über den Nordwestrücken (Rossboden) sowie diverse nordseitige, steilere und direkte Rinnen vom Grat oberhalb der Spitalalm.

Beide Ziele benötigen sichere Verhältnisse, insbesondere für die steileren Varianten!

Ein anderes eigenständiges Tourenziel direkt von Rottenmann (man kann quasi vom Bahnhof losgehen) ist das Dürrenschöberl (1737m). Die unteren Hänge sind leider südexponiert. Im Mittelteil ist viel Wald, nur weiter oben findet man schöne Almhänge und lichte Wälder. Ich habe diese Tour vor Jahren mit Schneeschuhen gemacht, mir sind aber dabei etliche Skispuren aufgefallen und ich habe Skitourengeher:Innen angetroffen.

Neben diesen direkten "Hausbergen" Rottenmanns finden sich zahlreiche Skitourengebiete rund um das kleine Städtchen. Zu den nächstgelegenen zählen zum Beispiel die Kaiserau (1130m), wo es auch ein kleines Skigebiet mit zwei Schleppliften gibt. Dort findet man den Lahngangkogel (1778m), der trotz seines Namens ein perfektes Schlechtwetterziel/ Ausweichziel bei angespannter Lawinensituation darstellt. Es finden sich hier auch schöne, steilere Varianten im Wald auf der Nordseite, die lange guten Pulver haben. Bei Rottenmann findet sich auch die Abzweigung nach Oppenberg (1052m), eine kleine Ortschaft inmitten der Rottenmanner Tauern, die als Ausgangspunkt für mindestens ein Dutzend Touren unterschiedlichster Schwierigkeitsgrade und Expositionen dient.

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Trieben

Ungefähr 15 Kilometer von Rottenmann talaufwärts Richtung Schoberpass (849m) liegt das kleine Industriestädtchen Trieben (3344 Einwohner:Innen). Auch Trieben kann auf eine reiche und lange Geschichte zurückblicken mit der ersten urkundlichen Erwähnung um 1130. Triebens dominantes Wahrzeichen ist aber moderneren Ursprungs und stammt aus dem Jahr 1975: Der weithin markante Zentralkamin ("Langer Ernst") der RHI AG (ehemals Veitscher Magnesitwerke). Hier wurde noch bis Anfang der 1990er Jahre das oben in Hohentauern geschürfte Magnesit weiterverarbeitet. Heute werden feuerfeste Steine für die Industrie hergestellt. Ein weiteres großes und bedeutendes Industrieunternehmen stellt Beschläge für Türen und Fenster her. Aber auch in Trieben interessieren uns mehr die Skimöglichkeiten, wir suchen Powder und keinen Arbeitsplatz! 

Anders als in Rottenmann gibt es in Trieben keine Ski in/Ski out Möglichkeiten. Der Großteil der umfangreichen Tourenoptionen ist nur mittels PKW oder Taxi erreichbar. Zuerst aber der Hinweis auf das kleine Alpinskigebiet "Moscher" oben in Hohentauern. Vier Schlepplifte zwischen 1200 und 1800m sorgen hier für überraschend abwechslungsreiche Pisten, es gibt eine dezidierte unpräparierte Variante und – in begrenztem Ausmaß – Freeride-Möglichkeiten im nordseitigen Steilwald unterhalb des Gipfellifts. Bei Schlechtwetter und schlechter Sicht hat man somit in Trieben lohnende Optionen.

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Die umliegenden Tourengebiete sind jeweils sehr umfangreich und für jedes einzelne lohnt sich die Anreise! Beginnen wir mit dem Tourengebiet um Hohentauern (1274m), dem kleinen, ehemaligen Bergbauort direkt an der Passhöhe. Paradeskiberg Nummer eins ist hier – bis weit in den späten Frühling hinein – der große Bösenstein (2448m). Die Hauptroute von der Edelrautehütte (1706m, PKW-Zufahrt auf Mautstraße bis ca. 1680m) ist auch für das breite Publikum zumutbar, eine fordernde steilere Variante stellt die "rote Rinne“"dar (bis knapp 40 Grad). Sie liegt aber durchaus noch im "handelsüblichen" Bereich. Die Nordrinne hingegen weist ein anderes Kapitel auf und wird folgerichtig auch im vorhin erwähnten "Extrembuch" als "Extremabfahrt" beschrieben.

