Beim Skifahren habe ich ein Handy dabei, schon allein aus Sicherheitsgründen. Mit dem Smartphone Bilder machen und Musikhören ist natürlich auch nicht schlecht. Manchmal kommt noch eine Helmkamera mit, oder vielleicht eine richtige Kamera, oder beides, oder ein MP3 Player, oder ein GPS, oder ein Funkgerät, oder irgendwas anderes aus dem elektronischen Fuhrpark, den viele von uns zuhause haben. Leider verträgt sich das alles nicht so richtig gut mit dem LVS Gerät. Warum ist das so und worauf sollte ich achten?

Was tut das LVS?
Lawinenverschüttetensuchgeräte senden elektromagnetische Signale aus und können sie im Suchmodus auch empfangen. Laut Norm EN 300718-1 muss das LVS Signal eine Frequenz von 457kHz haben, mit einem Toleranzbereich von +/- 80Hz. Ebenso genormt ist die Signalcharakteristik: Das Signal wird nicht durchgehend gesendet, sondern als einzelne Impulse im Abstand von etwa einer Sekunde. Die Periodendauer muss dabei 1000+/-300 ms betragen (1 Sekunde, Toleranzbereich 300 Millisekunden), wobei die Pulsdauer mindestens 70ms und die Pulspause mindestens 400ms lang sein muss. Auch die Signalstärke bzw. die Sendeleistung ist genormt und darf einen bestimmten Maximalwert ebensowenig überschreiten, wie einen Minimalwert unterschreiten.
Was kann das LVS Gerät stören?
Sendemodus:
Metallische Gegenstände und elektronische Geräte, die sich nah am Sender befinden, können das Signal „abschirmen" und die Sendeleistung reduzieren. Das betrifft etwa Lawinenschaufeln, Gürtelschnallen aus Metall, Karabiner und ähnliches, aber auch Dinge wie Kaugummipapier mit Metallanteil und in Alufolie eingewickelte Marmeladenbrote. In der Regel treten negative Effekte nur auf, wenn die störenden Objekte sehr nah (unter 30mm) am Sender liegen. Da im Falle einer Lawine (und auch sonst) alles mögliche verrutschen kann, wird trotzdem ein Mindestabstand von 20 cm vom Sender zu jeglichen elektronischen Geräten und Gegenständen aus Metall empfohlen. Der Versuch im Video ist zwar nicht besonders realitätsnah, zeigt aber den Abschirmeffekt. Wird das sendende Gerät nicht nur in Alufolie eingewickelt, sondern die Alufolie zusätzlich noch mit der Hand an das Gerät gedrückt, verschlechtert sich das Signal weiter. In diesem Fall erkennt das sendende Gerät, dass eine Störquelle vorhanden ist und zeigt eine Fehlermeldung an, die verschwindet, wenn die Alufolie entfernt wird.
Suchmodus:
Wenn das Radio plötzlich rauscht, weil das daneben liegende Handy klingelt, liegt das an elektromagnetischen Interferenzen. Das Radio empfängt neben dem gewünschten Signal zusätzlich ein Signal vom Handy und kann das richtige Signal nicht mehr einwandfrei vom falschen unterscheiden. Der gleiche Effekt tritt auch zwischen suchenden LVS Geräten und anderen, elektromagnetische Felder produzierenden Gegenständen auf. LVS Geräte sind darauf ausgelegt, schwache Signale aus großer Entfernung empfangen zu können. Geräte mit großer Reichweite müssen dementsprechend empfindlich sein. Das macht sie aber auch anfällig für Störsignale: Wenn das Gerät bei der Signal- und Grobsuche das eh schon weit entfernte, schwache Signal des Senders identifizieren und isolieren muss, tut es sich bei erhöhtem Hintergrundrauschen entsprechend schwerer.
Entscheidend für das Ausmaß der von mitgeführten Elektrogadgets oder Metallteilen ausgehenden Störungen ist der Abstand zum LVS Gerät. Laut Genswein et al. (2013) ändert sich die Stärke der Störung etwa in dritter Potenz zum Abstand zwischen LVS Gerät und Störquelle. Halbiere ich den Abstand zwischen Handy o.ä. und LVS Gerät, wird das Störpotential also nicht verdoppelt, sondern verachtfacht. Andersherum kann man die Störung durch Einhalten größerer Abstände entsprechend gut reduzieren.
