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WetterBlog 8 2016/17 | Schnee und Luftverschmutzung?

Außerdem: wie wird das Wetter?

von Lea Hartl 20.12.2016
Gleich von mehreren Seiten ereilte den WetterBlog in den letzten Tagen die Frage: Macht dreckige Luft mehr Schnee? (Grund dafür war dieser ORF Artikel.) In der Frage schwingt natürlich eine zweite, unausgesprochene, nicht ganz ernst gemeinte Frage mit: Sollte ich vielleicht hin und wieder über Nacht den Automotor laufen lassen? Wir könnten ja auch die Luftfilter der Industrieanlagen wieder ausbauen, oder alle auf einmal den Laubhaufen im Garten verbrennen, und vielleicht noch ein paar Autoreifen ins Feuer schmeißen! Außerdem: Wie wird das Wetter?

Aktuelle Lage und Aussichten

Die Dauerhochdrucksuppe ist etwas in Bewegung geraten und zumindest im Südwesten hat es in den letzten Tagen auch recht ergiebig geschneit. In den Mittelmeerländern (sowohl nördlich als auch südlich des Mittelmeers!) ist es generell ziemlich nass und in den letzten Tagen gab es sogar in der Sahara ein paar Schneeflocken. Verantwortlich ist das Mittelmeertief, das auch den aktuellen Alarm ausgelöst hat, beziehungsweise weiter im Osten (in diesem Fall Osten im Sinne von Türkei, nicht Osten im Sinne von Salzburg) die Rückseite des dortigen Tiefs und die Kaltluft dahinter.

Das Mittelmeertief aus der Vogelperspektive:
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In den Nordalpen ist es unverändert trocken, die letzten beiden Tage waren dank des Mittelmeertiefs vielerorts föhnig. Heute (Mittwoch) und morgen dürften im gesamten Alpenraum (oberhalb des Hochnebels) sehr sonnig verlaufen, dann nähern sich aus Norden ein paar Wolken, aus denen in den Ostalpen eventuell auch ein paar Flocken fallen – das ist aber noch unsicher und der ersehnte Nordstaudump ist es sowieso nicht. Spannend werden die Weihnachtsfeiertage (Sonntag/Montag) auf den Britischen Inseln. Hier nähert sich ein beeindruckendes Sturmtief, was für sehr turbulente Verhältnisse sorgen dürfte. In irgendeiner Form wird das Ganze vermutlich auch Norddeutschland streifen, für die Alpen sieht es derzeit vor allem nach Nordföhn aus. Wie es danach weitergeht ist unklar: zuletzt sah es so aus, als würde der Atlantik etwas länger den Ton angeben, jetzt deutet sich eher wieder eine zähe Hochdrucklage an

 

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Industrieschnee

Eine Variante, wie man mit dreckiger Luft zu Schnee kommt, ist der sogenannte Industrieschnee. Dieser tritt gern bei Hochdruckwetter mit starker Inversion am Boden auf, in der Umgebung von Industrieanlagen, die Wasserdampf und/oder Feinstaubteilchen emittieren. In der eh schon kalten und feuchten Inversionsluft braucht es nicht mehr allzu viel, damit sich Schneekristalle bilden und wenn - beispielsweise von einem Fabrikschornstein - einige zusätzliche Kondensationskeime in Form von Staubpartikeln geliefert werden, reicht das manchmal schon für ein bisschen Schneefall. Industrieschnee unterscheidet sich von normalem Schnee in der Kristallform. Da die Fallhöhen bei Industrieschnee viel geringer sind (~100-200 Meter), bleibt den Kristallen nicht genug Zeit um zu klassischen, sechseckigen Schneeflocken zu wachsen. Meist sind die allgemein sehr kleinen Industrieschneeflocken nadelförmig. Industrieschnee ist logischerweise ein sehr lokales Phänomen und tritt nur in der direkten Umgebung der verursachenden Industrie auf.

