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Materialtests

Materialtest | Key Equipment Disruptive Splitboard Boot

Ein ausführlicher Langzeittest

17.11.2025
Aick in der Au
Im Jahr 2021 hatte ich im Rahmen eines Tests für das damals ausschließlich auf Instagram aktive Magazin splitboarding.eu erstmals die Gelegenheit, den Boot auszuprobieren. Obwohl die Schuhe eine Nummer zu groß waren, überzeugten mich bereits die ersten Abfahrten. Schnell war klar: Für die nächste Saison musste ein Hardboot-Setup her! Wie sich der Boot letztendlich im Langzeittest geschlagen hat, erfahrt ihr in diesem Test.

Tester und Testbedingungen

Ich bin 180 cm groß, wiege circa 75 kg und habe den Schuh in der Größe 27 Mondopoint / EU 42 getestet. Ich stehe seit über zehn Jahren auf dem Splitboard und habe über 300 Tourentage Erfahrung. Dies ist mein erster Hardboot, andere Modelle konnte ich bisher nicht testen. Zusätzliches Feedback zu anderen Hardboots konnte ich in meinem splitboardaffinen Freundes- und Bekanntenkreis einsammeln.

Getestet habe ich den Boot hauptsächlich mit der Phantom-Bindung, hatte aber auch die Spark Dyno-Bindung unter den Füßen. Insgesamt hatte ich den Boot an 50 bis 60 Touren- und Freeride-Tagen unter den Füßen.

Allgemeine Eigenschaften des Boots und der Vergleich mit Touring-Ski-Boots

Der Forward-Lean-Hebel des Key Equipment Disruptive Splitboard Boots hat drei Positionen. Einen Walk-Mode für den Aufstieg und zwei Ride-Mode-Positionen für die Abfahrt. Wenn man vergisst, den Hebel in den Ride-Mode zu stellen, hat man ein sehr surfiges Gefühl bei der Abfahrt.

Bei Frühjahrsbedingungen im Slush ist das durchaus nicht schlecht! Allerdings rastet der Hebel manchmal durch Schnee nicht richtig ein. Das bedeutet, dass man den Bereich erst von Schnee und Eis befreien muss, was nervig ist.

Im Vergleich zu einem typischen Touring-Skischuh ist der Schuh insgesamt niedriger geschnitten und wirkt angenehm klein und kompakt, weniger klobig.

Testbericht

Die bekannten Vorteile eines Hardboots sollen hier der Vollständigkeit halber noch einmal kurz erwähnt werden:

  • Verbesserter Seitenhalt beim Aufstieg in anspruchsvollem Skitourengelände.

  • Geringe Schwungmasse beim Gehen.

  • Effizientes Stufenschlagen beim Bootpacken.

  • Kompatibel mit vollautomatischen Steigeisen

Ausführlicher zum Nachlesen wurde das Thema hier behandelt.

Charakteristik in der Abfahrt

Abfahrtstechnisch hat mich vor allem die direkte Kraftübertragung auf das Board begeistert. Der Flex nach vorne hin ist weich, aber progressiv und nahezu identisch mit dem eines Softboots. Dadurch bekommt man eine direktere Kraftübertragung und einen viel besseren Eindruck vom Board unter den Füßen. Obwohl dies nicht sein Hauptzweck ist, erweist er sich auch fürs Carven auf der Piste als überraschend genial. Was im Aufstieg von Vorteil ist – der fehlende seitliche Flex – ist in der Abfahrt natürlich von Nachteil. Hier kann jedoch die Phantom-Bindung einiges wieder wettmachen. Die Bindung ist um 5° zur Fußinnenseite geneigt (gecanted) und zusätzlich so konstruiert, dass sie einen seitlichen Flex – also in Richtung Nose und Tail – mit dem Boot erlaubt.

Die Spark Dyno flext auch recht angenehm; die Canted Pucks haben dagegen nur 3° Neigung. Insgesamt hat man damit etwas weniger seitlichen Flex als bei einem Softboot. Dennoch übernehmen die Bindungen einen großen Teil der Arbeit und ich fühle mich während der Abfahrt nicht in meinem Bewegungsradius eingeschränkt.

Charakteristik im Aufstieg, beim Bootpacking und Kraxeln

Der Bewegungsradius im Walk-Mode bietet beim Skinning mehr als genug Bewegungsfreiheit. Auch normales Laufen und Treppensteigen sind damit komfortabel und nicht mit einem klassischen Skiboot vergleichbar. Der obere Teil ist so ergonomisch geformt, dass kein unangenehmes Tragegefühl im Wadenbereich, das sogenannte Calf-Bite, entsteht.