Auch die anderen Touren rund um Hohentauern sind der Kategorie leicht bis mittel zuzuordnen. Berühmt ist der Bruderkogel (2299m) mit seinen weiten, makellos weißen Flanken. Die Nordabfahrt vom benachbarten Schüttnerkogel (2170m) durch das Gamskar ist hingegen ein Geheimtipp und bei entsprechenden Verhältnissen ein einziger Pulvertraum.

Das Hauptskigebiet von Trieben ist jedoch das Triebental, ein kleines Seitental, das etwas unterhalb der Passhöhe abzweigt und uns direkt nach Süden zum Alpenhauptkamm leitet. Dieses kleine Tal hat es in sich, was die Zahl und die Vielfalt (von sehr leicht bis schwierig) an Tourenmöglichkeit betrifft. 

Ganz am Ende des Tales befindet sich mit dem Almgasthof Bergerhube (1198m) sogar eine entsprechende Infrastruktur (Restaurant, Nächtigungsmöglichkeit) für Ski in/Ski out. Das Gasthaus Braun im vorderen Talbereich mit wiederum eigenen Skitourengebiet hat mittlerweile leider geschlossen. Es erweist sich als schwierig, einzelne Touren aus dem umfangreichen Programm herauszupicken. Erwähnt werden soll daher nur der Triebenkogel (2055) mit leichten Touren, der Kerschkern (2226m) mit mittelschweren und die optisch alles dominierende Gamskögel (2386m) mit ihren extrembuchgewürdigten Nordrinnen ("Direkte", "Prinzessinnenrinne").

Das dritte Skitourengebiet von Trieben ist die Liesing, erreichbar auf einer schmalen Bergstraße, die hinter dem Schoberpass nach Süden abzweigt. Die öffentlichen Parkplätze befinden sich auf ca. 1040m. Von hier aus erreicht man eine Reihe von Zielen mit Abfahrten unterschiedlicher Expositionem, wie zum Beispiel den Gr. Schober (1895m) (südseitig) oder den Griesmoarkogel (2003m) (nordostseitig). Das ehemalige Gasthaus Beisteiner ist leider nicht mehr in Betrieb (bzw. nur als Bergbauernhof).

Als viertes Tourengebiet wäre noch der Bereich rund um Wald am Schoberpass zu nennen, von wo aus sich einige der bekannten Gesäuseziele (z.B. Leobner, 2036m) auch von Süden ersteigen lassen.

Neben dem Alpinskigebiet Hohentauern bietet die Kaiserau - die Straße zweigt direkt in Trieben ab - mit ihren zwei Schleppliften und der Tourenmöglichkeit zum Lahngangkogel eine Ausweichmöglichkeit bei Schlechtwetter.

Fazit

Die vorgestellten Städtchen und deren Gebiete sind weit weg vom Massentourismus. Oft ist es gar nicht so einfach, Nächtigungsmöglichkeiten zu finden. Bei unserem Besuch voriges Jahr in Rottenmann Anfang März waren wir zunächst die einzigen Gäste im kleinen Gasthaus Stadtwald. Später füllte sich dann das Haus, da sich Arbeiter auf Montage einquartierten. Auch bei unseren Touren ging es einsam zu. Letztlich trafen wir dann aber bei jeder Tour zumindest einen weiteren Tourengeher. Am Nachmittag haben wir uns meist bei der Einkehr beim Wirt wieder getroffen. Hier tickt die Skiwelt anders! Es gibt – außer an Wochenenden, wenn  auch aus Graz Skifahrer:Innen von außen kommen – keinen Skitourismus im eigentliche Sinne. Diese Exklusivität erkauft man sich mit Tourenzielen, die außerhalb der Region nur wenige kennen. Wer statt bekannter Gipfel Einsamkeit, Spaß im Powder und vielleicht auch die Herausforderung am Berg sucht, wird in der Steiermark fündig!

Interessante Links für mehr Informationen: 

Buchtipp: Ski Extrem Guide

Ski Extrem Guide

Gasthaus zum Stadtwald

Triebenerhof

Bergerhube

Ski-Hohentauern

Fotogalerie

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