Zum Inhalt springen
Zur Powderguide-Startseite Zur Powderguide-Startseite
Equipment

Skiwerkstatt | Bindungseinstellung - Tourenbindungen

Wie stelle ich meine Tourenbindung richtig ein?

06.03.2025 von Fritz Crone
Das Montieren und Einstellen der Bindung überlassen noch immer viele TourengeherInnen dem Fachgeschäft, dabei ist zumindest das Einstellen der Bindung nicht besonders kompliziert. Aber darf man eigentlich Bindungen selbst einstellen? Rechtlich befindet man sich da in einer Grauzone. Theoretisch können Versicherungen bei einem Schadensfall einen Nachweis über die Bindungseinstellung durch eine/n Fachmann/-frau verlangen, praktisch passiert das äußerst selten. Die eigene Bindung einzustellen hilft, sein eigenes Material besser zu verstehen und sich bei einem Problem im Gelände selbst helfen zu können. Es lohnt sich also, es zumindest einmal zu versuchen. Und im Zweifel? Kann man immer noch ein Fachgeschäft um Hilfe bitten.

Tourenbindungen

Im Allgemeinen lassen sich Tourenbindungen in drei Arten aufteilen:

  • Rahmenbindungen (z.B. Marker Tour F, Fritschi Diamir Scout)

  • Hybridbindungen (z.B. Atomic/Salomon/Armada Shift, Marker Duke Pt)

  • Pinbindungen (z.B. Marker Alpinist, Dynafit Rotation, ATK Raider)

Rahmen und Hybridbindungen lassen sich in der Regel genauso einstellen wie normale Alpinbindungen (siehe Artikel). Da Pinbindungen anders funktionieren, müssen sie auch anders eingestellt werden. Pinbindungen bieten den großen Vorteil gegenüber Rahmen- und Hybridbindungen, dass sie konstruktionsbedingt besonders leicht gebaut werden können. Nachteile stellen die Kraftübertragung und das Fahrgefühl, vor allem aber die Sicherheit dar. Generell gilt, dass hohe Elastizität und starke Rückstellkräfte Fehlauslösungen verhindern. Pinbindungen haben meistens weniger Elastizität als Alpinbindungen und sind deshalb bekannt dafür, anfälliger für Fehlauslösungen zu sein.

Equipment
presented by

Einordnung von Tourenbindungen

Am Markt gibt es eine große Vielfalt an Bindungen mit verschiedenen Elastizitäten und Auslösemechanismen, und fast jeder Hersteller bietet Modelle mit unterschiedlichen Eigenschaften in diesen Bereichen an. Tourenbindungen lassen sich einfach nach Gewicht sortieren, da gilt natürlich, dass an leichten Bindungen weniger dran sein muss.

Die nachfolgende Tabelle ist der Versuch einer Kategorisierung von Tourenbindung. Die Tabelle ist nach Gewicht sortiert und in Vorder- und Hinterbacken aufgeteilt; die daraus resultierenden Elastizitäten und Einstellmöglichkeiten sind abgebildet.

Leichte Vorderbacken

Gewichtsoptimierte Vorderbacken

Leichte Hinterbacken

Hinterbacken ohne Längenausgleich, Z-Wert durch U-Feder vorbestimmt und nur durch Austauschen der Feder verstellbar, Bindung wird auf Sohlenlänge montiert und kann dann nicht mehr verstellt werden.

Beispiele:

-          ATK Revolution World Cup (105g)

-          Dynafit Low Tech Race 105 (108g)

Mittelschwere Vorderbacken

Gewichtsoptimierte Vorderbacken mit Einstiegshilfen

Mittelschwere Hinterbacken

Hinterbacken mit Längenausgleich, Z-Wert einstellbar, (demontierbare) Skibremse, Fersenverstellweg.

