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Interviews

PowderPeople | Max Kroneck - Teil II

„Deswegen nenne ich die Skier mein Spielzeug“: Teil II des Interviews mit Max Kroneck über „Going East“.

22.10.2025
Claus Lochbihler
Max spricht über defensives Verhalten in unbekannten Bergen, seine Ausrüstung und darüber, wie er beim Skifahren wieder zum Kind wird. Und weshalb ein Zelt überflüssig ist. Ein Schlafsack hingegen nie.

Ihr wart auf eurer Zug- und Skireise in Italien, in Österreich, in der Slowakei, in Rumänien, Bulgarien und der Türkei. Wie war das mit dem Lawinenlagebericht außerhalb der Alpen? 

Einen Lagebericht, wie wir ihn überall in den Alpen glücklicherweise kennen, gibt es da gar nicht. Für Bulgarien haben wir eine Facebook-Gruppe gefunden, wo es um die Lawinenlage geht. Sonst habe ich nichts gefunden, zumindest nicht auf Englisch. 

Ihr habt also selber Schneeprofile gegraben? 

Ja. Besonders in der Türkei haben wir viel gebuddelt. Und uns auf Basis unserer Schneeprofile oft gegen die geplante Tour entschieden, was auch gut war: einmal haben wir einen Tag nachdem wir unsere Tour abgebrochen hatten, erfahren, dass in dem Gebiet nur einen Berg weiter große Lawinen abgegangen waren. Man muss sich, wenn man keine gute Lawinenprognose wie hier in den Alpen hat und neu in einem unbekannten Gebiet angekommen ist, wirklich vorsichtig in fremde Berge hineintasten. Und erstmal schauen, wie die Schneedecke aufgebaut ist. Das ist immer so bei solchen Skireisen: man kommt wo an und möchte eigentlich richtig Gas geben – aber es ist wichtig, erst mal einen Gang runterzuschalten und sich die Schneedecke anzuschauen.

Wer also selbst nicht über diese Schneedecken-Kompetenz verfügt, braucht für so eine Reise einen guten Bergführer. 

Absolut. Es ist ja auch nicht so, dass man sich diese Kenntnisse schnell mal draufschaffen kann. Deswegen sollten die allermeisten eine Skitourenreise in Gebirge, wo man letztlich selber für die Lawinenprognose verantwortlich ist, nur mit einem Bergführer unternehmen.

Welche Wetter-Apps haben sich für euch bewährt?

Eigentlich Meteoblue. Aber der Wetterbericht hätte eh nichts an unseren Reiseplänen geändert. Lacht. Wir mussten mit den Bedingungen und dem Wetter klarkommen, so wie sie waren. 

Wo habt ihr die besten Bedingungen vorgefunden?

In der Hohen Tatra hatten wir enorm gute Bedingungen. Zwar keinen Powder, aber sehr safen Hardpack. Es hatte richtig viel Schnee und eine gute stabile Grundlage. Perfekt für das, was wir da vorhatten.

Rinnen.

Ja, ein Rinnenfestival. Wir sind dort viele kurze Sachen ganz ohne langen Zustieg gegangen. Das ist ein wahnsinnig komprimiertes Gebirge. Ein bisschen wie Chamonix, nur klein geschrumpft und megacool. Ich wollte immer schon mal in die Hohe Tatra. Das war ein kleiner Traum von mir.

Ganz anders dann in der Türkei: Bei den zwei Vulkanbergen, die ihr dort bestiegen habt, sieht man, wie brutal windexponiert diese Berge sind. 

Deswegen ist es so verdammt schwer, am Erciyes und am Hasan Dağı gute Bedingungen zu finden. Diese Berge stehen komplett solitär in der Landschaft herum. Und bekommen ständig Wind ab. Gleichzeitig ist das Klima sehr kontinental und kalt. Das Meer ist sehr weit entfernt, sodass kaum Feuchtigkeit ankommt, die die Schneedecke verändern könnte. Ganz anders übrigens als in Bulgarien, wo es in den Bergen superfeucht zuging, als wir dort waren. Und wo die Berge auch sehr kleinräumig sind. 

Die Verhältnisse in Rumänien sehen im Film auch sehr gut aus.

Die Karpaten wäre mega gewesen, wenn man länger dort geblieben wäre. Und das Wetter schön geworden wäre. Viele Konjunktive. Lacht. Aber irgendwie war es – Bedingungen hin oder her - überall cool.

Wie kam es, dass ihr in Rumänien in dieser Wetterstation auf dem Vârful Țarcu übernachtet habt?