Kleinere Kletterpassagen zwischen Schnee und Eis lassen sich gut bewältigen, erfordern aber eine Umstellung, wenn man Softboots gewöhnt ist. Diese dämpfen immer etwas ab, was in einfachem Gelände mit Fels ganz angenehm sein kann. Bei den Key Equipment Boots spürt man sofort eine direkte Verbindung zum Fels oder Stein. Dies ist für mich jedenfalls noch recht ungewöhnlich. Hier würde ich mir eine etwas massivere Gummisohle wünschen. Aber gerade kleinere Felsstrukturen wie Leisten oder Risse kann man damit gut antreten – im Gegensatz zu den meist klobigen Softboots. Ein echter Zugewinn!

Zusammen mit vollautomatischen Steigeisen und den Auftriib Verts (Saucer,Test hier) wird das gesamte Setup zu einem echten Dreamteam. Vollautomaten wie z.B. die Petzl Irvis sind in puncto Gewicht und Volumen kein Vergleich zu den Grivel Eisen (Grivel 1050g, Irvis 570g), die ich für die Softboots verwenden muss. Den Irvis kann man fast immer mit in den Tourenrucksack packen, bei den Grivel überlege ich hingegen immer zweimal, ob ich sie wirklich auf Tour benötige. 

Im Vergleich zum nicht mehr produzierten Phantom Slipper, hat der Schuh eine verschraubte Zunge, die sich nicht herausnehmen lässt. Beim Slipper entfernen einige Nutzer die Zunge während des Aufstiegs, um mehr Komfort zu gewinnen. Dieser soll wohl im Vergleich zum Key Equipment Boot im oberen Bereich etwas härter sein. Das ist beim Disruptive nicht möglich und, wie ich finde, auch nicht notwendig.

Bei Frühlingsbedingungen mit feuchtem Schnee habe ich, auch nach längerer Nutzungsdauer, keine Probleme feststellen können. Der Schuh hält die Nässe gut ab. Die Klettverschlüsse funktionieren auch nach mehreren Jahren noch zuverlässig. Selbst wenn man durch hüfthohen Pow stapfen muss, kommt es nicht zu Problemen mit den Klettverschlüssen durch Schneekontakt – ein klarer Pluspunkt für den Disruptive.

Wie funktioniert das Anpassen?

Normalerweise ist es ja so: Du gehst in ein Sportgeschäft, probierst einige Boots in deiner Größe aus und entscheidest dich dann für ein Modell, dessen Schuhleistenform am besten zu deinem Fuß passt.

Als Hardboot-Splitboarder haben wir diesen Luxus leider nicht. Als zusätzliche Entscheidungshilfe könnte aber auch das Skitourenboot Roxa RX Scout dienen, da es die gleiche Leistenform besitzt. Wer Glück hat und den passenden Fuß zum Boot hat, wird ohne Fitting auskommen. Meistens ist jedoch eine individuelle Anpassung des

Außenschuhs unerlässlich. Es können durchaus zwei bis drei Besuche beim Bootfitter nötig sein, bis alles perfekt sitzt. Bei mir war der Außenschuh zu schmal geschnitten, weshalb er an mehreren Stellen verbreitert werden musste. Auch im Bereich der Toebox musste der Schuh ein wenig nach oben geweitet werden, um ein einengendes Gefühl zu vermeiden. Laut Bootfitter lässt sich das Plastik sehr gut mit seinen Werkzeugen bearbeiten. Dabei wird nicht der gesamte Außenschuh gebacken, sondern nur einzelne Bereiche gezielt erhitzt und mithilfe spezieller Werkzeuge nach innen oder außen verformt.

Innenschuh

Der Liner von Palau ist komfortabel. Die klassische Schnürung mit Schnürsenkeln fand ich nicht so gelungen, weshalb ich das Schnürsystem der Deeluxe Softboots übernommen habe. Die Innenschuhe meiner Softboots passen ebenfalls, aber ich konnte keine Verbesserung des Komforts feststellen. Mittels unterschiedlich dicker Sohlen lässt sich der Platz im Schuh noch etwas variieren. Die Sohle von Palau ist aber schon recht dünn, sodass sich mit anderen Sohlen kein zusätzlicher Platz schaffen lässt. Eine speziell an meine Fußform angepasste Schuhsohle wollte ich beispielsweise nicht verwenden, da sich der Fuß dann zu beengt angefühlt hat.

