Airbag Rucksäcke gibt es mittlerweile wie Sand am Meer, vom Allround- bis zum Tourenrucksack ist der Markt gut bedient. Auch Scott bietet seit mehreren Jahren Rucksäcke mit integrierten Airbag Systemen an. Nach einem Wechsel vom Snowpulse- zum Alpride System wurde das Angebot an unterschiedlichen Rucksäcken stark ausgebaut. Wir haben den AirFree AP12 Pro getestet: Ein sehr leichtes, kompaktes Modell mit integriertem Rückenprotektor und Fokus auf Tragekomfort.
Airbag Rucksäcke mit nur sehr geringem Packvolumen sind vermutlich Nischenprodukte, denn für Tourenequipment reicht der Platz definitiv nicht aus und sie eignen sich maximal für Tagesmissionen in Skigebietsnähe. Neben der Alyeska Weste von Mammut (Test) bietet nun auch Scott einen Rucksack für Aktionen im Skigebiet oder Contestruns an. Im Vergleich zum Modell von Mammut bietet der Scott Air Free AP12 Pro ein wenig mehr Platz und ein eigenes Airbag System. Wie bei allen anderen Airbag Rucksäcken außer der Alyeska Weste ist eine Beinschlaufe vorgesehen.
Erster Eindruck und Features
Der Rucksack macht einen sehr guten Eindruck, die Verarbeitung scheint hochwertig, die Materialien wirken robust, hier wurde nicht um jeden Preis beim Gewicht gespart sondern auf Langlebigkeit abgezielt. Der kleine Rucksack wartet mit folgenden Features auf: Beinschlaufe und Metallschnalle, zusätzlich ein leicht flexibler Hüftgurt, zwei zusätzliche, abgetrennte und leicht zugängliche Fächer vorne und unten, abnehmbare Helmhalterung, verstellbare Brustgurte und verstellbarer Auslösegriff. Scott setzt auf das Alpride System:
Alpride System
Beim Alpride-System nutzt man zwar auch wieder komprimiertes Gas aus einer Kartusche, jedoch wird diese mit weniger Druck und einem anderen Gasgemisch befüllt und kann damit alle Anforderungen der IATA (International Air Transport Association) zur Mitnahme im Flugzeug erfüllen.
Das System wurde auf Basis der technischen Details einer Rettungsweste entwickelt, wie sie z.B. beim Segeln schon etliche Jahre genutzt werden. Durch die getrennte Aufbewahrung von komprimiertem Argon und Kohlendioxid können zwei kleinere (und dadurch leichtere) Kartuschen verwendet werden. Weiterer Vorteil: Es genügt ein Druck von 180 Bar in den Kartuschen, womit den Bestimmungen der IATA (International Air Transport Association) entsprochen wird. Die Kartuschen sollten ohne Probleme auf Flugreisen mitgenommen werden können. Hundertprozentig scheint das noch nicht geklärt und man kann gespannt darauf warten, ob es beim Check-In dann zu Problemen kommt. Die Auftriebskörper (150 Liter) werden in drei Sekunden aufgeblasen – wegen der Technik mit Venturi-Ventil vornehmlich mit der umliegenden Luft und zu geringen Teilen mit dem komprimierten Argon und Kohlendioxid. Größter Vorteil ist aber das Gewicht und der Preis – bzw. beides in Kombination. Mit gerade mal 800 Gramm ist es das leichteste Airbagsystem auf dem Markt und zusammen mit der Kartusche wiegt es 1250 Gramm – nur das Mammut R.A.S.-System wiegt mit der leichteren Karbon-Kartusche 100 Gramm weniger. Diese Kombination kostet dann aber auch 120,- Euro mehr (UVP).
Tragekomfort
Designt wurde das Produkt mit Know-How aus dem Trailrunningbereich und das merkt man beim Tragekomfort. Die Schulterträger sind zwar zunächst ungewohnt enganliegend, aber da sie etwas flexibel sind, passen sie sich jeder Körperform an und liegen angenehm auf. Zwei Brustgurte fixieren den oberen Bereich während ein ebenfalls leicht flexibler Bauchgurt das meiste Gewicht stützt. Gerade der Bauchgurt ist ein sehr gutes und wichtiges Feature und hier hat der Scott Rucksack definitiv Vorteile beim Komfort gegenüber vielen anderen Modellen. Der Rückenprotektor sitzt dadurch wie angegossen, zumindest bei den meisten Personen.
Obwohl dies die größere von zwei Größen ist (es gibt noch ein etwas kürzeres 10l Modell für Frauen), dürfte der Rucksack wohl am besten bei Personen mit einer Körpergröße von 165cm bis 185cm (je nach Proportionen) passen. Bei 1,90 cm Körpergröße sitzt der Bauchgurt definitiv zu hoch, kommt den Rippen in die Quere und der Rückenprotektor deckt leider nicht alles ab. Tester unter 180cm Körpergröße waren vom Tragekomfort mehr als begeistert. Der Rucksack sitzt zwar etwas eng aber das muss er auch. Sobald man sich daran gewöhnt hat, spürt man ihn praktisch nicht am Rücken und er ist angenehmer zu tragen als so mancher Rückenprotektor alleine. Der Rucksack dürfte daher auch für Snowboarder interessant sein, die sich manchmal schwer tun mit zu schweren, schlecht ausbalancierten oder unbequemen Rucksäcken.
