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WetterBlog 8/2015 Nordstau – was bedeutet das genau?

Leser-Frage von Benni

von Lea Hartl 07.01.2015
Stauniederschlag, auch bekannt als orographischer Niederschlag oder Steigungsregen, entsteht wenn Luftmassen auf ein Hindernis treffen und daran gehoben werden. Die Luft wird kälter, je höher sie steigt und wenn ein bestimmtes Niveau erreicht ist, kondensiert der darin enthaltene Wasserdampf. Es bilden sich kleine Tröpfchen oder Eiskristalle, die als Niederschlag ausfallen, sobald sie die nötige Größe erreicht haben.

PG-Leser Benni fragt:  

Dass grundsätzlich bei Nordstaulagen in Gebieten wie Damüls, Lech/Arlberg, Seegrube und Fieberbrunn viel Schnee runterkommt, ist schon klar; aber, was bedeutet das im meteorologischen Sinne genau?
Schneien die Luftmassen exakt beim Auftreffen auf die nördlichen Voralpen ab, oder werden sie erst (adiabatisch) angehoben, um in größerer Höhe abzuschneien?
Wieso bekommt ein regional begrenztes Gebiet wie der Körbersee (Schröcken) bei Nordstau immer noch ein Quäntchen mehr Schnee ab, als die nähere Umgebung ohnehin schon?
Was ist mit Lee-Effekten? Es ist ja bekannt, dass die die Axamer Lizum, bei Nordstaulage im Lee der Innsbrucker Nordkette gelegen, weniger Schnee kriegt. Aber wie ist das z.B. mit Fieberbrunn, bei welchem es sich ja trotz nicht allzu hoher Lage um ein Schneeloch handelt? Kriegt das bei N- bzw. NW-Wind die volle Dröhnung, bei eher westlichen Winden, dann also im Lee hinter dem Wilden Kaiser Massiv gelegen, nur die Sparpackung?
 

Wie stark Staueffekte ausfallen, warum sie mal hier und mal dort ergiebiger sind und andere entscheidende Details dieser Art hängen von verschiedenen Faktoren ab.

Einerseits ist da die Topographie. Man stelle sich die anströmenden Luftmassen vor wie einen Bach in einem steinigen Bachbett. Wenn da in einzelner großer Stein liegt, fließt das Wasser eher drum herum als drüber. Das geht einfacher, wegen der Schwerkraft und so. Wenn jetzt aber der WetterBlog kommt und einen Damm errichtet (in Kindertagen hat man sowas ja sehr gern gemacht!) an dem das Wasser nicht vorbei kommt, dann staut es sich und steigt solange bis es drüber fließt. Beziehungsweise staut es sich mal kurz ein bisschen und dann hält irgendein blöder Stein nicht mehr und überhaupt haben wir Wasser in den Gummistiefeln und kalte Füße, aber man sollte vielleicht nicht allzu sehr abschweifen. Jedenfalls gibt es an einer langen Bergkette (wie zum Beispiel den Nordalpen), um die die Luft nicht herum kommt, mehr Stauniederschlag als etwa an einem einzelnen Vulkan, der auch umströmt werden kann. Kleinräumigere Geländeformen spielen ebenfalls eine Rolle. Wenn man sich zum Beispiel ein Bergmassiv in Form des Buchstaben U vorstellt (von oben betrachtet), dann ist es im Sinne des steinigen Bachs logisch, dass der Stau stärker ist, wenn die Strömung aus Richtung des großen PowderGuide-Banners am oberen Seitenrand kommt und nicht von unten.

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Die von Benni angesprochenen Staugebiete sind also solche bekannt, weil sie günstig an der Nordseite der Alpen positioniert sind. Fieberbrunn mag nicht sehr hoch sein, befindet sich aber doch in den ersten höheren Bergen nach dem Flachland. Man bedenke außerdem, dass sich an anderen möglichen Stauspots der Gegend keine Skigebiete befinden, dort aber natürlich genau so viel Schnee fallen kann (z.B. in den Karen der Loferer Steinberge). Auch spezielle Effekte wie der des offenbar schneereichen Körbersees sind häufig durch kleine topographische Besonderheiten zu erklären, aber der WetterBlog weiß in diesem Fall nicht, ob das tatsächlich eine messbare lokale Eigenheit ist. Auch andere Faktoren wie z. B. geringere Windanfälligkeit können ja gefühlt ein bedeutendes Mehr an Neuschnee bewirken.

Andererseits kommt es auch auf die Stärke der Strömung und die Schichtung der Atmosphäre an. Bei typischen Nordstaulagen ist der Wind in der Höhe eher schwach, bodennah hingegen ziemlich kräftig. Wenn der Wind über Kammniveau stark ist, werden die aus den unteren Schichten gehobenen Luftmassen, die man für den gewünschten Dump braucht, mitunter einfach samt Niederschlag über den Gipfeln ins Lee geblasen. Die Axamer Lizum befindet sich bei Nordstau zwar im Lee der Nordkette, die Nordkette befindet sich aber ihrerseits im Lee des Karwendels.

Wo genau es am meisten schneit, hängt davon ab wie lange die Schneekristalle brauchen, um schwer genug zu werden, dass sie runter fallen und davon, wie lange das Gebirge überströmt wird. Wenn die Zeit, die zum Wachsen und Runterfallen benötigt wird, größer ist, als die Zeit in der das betreffende Luftpaket am Berg aufsteigt und darüber geblasen wird, dann gibt es den Niederschlag erst im Lee des Berges. Die Wachstumszeit der Kristalle verkürzt sich, wenn bereits vor Eintreffen am Gebirge Niederschlag vorhanden ist, zum Beispiel bei heranziehenden Schauern oder Frontniederschlägen. Da es bereits vorher große Eispartikel in der Wolke gibt, sind die Schneeflocken schnell groß genug um auszufallen, wenn der Berg erreicht ist und die Luft gehoben wird. Ebenso kann es starke Auswirkungen haben, wenn über der tieferen Wolkenschicht noch andere Wolken sind, die Niederschlagspartikel in die unteren Wolken säen, welche dann dort rasant anwachsen (Seeder-Feeder Effekt). Dieser Effekt ist bei Frontniederschlägen, die durch die Orographie verstärkt werden (= Front trifft auf Berge) teilweise sehr stark, so dass die Niederschlagsmengen in höheren Lagen um ein vielfaches höher sein können, als im direkt benachbarten Flachland.

Für einen effektiven Nordstau braucht man also am besten eine starke Nordströmung in Bodennähe, aber eher schwachwindige Verhältnisse über Kammniveau, in Kombination mit leicht schneienden/nieselnden Wolken weiter oben. Wie genau diese Kombination aussieht, bestimmt dann ob es bei einen gegebenen Nordstau auf der Seegrube mehr schneit oder doch am luvseitigeren Dammkar.

Die Wetteraussichten

Dank einer sehr kräftigen Westströmung wird das Wetter der nächsten Tage wechselhaft und windig. Am Freitag wird es teils extrem windig und durchwachsen mit etwas Niederschlag, im Süden auch windig aber sonniger. Der Samstag sieht momentan sehr warm und stürmisch aus, der Sonntag dann wieder kälter mit Schnee bis in einige Täler. Mengen überlassen wir dem Kollegen Orakel, falls es reicht, was momentan eher dubios ist.

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