Beispiele:

-          ATK Raider Evo 11 (370g)

-          Dynafit Blacklight+ (370g)

-          Marker Alpinist Free 13 (395g)

-          Fritschi Xenic (280g)

Schwere Vorderbacken

Z-Wert einstellbar, Einstiegshilfen, Vereisungsschutz, Elastizität

Beispiele:

-          Fritschi Vipec Evo

-          Tecton

-          Rotationsvorderbacken (Dynafit Rotation)

Schwere Hinterbacken

Hinterbacken mit Längenausgleich, Z-Wert einstellbar, Skibremse, Fersenverstellweg, Alpin Hinterbacken (Fritschi Tecton, Marker Kingpin)

Beispiele:

-          ATK Freeraider 15 Evo (395g)

-          Dynafit ST Rotation (605g)

-          Marker Kingpin (715g)

-          Fritschi Tecton (650g)

Die Kategorisierung ist ein Versuch zu zeigen, dass die Einstellungsmöglichkeit bei Pinbindungen stark vom Gewicht der jeweiligen Bindung abhängt. Nicht alle Bindungen lassen sich wirklich einer Kategorie zuordnen, die breite Produktpalette von Dynafit und ATK bietet zum Beispiel viele Modelle dazwischen. Da gibt es superleichte Bindungen, die trotzdem eine Einstellung des Z-Werts ermöglichen (z.B. Dynafit Mezzalama, Dynafit Superlite 150) oder superleichte Bindungen, die einen großen Fersenverstellweg ermöglichen (z.B. ATK Trofeo Plus). Außerdem lassen sich Bindungen mit verschiedenem Zubehör „aufmotzen“. Verstellplatten bieten dann trotz ultraleichter Hinterbacken einen großen Fersenverstellweg, „Freeride Spacer“ sollen die Kraftübertragung und Unterlegplatten die gesamte Performance verbessern.

Nun gilt es aber, die Bindung, welche man auf dem Ski hat, richtig einzustellen, jedoch ist es auch hier wichtig, zwischen den verschiedenen Bindungen zu unterscheiden.

Sohlenlänge anpassen

Um die Sohlenlänge richtig einzustellen, muss der Bindungstyp berücksichtigt werden, wobei die Einstellung der Sohlenlänge ausschließlich über den Hinterbacken geregelt wird. Pinbindungen mit einer verstellbaren Fersenlänge lassen sich in 3 Kategorien aufteilen:

  1. Fersenlänge auf Verstellplatte einstellbar: Verstellplatten werden mit der Bindung auf den Ski montiert. Sie haben ein deutlich längeres Bohrbild, zwischen dem man dann seinen Hinterbacken auf den vorhandenen Spielraum einstellen kann. Mit dem passenden Schraubenzieher müssen alle Schrauben, die den Hinterbacken auf der Platte fixieren, gelockert werden. Beim Einstellen der Sohlenlänge muss der Abstand des Schuhs zum Hinterbacken beachtet werden. Dafür liefern Hersteller ein Distanzstück mit, mit dem der ideale Abstand eingestellt werden kann. Das Distanzstück muss zwischen Hinterbacken und Skischuhferse gelegt werden. Stimmt der Abstand, kann ich die Schrauben wieder festziehen (am besten diagonal festziehen und dann noch einmal überprüfen, ob der Abstand passt). Beispielfoto: Verstellplatte für Dynafit Superlite 150)

  2. Fersenlänge am Hinterbacken einstellbar: Über ein langes Gewinde kann der Hinterbacken verstellt werden, die Schraube dafür befindet sich meist ganz am Ende des Hinterbackens nah am Topsheet des Skis. Hier muss der Abstand zwischen Schuh und Hinterbacken stimmen, dafür liefert der Hersteller ein Distanzstück mit, das zwischen Hinterbacken und Skischuhferse gelegt wird. Der Hinterbacken soll dann so weit vorgeschraubt werden, bis der Abstand passt.