Unterschiedliche Geräte stören unterschiedlich stark. Smartphones sind mit aktivem Display wesentlich kritischer als im ausgeschalteten Zustand. Das Betreiben des Displays, sei es am Handy oder einem anderen Gerät, erzeugt zusätzliche Magnetfelder, die sich noch dazu ständig verändern. Es gibt zu diesem Thema nicht allzu viele Studien und die, die es gibt, verwenden teils unterschiedliche Methoden, um den Einfluss bestimmter Elektrogeräte zu untersuchen. Die Abbildungen oben und die folgende zeigen Ergebnisse von Laborversuchen (Meister & Dammert, 2014). Barkhausen (2012, siehe Link unten) hat den Einfluss von Störquellen mit Reichweitentests im Schnee untersucht. Die Ergebnisse unterscheiden sich in Details und in der Darstellung, die Schlussfolgerung ist die gleiche: Man sollte aufpassen, in welche Tasche man sein Handy (und das ganze andere Zeug) steckt.
Magnete
Ein weiteres potentielles Problem bilden Magnete. Sie finden sich beispielsweise in Form von magnetischen Knöpfen an der Kleidung, oder in Lautsprechern verbaut (Funkgeräte, Handys, etc.). Da LVS Geräte wasserdicht sein müssen, sind außenliegende An/Aus/Senden/Suchen Schalter oder Hebel bei manchen Modellen mit Magnetschaltern im Innenleben des Geräts gekoppelt, die sich in ungünstigen Fällen auch durch externe Magnete aktivieren lassen. Diverse LVS Modelle verfügen außerdem über einen magnetischen Kompass, der vor allem dazu dient, die Richtungsanzeige zu optimieren. Auch hier ist besonders im Suchmodus entsprechendes Störpotential gegeben.
Praktische Empfehlungen:
Die allgemeine Empfehlung von ICAR, Alpenverein, Bergrettung und Co. lautet:
Im Sendemodus minimaler Abstand von mindestens 20cm zwischen LVS und allen elektronischen Geräten und Metallgegenständen.Im Suchmodus minimaler Abstand von mindestens 50cm zwischen LVS und allen elektronischen Geräten und Metallgegenständen. Elektronische Geräte ausschalten. Im Suchmodus sind elektronische Geräte abzuschalten (Flugmodus am Handy ist nicht ausreichend). Wenn während einer Suchaktion telefoniert werden muss, sollte das im Idealfall nur kurz und in mindestens 25m Entfernung zum Suchenden stattfinden. Gibt es keine andere Möglichkeit, als das Handy bei der Suche mitzuführen (einzelne Person sucht, Kontakt mit Bergrettung muss aufrecht bleiben), muss es soweit wie möglich vom LVS Gerät entfernt aufbewahrt werden (Rucksack, hintere Hosentasche o.ä.). Dieses Arrangement kann zu Problemen bei der Suche führen. Schaufel, Sonde und Skistöcke sollten idealerweise nicht in der gleichen Hand gehalten werden, wie das suchende LVS Gerät, oder beim Einkreuzen neben dem LVS auf der Schneeoberfläche liegen (Einfluss auf die Suche in diesem Fall laut DAV „akzeptabel", wenn es nicht vermeidbar ist). Multifunktionsarmbanduhren (großes Display, GPS Funktion, o.ä.) sollten ebenso nicht an der LVS-Hand getragen werden. Bei Chestmounts von GoPros oder sonstigen Kameras sollte man bedenken, dass die Kamera zwar im Sendemodus vielleicht 20cm vom LVS Gerät entfernt ist (zB wenn das LVS in der Hosentasche ist), im Suchmodus (LVS in der Hand) kann der empfohlene Abstand (mindestens 50cm) aber kaum verlässlich eingehalten werden. Hochspannungsleitungen, Liftmasten und andere, große, unverrückbare Störquellen können die Suche in einem verhältnismäßig großen Bereich erheblich beeinträchtigen. Hier hilft nur eine Suche im Analogmodus (das menschliche Ohr kann das „richtige" Signal besser identifizieren als ein Prozessor), je nach dem bei sehr geringer Suchstreifenbreite.
Quellen:Barkhausen, 2012. The effect of external interference on avalanche transceiver functionality. Proceedings ISSW, 2012.Genswein et al., 2013. Recommendations on how to avoid interference issues in companion and organized avalanche rescue. Proceedings ISSW 2013.Meister & Dammert, 2014. The effect of consumer electronics on avalanche transceivers. Proceedings ISSW 2014.