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WetterBlog 9/2013 | Neuschneeprognose: Nochmal zum Mitschreiben

Das Neuschneefieber und seine Symptome im Netz

von Lea Hartl 15.01.2013
Wetter ist kompliziert. Mal mehr, mal weniger. Aus aktuellem Anlass widmet sich der Wetterblog heute mal wieder der Entstehung und Interpretation von Niederschlagsprognosen.

Wetter ist kompliziert. Mal mehr, mal weniger: Aus aktuellem Anlass widmet sich der Wetterblog heute mal wieder der Entstehung und Interpretation von Niederschlagsprognosen. In den einschlägigen Foren war in letzter Zeit die Aufregung groß. Schon am Wochenende zeichnete sich ab, dass für den Osten und Süden des Alpenraums Neuschnee anstand. Es wurden optimistische Neuschneeprognosekarten gepostet, die wiederum von anderen kritisch beurteilt wurden. Beispielhaft wollen wir eine Unterhaltung analysieren: Person A postet am 14.1. (Montag) folgende Karte:


                        Bergfex-Neuschneeprognose vom Montag 14.01.

Person B am 15.1.13:
„die schneevorhersage bei bergfex is mMn sowieso kompletter blödsinn... heute is das was gestern gelb war (50-70 cm) schon größtenteils orange (10-15 cm). und seit gestern 7.00 is max. 1 cm gekommen..." Person C am 15.1.13:
„kann ich nur zustimmen
(ZAMG Schiwetter Neuschneevorhersage + Bergfex ) / 2 kommt ungefähr hin (liegt sogar meistens darunter), aber auch nur max. 1-3 Tage im Voraus"

Fangen wir mit der Karte an: Es handelt sich um eine kummulierte Neuschneeprognose für den Zeitraum von Montag bis Samstag. Das heißt, dass Neuschnee, der über einen gewissen Zeitraum fällt, ohne Setzung zusammen gezählt wird. Der Prognosezeitraum beträgt 144 Stunden (untere rechte Ecke der Karte). Das ist das Erste, was uns an dieser Karte auffallen sollte. In den Worten unseres hauseigenen Orakels (wir wollen ihm den eigenwilligen Satzbau verzeihen): „alle Niederschlagsvorhersagen sind mit Vorsicht jenseits der 48 h zu geniessen." Ein Mitglied eines Wetterforums wird konkreter: "Also jeder, der sich an Prognosen, die über einen Zeitraum von 24 h hinausgehen und mit Niederschlägen durch Adriatiefs zu tun haben, emotional zu sehr bindet ist m.E. selbst schuld, wenn er dann enttäuscht wird" Damit wären wir beim Verursacher der Aufregung: Dem Adriatief. Es konnte die kalte Luft über Westeuropa anzapfen und sich im feucht-warmen Mittelmeerraum schön verstärken. Nun zieht es in grob östlicher Richtung ab. Je nach genauer Zugbahn gibt es zuerst Staueffekte an der östlichen Alpensüdseite, anschließend nördlich des Hauptkamms. Wie im Zitat oben impliziert, tun sich die diversen Wettermodelle mit einer solchen Lage schwer, da kleine Änderungen der Zugbahn große Auswirkungen auf die Lage des Niederschlagsschwerpunktes haben können. Kommen wir zur Aussage von Person B: Die Bergfexprognose ist, abgesehen von „komplettem Blödsinn", ein Produkt, das auf den Berechnungen eines Wettermodells beruht. Das Modell nimmt alle paar Stunden die Ausgangslage, wendet Algorithmen darauf an und spuckt ein Ergebnis aus. Ändert sich die Ausgangslage, ändert sich auch das Ergebnis und damit etwas verzögert die Bergfexkarte („heute is das was gestern gelb war schon größtenteils orange"). Das Modell kann nicht auf Erfahrungswerte zurückgreifen (wie haben sich ähnliche Lagen früher entwickelt?), kennt nur eine sehr grobe Version der Topographie und kann lokale Staueffekte nicht berücksichtigen. Das Modell sagt Niederschlag in flüssiger Form vorher. Um zu den Schneekarten zu kommen, wird der Regen mit einem weiteren Algorithmus in Schnee umgerechnet. Auch das ist komplizierter, als man vermuten könnte. Person C schlägt nun vor, für erhöhte Genauigkeit das Mittel aus der Skiwetterprognose der ZAMG und dem Bergfexwert zu bilden. Eine besonders interessante Idee, zu der wir Person C ausdrücklich beglückwünschen wollen. Die Bergfexkarte wird (wie auch die Powderguideprognose) von der ZAMG erstellt und beruht auf genau den gleichen Daten, wie die Skiwetterprognose (Der aufmerksame Leser wird das Copyrightzeichen im linken unteren Eck der Karte bemerkt haben.) Auf der Website der ZAMG findet sich zum Skiwetter folgender Hinweis: „Bitte beachten Sie, dass es sich hier um automatische, modellbasierte Vorhersagen handelt, die nur auf einem Teil des Datenmaterials basieren, das den Meteorologen im Vorhersagedienst zur Verfügung steht. Daher kann es in manchen Fällen durchaus Unterschiede zu den vom Meteorologen erstellten Vorhersagen geben." Mit anderen Worten: „Das ist das was das Modell ausspuckt. Wenn ihr etwas besseres wollt, schaut euch die Vorhersagen an, in denen wir unsere langjährige Erfahrung und unser Wissen über lokalen Gegebenheiten auf den Modellouput anwenden und die Prognosen regional anpassen." Dem Wetterblog wäre nicht aufgefallen, dass ein nicht rein computerbasierter Wetterbericht das Szenario der Bergfexkarte vom Montag genau so wiedergegeben hätte.

Zusammenfassend und abschließend: Das Wetter ist kompliziert. Manchmal ist es weniger kompliziert und manchmal mehr. Niederschlagsprognosen jenseits der 48 Stunden sind mit großer Vorsicht zu genießen. Man sollte mit 144 h Bergfexkarten keine allzu leidenschaftliche Beziehung eingehen. Alles Weitere überlassen wir vertrauensvoll Kollege Orakel.

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