Haltbarkeit

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Langlebigkeit: Die Lebensdauer von Softboots von gerade einmal 70 bis maximal 100 Tagen am Berg ist mir zu kurz. Skitourenboots haben mit 100 bis 200 Tagen eine etwas längere Lebensdauer. Aber auch da kann das Material mit der Zeit an Flexibilität einbüßen und durch UV-Strahlung spröde werden. Zunge, Cuff, Innenschuh und Kleinteile sind bei Key Equipment separat erhältlich.

Aktuell habe ich den Schuh 60 Tage in Benutzung und konnte noch keine Abnutzungserscheinungen feststellen, die den Komfort oder die Funktion beeinträchtigen. Die Verschraubungen zwischen Boot und Zunge musste ich jedoch mit Schraubenkleber befestigen, da sich diese Schrauben leicht lösen. Der Innenschuh weist einige Druck- und Abriebspuren auf, die den Komfort jedoch nicht mindern. Die Sohle weist noch keine großen Abriebspuren auf und sieht aus wie neu. Für alle Fälle habe ich mir das Ersatzteilkit mit zusätzlichen Schrauben bestellt, um Kleinigkeiten jederzeit selbst reparieren zu können.

Weiterentwicklung Key Equipment Disruptive x Krister Kopala Boot

Ab dieser Saison gibt es eine neue Edition in einer coolen Farbvariante. Der Boot ist etwas leichter geworden und mit einer Vibram-Sohle ausgestattet. Diese bietet etwas mehr Grip, ist in puncto Komfort und Dämpfungseigenschaften aber ähnlich zur Skywalk-Sohle im regulären Modell.

Fazit

Ein herausragender Splitboard-Boot, der alle Vorzüge eines Skitourenschuhs bietet, aber ähnliche – wenn nicht sogar bessere – Abfahrtseigenschaften als ein Softboot hat.

Entscheidend für den Erfolg ist jedoch die Passform: Der Schuh muss entweder direkt zur eigenen Fußform passen oder durch ein professionelles Bootfitting optimal angepasst werden. 

Denn ein sorgfältiges Bootfitting macht den Unterschied, ob die nächste Splitboard-Tour ein Genuss oder eine Tortur wird. Personen mit breiteren Füßen oder einem hohen Spann sollten vor dem Kauf besonders auf die Passform achten, da der Schuh in diesen Fällen möglicherweise Probleme bereiten könnte. Dies ist auch eine Erfahrung, die einige Freunde mit diesem Modell gemacht haben.

Insgesamt ist es kein Produkt, das man spontan kauft und sofort optimal einsetzen kann. Man muss sich schon sehr intensiv mit dem Equipment auseinandersetzen - speziell wenn man vorher noch nicht mit Hardboots unterwegs war. Dafür ist die Freude am Berg dann umso größer, wenn das komplette Setup aufeinander abgestimmt ist.

Tipps und Tricks

  • Professionelles Bootfitting in einem spezialisierten Fachgeschäft machen lassen. Da braucht es Personen mit jede Menge Erfahrung in der Anpassung von Skiboots

  • Die Schrauben an der Zunge mit Loctite nachkleben

  • Personen mit breiteren Füßen oder einem hohen Spann sollten vor dem Kauf besonders auf die Passform achten. Wenn keine Möglichkeit zur Anprobe besteht, auf den Roxa RX Scout ausweichen, der untere, entscheidende Teil für die Passform nutzt dieselbe Leistenform

  • Wer die Schnürsenkel am Innenschuh nicht mag, kann mittels Reepschnüren oder Teilen von alten Snowboardboots sein eigenes Schnürsystem umrüsten

  • Gegebenenfalls mit verschiedenen Einlegesohlen experimentieren. Wer sich etwas mehr Dämpfung wünscht, kann mit den Max Protect Activ' Sohlen von Sidas (oder die Gel 3D Variante) noch etwas mehr herausholen. 

Vor und Nachteile

[+] Angenehmer Forward Flex und exzellente Ride Eigenschaften

[+] Einsatz leichter Steigeisen und Verts möglich

[+] Längere Lebensdauer im Vergleich zu Softboots

[+] Gutes Angebot an diversen Ersatzteilen zur Selbstreparatur

[-] Forward Lean Hebel greift im Ride Mode manchmal nicht

[-] Liner nur mit klassischer Schnürung und ohne Schnellschnürsystem 

Informationen

  • 649,00 EUR UVP Hardboot

  • 29 EUR Reparaturset

  • Erhältliche Größen: 23.5 Mondo / 37 EU bis 31.0 Mondo / 48 EU

  • Gewicht 1380 g pro Boot bei Größe 26.5-27

Anmerkung: Der Schuh wurde regulär im Laden gekauft und dieser Test wurde nicht vom Hersteller bezahlt.

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