Global Dimming/ Aerosol Periode

In dem oben erwähnten Artikel geht es hingegen um großräumige Luftverschmutzung und großräumigen Schneefall über mehrere Jahrzehnte, nämlich von 1950-1980, als es in Österreich viel Industrie gab, „die auch entsprechend viel Dreck und Schadstoffe ausstieß". Das soll besonders in den 1960ern für den Schneefall relevant gewesen sein: „wie bei Industrieschnee bildete sich auch damals der Schnee in dieser belasteten Luft leichter und fiel auch entsprechend zu Boden." Das mag nicht prinzipiell falsch sein (warum es in den 60er viel geschneit hat, ist nicht so ohne weiteres nach zu vollziehen), aber es ist zumindest (wie fast immer) etwas komplizierter.

Etwa seit Anfang der 1950er Jahre gibt es systematische Messungen der direkten Sonnenstrahlung, die auf der Erdoberfläche eintrifft. Die Menge der eintreffenden Strahlung hat bis Anfang der 1990er abgenommen, seither steigt der Wert wieder an. Das Phänomen wird als „Global Dimming" (Globale Verdunklung), beziehungsweise „Global Brightening", bezeichnet und hat Forschern lange Rätsel aufgegeben. Inzwischen herrscht Einigkeit, dass die „Verdunklung" an einem erhöhten Anteil von Staubpartikeln und anderen Aerosolen in der Luft lag, bedingt eben durch industrielle und sonstige Luftverschmutzung. Seit man mehr gegen Luftverschmutzung tut (Filter, sauberere Autos, usw), wird es wieder heller.

Der höhere Aerosolanteil wirkt sich unter anderem auf die Wolkenbildung aus: tendenziell bestehen Wolken aus mehr und kleineren Tröpfchen, je mehr Aerosole es gibt. Dadurch werden sie heller und reflektieren wiederum mehr eintreffende Strahlung zurück ins All. Daraus ergibt sich eine in Summe gedämpfte Temperatur, bei weniger stark ausgeprägten tageszeitlichen Temperaturschwankungen aufgrund von geringerer nächtlicher Abkühlung. Die Dimming bedingten, kühleren Temperaturen waren auch für die recht flächendeckenden Gletschervorstöße in den 1980ern verantwortlich. Seit der Umkehr zum Brightening nahm die Gletscherschmelze stark zu. Laut einigen Studien begann auch die (flächige) Schneebedeckung im Winterhalbjahr der Nordhalbkugel mit dem Brightening zu schrumpfen. Kühlere Temperaturen sind natürlich förderlich für die Bildung und das Bestehen einer Schneedecke.

Wie sich ein erhöhter Aerosolanteil durch Luftverschmutzung auf den Schneefall (und den Niederschlag allgemein) auswirkt, ist nicht so recht klar, aber über das Jahr und global gesehen gehen die meisten Studien von einer Abnahme des Niederschlags aus, da die Evaporation bei geringeren Temperaturen abnimmt und allgemein weniger Wasser in der Luft ist. Lokal mag das anders sein und in manchen Regionen gibt es gegenteilige Trends (Niederschlagszunahme), die teilweise mit Schadstoffkonzentrationen korrelieren, allerdings lässt sich hier manches auch mit anderen Faktoren erklären (z.B. Häufung gewisser Wetterlagen). Es ist schwierig, hier allgemeine Aussagen zu treffen, da auch die Art und Größe der Aerosole, sowie die Höhe in der sie sich befinden eine Rolle spielt.

Fazit:

Der WetterBlog ist nicht davon überzeugt, dass höhere Luftverschmutzung zwangsläufig zu mehr Schneefall führt und ist gegen entsprechende Versuche mit Autoreifenlagerfeuern o.ä.

Literatur: 

Li, Guohui, et al. "Increased winter precipitation over the North Pacific from 1984–1994 to 1995–2005 inferred from the Global Precipitation Climatology Project." Geophysical Research Letters 35.13 (2008).

Stjern, Camilla W., Andreas Stohl, and Jón Egill Kristjánsson. "Have aerosols affected trends in visibility and precipitation in Europe?." Journal of Geophysical Research: Atmospheres 116.D2 (2011).

Wild, Martin. "Global dimming and brightening: A review." Journal of Geophysical Research: Atmospheres 114.D10 (2009).

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