Das Grundlegende
Lawinenairbags nutzen den sogenannten Paranuss-Effekt (auch Müsli-Effekt): Beim Schütteln einer Mischung steigen größere Teile, wie Paranüsse, nach oben, während kleinere, wie Erdnüsse, nach unten rutschen. Einfach erklärt, fallen die kleinen Partikel in die Lücken zwischen den größeren Partikeln, sobald die Mischung geschüttelt oder bewegt wird. Dieser Effekt ist leicht zu beobachten – dennoch bleiben die genauen physikalischen Hintergründe ein Rätsel, das die Wissenschaftler bis heute beschäftigt. Lawinenairbag-Rucksäcke machen sich genau diesen Effekt zunutze. Mit dem Aufblasen erhöht man sein eigenes Volumen und somit die Wahrscheinlichkeit, an der Oberfläche der Lawine zu bleiben. Dennoch sollte einem beim Tragen eines Lawinenairbags bewusst sein, dass dieser Effekt in gewissen Situationen gar nicht funktionieren kann und daher dann auch nicht die Überlebenschancen erhöht. Man kann sich selbst in die Situation einer Paranuss versetzen und sich kurz überlegen, ob man jetzt im Vorteil ist gegenüber den „Erdnüssen“ oder nicht. Beispiele für solche Situationen, in denen der Airbag keinen Vorteil bietet, sind Geländefallen, wie tiefe Löcher oder Gräben. Ein Airbag-Rucksack hilft in solchen Fällen nicht, da das Gelände den Schnee in Vertiefungen oder hinter Hindernissen sammelt. Dadurch kann der Träger trotz des Auftriebs begraben oder eingeklemmt werden. Ein weiteres Beispiel sind Nassschneelawinen: Hier liegt die größte Gefahr weniger im verschüttet werden, sondern in der Wucht der Lawine, die schwere mechanische Verletzungen, Knochenbrüche oder innere Verletzungen verursachen kann.
Es lassen sich verschiedene Arten von Airbagballons unterscheiden. Die meisten Systeme verwenden einen Mono-Airbag, der sich je nach Modell in seinem Volumen unterscheidet. Allerdings wurden inzwischen auch Zweikammer-Systeme entwickelt. ABS hat den sogenannten TwinBag eingeführt, bei dem zwei separate Airbag-Ballons aufgeblasen werden. Auch der Arva Reactor verfügt über ein Doppelairbag-System mit zwei getrennten Kammern. Sollte einer der Airbags beschädigt werden, gewährleistet der andere weiterhin Schutz. Mammut hat das sogenannte Protection Airbag-System entwickelt, das den Kopfbereich schützt und so zusätzlichen Traumaschutz bietet, um mechanische Verletzungen zu verhindern.
Zudem lassen sich Lawinenairbag-Systeme in mechanische und in elektronische Systeme unterteilen. Mechanische Systeme werden weiters zwischen Gasdruck oder Luftdrucksystemen unterschieden. Bei elektronischen Systemen wird zwischen Batterie und Superkondensator betriebenen Systemen unterschieden. Die grundlegenden physikalischen Prinzipien dieser Systeme sind maßgeblich entscheidend für die darauf basierenden Vor- und Nachteile, daher lohnt sich hier ein Blick hinter die Kulissen.