Handling
Der Air Free AP12 Pro besitzt hauptsächlich ein großes Fach für alles: Schaufel & Sonde, Airbag System und die persönlichen Sachen kommen alle im selben Fach unter. Hier muss man um die Auslöseeinheit herumpacken. Was zunächst nervig erscheint, macht durchaus Sinn: Die Gewichtsverteilung im Rucksack ist ideal, da das Schwere zentral und nah am Rücken platziert ist. Zwischen System und Boden bleibt noch Platz für Kleinigkeiten, eine Wasserflasche und Ersatzbrille oder -Handschuhe bekommt man noch gut rein, Felle werden knapp. Es gibt noch ein zweites, leicht zugängliches, kleines Fach auf der Unterseite, in dem aber nicht viel Platz hat (Felle werden hier auch eng). Zusätzlich ist auf der Vorderseite noch ein Fach für Kleinigkeiten oder vielleicht auch schmale Felle. Das Skitragesystem ist diagonal angebracht, eine Snowboardhalterung gibt es auch. Diese kann versteckt werden, falls man sie nicht benötigt. Die beiden Brustgurte lassen sich in der Höhe einstellen und der Auslösegriff kann sowohl rechts als auch links befestigt werden. Nach einer Auslösung ist der Airbag schnell wieder zusammengepackt und verstaut.
Fazit
Scott hat mit dem Air Free AP12 Pro einen speziell einsetzbaren aber sehr durchdachten Rucksack im Angebot. Unabhängig vom Gewicht ist der Tragekomfort unerreicht, zumindest was meine Erfahrungen mit anderen Airbagrucksäcken betrifft. Das Alpride System macht einen guten Eindruck und bietet Vorteile gegenüber anderen Gassystemen. Eine Trennung von Schaufel/Sonde und sonstigem Inhalt wäre zwar wünschenswert, ist aber bei diesem Rucksack auch nicht unbedingt nötig. Dass die Größe bzw. Länge des Rucksacks eher auf Personen mittlerer Größe ausgelegt ist, leuchtet ein. Ein paar cm mehr in der Länge würden aber nicht schaden, damit könnte man noch mehr abdecken.
Vor- & Nachteile
+ Verarbeitung sehr gut
+ Rucksack macht einen sehr durchdachten Eindruck
+ integrierter Rückenprotektor
+ sehr angenehm zu tragen
+ Brustgurte sind in der Höhe verstellbar
+ Auslösegriff ist in der Höhe verstellbar und kann auch für Linkshänder umgebaut werden
+ Ski und Snowboardhalterung funktionieren einfach und gut
+ Gewicht ist sehr gut verteilt
+ Mechanisches Auslösen ist auch ohne Kartusche testweise möglich (Achtung: Scott gibt an dass die mechanische Auslösung nur bis zu 40 Mal benützt werden soll)
+ Einfach zu handhabendes Airbag System mit geringen „laufenden Kosten“ (z.B. Kartuschen)
- Tragekomfort für Personen über ca. 185cm
- Das Alpride System nimmt einiges vom Stauraum für sich ein, man muss drum herum packen und der Zugang zum Inhalt ist durch das Schaufelblatt leicht blockiert
-kein extra Schaufel-/Sondenfach
Produktdetails
UVP: € 679,00 (inkl. Kartusche)
Gewicht: 1260g Rucksack, 460g Protektor, 800g Alpride System, 440g Kartuschen, Gesamt=ca. 2960g
Volumen: 12 l
Farbe: blaci iris/blue jewel
Material: 420 D Polyester Ball Shadow W/R 1000 mm, 840 D Ballistic W/R 1000 mm
Features:
Abnehmbare Helmbefestigung
Diagonales Skitragesystem
Verstaubare Snowboard-Befestigungsgurte
Hauptfach für Lawinenausrüstung
Leicht zugängliches Fach auf der Unterseite für Felle oder Erste-Hilfe-Ausrüstung
D30® Rückenprotektor für das höchste Maß an Schutz gemäß der Europäischen Sicherheitsnorm EN
1621-2 (Stufe 1)
Anatomisch geformter Klettverschluss-Hüftgurt
Hüftgurt mit Sicherheitsbeinschlaufe
SOS-Aufdruck mit Notfallanweisungen
Brustgurt mit Notfall-Pfeife
TÜV-zertifiziert
Hier gehts zur Website des Herstellers mit weiteren Informationen. Dieses Produkt wurde PG vom Hersteller zum Testen kostenlos zur Verfügung gestellt.