Es gibt jemanden, der dort Heli-Touren anbietet. Den hatten wir über drei Ecken kontaktiert. Der hat dann den Kontakt zu dieser Wetterstation hergestellt, mit der wir bis zu unserer Ankunft aber nie direkt gesprochen hatten. Und es war auch nicht wirklich klar, ob das überhaupt klappen wird. Aber als wir dort angekommen sind, hat uns der Mann von der Wetterstation ein Zimmer und drei Matratzen gegeben und wir konnten dort pennen. Unterhalten konnten wir uns nur mit Händen und Füßen. Der hat die ganze Nacht gearbeitet und zwischendurch in seinem Zimmer voll blinkender Lichter und Rockposter Metal gehört. Ein witziger Typ. 

Tolles Skigelände, die Karpaten. 

Ja, voll gut. Nicht umsonst gibt es dort Heliskiing. Aber wie überall muss man schon sehr aufpassen. Kurz bevor wir dort waren, gab es ein Lawinenunglück. Zum Teil sind das dort riesige offene Flächen, die ganz viel Wind abbekommen. Wenn es dort lawinenmäßig scheppert, scheppert es groß. 

Bären?

Wir haben tatsächlich eine Bärenspur gesehen. Ziemlich massive Tatzenspuren. Wir hatten unser Gepäck wegen der Bären auch in einem Baum und nicht etwa am Boden deponiert – auch wenn ich nicht weiß, ob das wirklich was gebracht hätte.

Wie wichtig waren Schließfächer für euch? 

Wir haben eigentlich nur einmal ein Schließfach genutzt. Wir hatten unser Gepäck so massiv minimiert, dass wir es immer mit dabei haben konnten.

Das heißt?

Jeder hatte seinen Schlafsack und eine Isomatte. Und jeder nur eine Wechselunterwäsche.  Eine normale Hose haben wir uns auch noch gegönnt. Mit Steigeisen, Pickel, Helm und Fellen ist der Rucksack dann ziemlich schnell voll.  Ich hatte einen 30-Liter-Rucksack dabei, was für drei Wochen wirklich nicht viel ist. Mit den größten Anteil am Gepäck hatte die Filmausrüstung: Jeder von uns hatte ein komplettes Kamera- und Foto-Equipment dabei. 

Weshalb so viel Filmausrüstung?

Jeder sollte gleichermaßen vor, wie hinter der Kamera sein. Jeder hat gefilmt, jeder hat fotografiert. Für die Drohnen hatten wir zwei Controller dabei. Der Plan war, dass der Erste runterfährt und dabei gefilmt wird – und dann die Kontrolle über die Drohne übernimmt, um die anderen zu filmen. Bei mir hat das leider nicht funktioniert, weil mein Handy die dafür notwendige App nicht zugelassen hat. Am Ende hatten wir unglaublich viel Material: Terrabytes an Daten, durch die sich Loïc und Joi gewühlt haben, bevor sie den Film so toll geschnitten haben.

Verwendest du auf solchen Reisen leichtere Skiausrüstung als sonst?

Ich  war genauso unterwegs wie sonst: mit meinem Freeride-Ski von Fischer, dem Ranger 102. Dazu eine Bindung von Plum und der Transalp-Schuh von Fischer, den ich allerdings mit einem anderen, härteren Liner von Zipfit fahre. Oder mit dem Wrap-Liner von Intuition.

Auch du findest, dass Schale und Innenschuhe getrennt verkauft werden sollten?

Das wäre eine echte Verbesserung. 

Manche Hersteller speisen ihre Kunden mit ziemlich billigen Innenschuhen ab. 

Auch aus Gewichtsgründen. Aber oft mit keinem guten Ergebnis. Dann ist der Schuh zwar leichter – aber eben nur dank eines Schrottinnenschuhs, der die Fahrperformance verringert und nicht besonders haltbar ist.

Was für Schuhe außer den Skischuhen hattet ihr dabei?

Möglichst leichte Zustiegsschuhe.

Im Film sieht man, dass ihr immer wieder viel gelaufen seid. Gleich zu Beginn zum Beispiel in den Julischen Alpen. 

Da sind wir nach der Abfahrt vom Luschari-Berg zum Bahnhof Tarvisio-Boscoverde gelaufen – es hätte zwar später einen Bus gegeben, aber mit dem hätten wir unsere Weiterfahrt um genau zwei Minuten verpasst. Also sind wir gelaufen. Aber so etwas gehört halt auch dazu. 

