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Abenteuer & Reisen

Bulgarien – Rila- und Piringebirge | Teil III

Traumberg Vihren im Föhnwind

von Hermann Berie 04.12.2008
Bei einer ausgiebigen Pause im Windschatten, sind die Sonnenstrahlen schon frühlingshaft warm auf der Haut – schließlich sind wir in Südosteuropanicht nicht weit von der Ägäis entfernt. Nach dem schweißtreibenden Aufstieg, vorbei am Muratov (2669 m) und über den kleinen Hovinati Gipfel hinüber, lüftet einen der Föhn hier oben in der Vihren Scharte ziemlich aus. Kommt da etwa schlechtes Wetter?

Bei einer ausgiebigen Pause im Windschatten, sind die Sonnenstrahlen schon frühlingshaft warm auf der Haut – schließlich sind wir in Südosteuropanicht nicht weit von der Ägäis entfernt. Nach dem schweißtreibenden Aufstieg, vorbei am Muratov (2669 m) und über den kleinen Hovinati Gipfel hinüber, lüftet einen der Föhn hier oben in der Vihren Scharte ziemlich aus. Kommt da etwa schlechtes Wetter?

Das ist uns im Moment noch egal, als wir Harscheisen bewehrt über die vielversprechende Flanke zum Gipfel des Vihren starten. Der Snowboarder auf Schneeschuhen, den wir im sehr steilen Aufstieg von Bankso herauf beobachten, rutscht gleich wieder unfreiwillig auf seinen Textilien ins Tal, obwohl er die Abfahrt mit dem Board sicher vorgezogen hätte...?

Firnabfahrten und Europacup

Auf den letzten Metern vor dem Ziel zwingt uns abgeblasener Fels wieder zum Tragen der Skier - dann schweift der Blick endlich vom Gipfel des Vihren hinaus nach Norden zu den Rila Bergen und weit unten im grau-braunen Vorland sehen wir Bansko. Der Todorka mit seinen unglaublichen Rinnen, die durchgehend bis auf den Grund des Banderitsa Tales führen, steht uns gegenüber. Maya hätte morgen Zeit uns die besten Runs zu zeigen, aber das Wetter wird den Termin für die Linien, die wir dort schon hineinträumen, wohl verschieben?

Das Gelände erlaubt zügiges Fahren in weiten Radien, der Schnee ist die ersten 800 Höhenmeter grandios. Erst im Couloir vor der Vihren Hütte hat der warme Föhnwind den Firn schon sulzig werden lassen. Allmählich kommt Dramatik auf: Bedrohlich nah die Lawinen aus schwerem Schnee im Nachbarcouloir, Durst meldet sich nach dem langen Tag und die Talabfahrt ins Skigebiet von Bansko zieht sich. Ein FIS-Rennen, das morgen hier stattfindet, verhindert dass wir auf den letzten Höhenmetern zur Skistation auf der Skipiste fahren dürfen – alles ist abgesperrt und schon bestens präpariert für den Abfahrtslauf der Herren. Das Feierabendbier trinken wir zwischen Skitouristen aus England und dem ganzen Balkan, verschieben die Talabfahrt nach Übermorgen und lassen uns von Vasko mit dem Bus gleich hier an der Talstation abholen.

Rhodopische Dörfer – in Kovachevitsa

Schon nach der Rückkehr vom Vihren nach Bansko hat es langsam angefangen – ein ungemütlich grauer Himmel aus dem es bis auf 1800 m hinauf regnet.