Wo seid ihr am meisten zum Schnee oder zum Zug hingelaufen?

In Rumänien mussten wir die Ski schon sehr lange tragen.

Ein Zelt hattet ihr nicht dabei?

Beim „Balkan Express“ hatten Jochen Mesle und ich ein ganz leichtes dabei, das aber vier Wochen lang nur im Rucksack lag. Auf ein Zelt kann man wirklich gut verzichten. Weil man sich immer unter irgendein Dach legen kann. Oder einen Baum. Oder in eine Schneehöhle. Zur Not tut es auch nur der Biwaksack.

Wann würdest du trotzdem ein Zelt mitnehmen?

Nur, wenn ich in großer Höhe oder auf einem Gletscher übernachten will.

Wie habt ihr die Stromversorgung sichergestellt - für die Handys zum Navigieren und euer ganzes Kameraequipment?

Bei der Radreise mit einem Nabendynamo. Da konnten wir ständig laden. Bei der Zugreise waren wir natürlich auf jede sich bietende Lademöglichkeit angewiesen. Wenn wir in ein Café gegangen sind, um etwas zu trinken oder zu essen, hat mich als Allererstes nicht die Speisekarte interessiert, sondern ob es irgendwo Steckdosen gibt. Und wie viele. Lachen. Wenn es keine gab, sind wir ins nächste Café gegangen. Ich versuche mein System immer so aufzubauen, dass ich über nur einen Stecker alles laden kann. Wir haben dafür sogar die Kabel gekürzt. Also ein Ladesystem für alle Akkus mit einem Stecker – und nicht unendlich viele Ladestationen samt Kabeln, weil das viel zu schwer und unübersichtlich wäre und zu viel Platz braucht. Was ich auch unbedingt empfehlen kann: man sollte immer eine ganz leichte, gut verstaubare Tasche dabei haben, damit man da seine Lebensmitteleinkäufe reinpacken kann.

Wie schwer war dann letztlich dein Rucksack?

Weiß ich gar nicht genau. Ich hab ihn nie gewogen. Um die zehn Kilo würde ich mal sagen. 

Hast du noch einen Max-Kroneck-Spezialtipp für Skireisen?

Immer einen Schlafsack mitnehmen. Unbedingt! Meiner wiegt nicht mehr als 400 Gramm. Damit kann man sich überall hinlegen und ein bisschen schlafen. Egal ob am Bahnhof oder in einer Biwakschachtel. Außerdem sollte man seinen Reisepass immer am Körper tragen. Und das Handy immer in der Hosentasche dabeihaben. Das hab‘ ich gelernt, als der Bus in der Türkei einmal ohne mich abgefahren ist. 

Wie ist das passiert?

Die Busbahnhöfe in der Türkei sind sehr viel größer als bei uns. Größer als der Münchner Flughafen – so kam es mir jedenfalls vor. Die türkischen Fernbusse halten alle zwei, drei Stunden an, damit jeder aufs Klo gehen oder sich was zum Essen holen kann. Auf jedem Bus gibt es auch eine Art Steward, der Tee ausschenkt und danach schaut, ob alle wieder im Bus sind. Bei einem Stopp hat das irgendwie nicht richtig geklappt. Ich kam von der Toilette zurück – und der Bus war weg! Dabei waren sie – was ich aber nicht wissen konnte - nur auf ein anderes Stockwerk des Busterminals gefahren und wollten mich von dort anrufen. Was aber nicht funktionierte, weil ich eben mein Handy im Bus gelassen hatte. Ein netter Türke, dem der Bus auch davongefahren war, hat beobachtet, wie ich nach meinem Bus gesucht habe. Er hat „Friends, brumm brumm!“ zu mir gesagt und mir geholfen, einen anderen Bus zu buchen. Wobei ich mir gar nicht mehr hundertprozentig sicher war, wohin unser Bus eigentlich gefahren ist. Er hat mir Geld geliehen und mir über seinen Insta-Account den anderen eine Nachricht schreiben lassen. Megacool. 

Ihr hattet dort ja Esmanur Çalışıcı als Begleiterin. Wie habt ihr die kennengelernt?

Esmanur hat sich über Instagram bei uns gemeldet. Und hat uns in der Türkei sehr geholfen. Ohne sie wären wir sprachlich ziemlich aufgeschmissen gewesen. Mit Englisch kommt man dort nicht unbedingt weiter. Sie war auch auf Tour mit dabei. Allerdings hatte sie keine eigene LVS-Ausrüstung, wir mussten also sehr vorsichtig sein.

Wie das?

Mit uns war sie das allererste Mal überhaupt splitboarden. Auf einem Board, das sie vor Jahren von einem unserer Freunde, dem Fabi Lentsch, bekommen hatte. Wir haben Esmanur dann zum Abschied eines von unseren LVS-Sets dagelassen – und hoffen natürlich, dass sie damit auch übt.

Wie haben die Menschen in den Zügen und in den Bahnhöfen auf euch reagiert?

Oft war ihnen das, was wir da gemacht haben, so fremd, dass wir nicht über das Skifahren, sondern andere Themen ins Gespräch gekommen sind. Da ging es mehr um unsere vielen Kameras und was wir damit machen. Oder auch, woher wir kommen. In den Skigebieten ging es dann natürlich schon ums Skifahren. Da war das Interesse der Menschen sehr groß. 

Was habt ihr so über das Skifahren und Skikultur auf dieser Reise gelernt?

Die Skikultur war überall bemerkenswert anders. Was überall gleich war: wie sich erwachsene Menschen, die auf Skiern stehen, wieder in Kinder verwandeln. Sobald ein Mensch – egal wie alt - auf Skiern steht, ist er wieder am Spielen und grinst. Das war für mich eine der interessantesten Beobachtungen. Mir selbst geht es ja auch so. Deswegen nenne ich die Skier auch mein Spielzeug. 

Was habt ihr über eure heimischen Berge – die Alpen – auf dieser Reise gelernt?

Jeder, der schon außerhalb der Alpen oder außerhalb von Europa Skifahren war, versteht, wie einfach das Skifahren – egal ob auf Piste oder im Gelände - in den Alpen ist. Eine bessere Anbindung der Berge, in denen du Skifahren kannst, gibt es nirgendwo sonst: mega Straßen und super Zug- und Busverbindungen, überall Hütten und Lifte. Viele Freerider schauen ja immer etwas neidisch auf die, die in Kanada per Motorschlitten zum Freeriden gehen. Aber wer das einmal gemacht hat, will eigentlich sofort in die Alpen zurück. 

Wie bekommst du Familie und solche Reisen unter einen Hut? 

Ein wichtiger Faktor ist natürlich, dass meine drei Kinder damit aufgewachsen sind. Meine erste lange Reise war, als Leo noch kein Jahr alt war und ich mit „Eis und Palmen“ fünf Wochen lang am Mittelmeer unterwegs war. Als wir uns wiedergesehen haben, war er gefühlt fünf Köpfe größer. So eine Expedition ist natürlich schon heftig für die Familie – besonders für meine Frau. Andererseits bin ich sonst – wenn ich nicht führe oder auf Expedition gehe - voll und ganz zu Hause. Ich glaube nicht, dass mich die Kinder öfters und länger sehen würden, wenn ich einen ganz normalen 9-to-5-Job hätte. Ende Juli bis Oktober 2024 war ich zum Beispiel fast die ganze Zeit bei meiner Familie. Das ist dann sehr fein für alle. 

Wie haltet ihr während einer solchen Reise Kontakt?

Natürlich per Handy – so wie jede andere Familie auch. Außerdem haben die Kinder und ich kleine Malbücher, in die wir jeden Tag unsere Erlebnisse hineinmalen. Das fotografieren wir dann und schicken es uns gegenseitig zu. Der Plan ist eigentlich, dass wir das jeden Tag machen – aber das funktioniert nicht immer. 

Meistens gebiert eine Reise die nächste Reise. Wo möchtest du nochmal länger hin, um Berge auf Skiern zu entdecken?

Auf jeden Fall in die Türkei. Dort auch noch weiter in den Osten zu den höheren Bergen. Die Menschen in der Türkei sind sehr fein und gastfreundlich. 

Teil 1 unseres Max Kroneck-Interviews: In drei Wochen mit dem Zug vom italienischen Tarvisio bis in die Türkei - und zwischendurch Skitouren in der Hohen Tatra, in Bulgarien, den rumänischen Karpaten und an türkischen Vulkanbergen. Davon handelt der Film „Going East“ von und mit Max Kroneck,  Loïc Isliker (Regie), Silvia Moser und Joi Hoffmann. Im Interview erzählt Max Kroneck, warum es ursprünglich nach Korsika gehen sollte, wie er als Bergführer die Bahn nutzt und warum das Fahrrad am Ende doch das freieste Verkehrsmittel ist: „Ein Rückflug hätte den Sinn der ganzen Reise zerstört“

Auf Youtube: Arc'teryx Presents: Going East

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