Die Oberschenkel freuen sich auch auf einen Ruhetag, so fährt uns Vasko am nächsten Morgen in die Rhodopen. Eine gute Fahrstunde südöstlich von Bansko in den westlichen Rhodopen, lieg das Dörfchen Kovachevitsa (1020 m) welches eine architektonische Legende ist. Der Stil der Gebäude kennt nichts vergleichbares in der Bulgarischen Architektur. Wir freuen uns beim Schlendern durch die Gässchen am milden mediterranen Klima und die Vorahnung auf den Frühling. Hier oben leben um die St. Nikola Kirche meist orthodoxe Christen, im nächsten Dorf etwas unterhalb dominieren die Muslime und ganz unten im Kaninafluss-Tal (Blutiger Fluss) spielen die Roma-Kinder auf der Straße Fußball. Eins wird uns klar: Bulgarien hat eine unheimlich lange Geschichte mit Kulturen, die kamen und gingen; die Bevölkerung ist deshalb eine interessante Mischung aus vielen Ethnien und Glaubensgemeinschaften. Nicht zuletzt sind die Rhodopen laut den Griechischen Mythen die Heimat des legendären antiken Sängers Orpheus und seiner Frau Eurydice. Nach soviel Kultur tut Relaxen gut: Wir gönnen uns noch ein warmes Bad in der alten Ostblock-Badetherme am Talschluss des Kanina Tales in Okhianitsa.

Strahlend blauer Himmel

und die kalte Nacht sind perfekte Bedingungen für unsere letzte Tour auf den Kutelo (2908 m), der mit seiner Ostflanke eine letzte rassige Abfahrt verspricht. Von Bansko aus ist die Gipfelpyramide im strahlenden Weiß gut zu erkennen. Maya (die Freeride Lady von Bansko) packt an der Talstation ihren fetten, grünen „Bandit-Squad“-Ski aus um uns für die Tour zu begleiten. Bei soviel Frauenpower kann nichts mehr schiefgehen und wir verlassen die noch ruhige Talstation von Bansko voller Tatendrang. Schweißtreibend ist der steile, weglose Aufstieg durch den Hochwald der Banderitsa Weiden, der zunehmend lichter wird, als wir die offenen Hänge und Rücken zum Kutelo hochspuren. Die Damen treiben zügig weiter Richtung Gipfel. Den stärksten Herrn der Gruppe plagen die Krämpfe im Oberschenkel, was die Damencrew wiederum zu einer Lynchaktion am geschundenen Körper des Athleten verführt bis dieser wieder laufen mag.

Wilder Ritt nach Bansko

Wird es später heißen: „Gewalt von Frauen“ oder waren die Damen des Teams einfach fitter? – das Schlussfoto unserer Kutelo Tour zieren nur die sportlichen Körper und charmanten Gesichter von Anita, Marina und Maya, während fast alle männlichen Skifreunde in der Scharte vor dem Gipfel oder im Tal ausharren mussten. Beide Geschlechter freuen sich auf gemeinsame 1300 Höhenmeter mit schnellen, langen Schwüngen im Firn und dem Finale in einem Couloir durch den Wald. Maya bietet uns Gästen höflichst den Vortritt, lässt erst gegen Ende des wilden Rittes ihre Erfahrung im Freeride-Geschäft zur Geltung kommen - mit Ihren fetten „Squad“-Brettern souverän durch den immer weicher werdenden Schnee cruisend, springt sie cool über Felsstufen im Couloir. Bei Frühlingstemperaturen auf der Sonnenterrasse der Talstation, stoßen wir mit Capuccino und Bier auf unsere letzte geniale Abfahrt an – und strahlen mit Ivo und Maya um die Wette.

Ende des Roadtrips – Sofia

Frühlingsanfang (Martenitsa) in Sofia und übermorgen ist Nationalfeiertag. Die Bulgaren wünschen sich mit den rot-weißen Glücksbändchen am Arm einen sonnigen, erfüllten Frühling. Vor dem kurzen Flug zurück nach München und Zürich, ist noch viel Zeit für einen Bummel in der Hauptstadt. Die Alexander-Nevski-Kathedrale, die vielen frischen Früchte auf dem Samstagsmarkt und in den Straßencafés sitzen junge, weltoffene Bulgaren. Es tut sich was in diesem jungen, alten europäischen Land und ich freue mich schon auf das nächste Wiedersehen im Schnee mit unseren Freunden vom Balkan.

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