  3. Bei der dritten Variante lässt sich ein Anpressdruck am Hinterbacken einstellen, das betrifft nur Bindungen mit einem (gewichtsreduzierten) Alpinhinterbacken. Über eine Schraube lässt sich der Hinterbacken vor- und zurückschieben, der richtige Anpressdruck wird über den Indikator eingestellt (King Pin: Schraube befindet sich auf gleicher wie das Gehäuse, Tecton: Ähnlich wie bei Fritschi Pinhinterbacken, muss ein Spalt von 1 mm eingestellt werden. Hier ist ein Video als Erklärung.

Einstellung der Bindung

Nachdem die Sohlenlänge richtig eingestellt wird, widmen wir uns der Einstellung der Bindung. Wie schon oben, werden diese in leichte, mittelschwere und schwere Vorder- und Hinterbacken eingeteilt und behandelt.

Vorderbacken

Hinterbacken

Leicht

In der Regel bieten die leichtesten Vorderbacken keine Einstellmöglichkeiten

Auch die leichtesten Hinterbacken bieten in der Regel kaum Einstellmöglichkeiten. Die U-Feder lässt sich allerdings bei den meisten Modellen wechseln und da es diese in unterschiedlichen Stärken gibt, kann man theoretisch den Z-Wert an sein Fahrkönnen und Gewicht anpassen. U-Federn erhält man z.B. auf der Seite von Bindungsherstellern bei Ersatzteilen. Die U-Feder bestimmt allerdings nur die vertikale Auslösung, nicht die laterale Auslösung.

Mittelschwer

ATK bietet bei der Raider Evo die Möglichkeit, den Z-Wert zu verstellen, auch bei anderen Modellen von ATK ist dies möglich. Bei anderen Herstellern ist das im Bereich mittelschwerer Vorderbacken nicht möglich.

In dieser Kategorie sind die Einstellungsmöglichkeiten bereits breit möglich. Der laterale Z-Wert lässt sich meistens durch eine Schraube verstellen (z.B. Marker Alpinist, Dynafit Blacklight+) und auch der vertikale Z-Wert ist bei einigen Bindungen zusätzlich verstellbar (z.B. ATK Raider Evo, Fritschi Xenic). Der Fersenverstellwe ist hier meistens Standard, das heißt du kannst deine Pinbindung mit unterschiedlichen Schuhen fahren, solange die Sohlenlängen im Verstellbereich liegen.

Schwer

Bei schwereren Vorderbacken wie dem Fritschi Vipec Evo/Tecton lässt sich der Z-Wert einstellen, die Vipec Evo/Tecton Vorderbacken bieten außerdem Elastizität, die eine zuverlässige Auslösung gewährleisten soll. Der Vorderbacken der Dynafit ST Rotation bietet keinen einstellbaren Z-Wert, dafür kann er sich im Abfahrtsmodus um einige Grad bewegen und ermöglicht dadurch eine zuverlässigere seitliche Elastizität im Hinterbacken.

Die schweren Hinterbacken ähneln meistens denen normaler Alpinbindungen, allerdings etwas gewichtsreduziert. Wie bei ihren schweren Verwandten lässt sich der Z-Wert und (das geht für Pinbindungshinterbacken nicht) ein Anpressdruck einstellen.

Wenn man schon über das Thema Vorderbacken bei Pinbindungen redet, ist es natürlich auch wichtig, um das allgemein umstrittene Thema des Sperrens der Vorderbacken beim Abfahren zu reden.

Sperren ja oder nein?

Im Gegensatz zu Alpinbindungen lassen sich Pinbindungen sperren. Die Funktion ist essenziell für das Aufsteigen, aber auch während der Abfahrt gibt es Situationen, bei denen ein Sperren der Pinbindung sinnvoll erscheint. Sperrt man seine Bindung, verhindert man das laterale Auslösen der Bindung im Falle eines Sturzes und riskiert damit eine höhere Verletzungsgefahr. Das Sperren der Bindung sollte also wohlüberlegt sein! Meiner Meinung nach gibt es wenige Situationen, in denen das Sperren der Bindung tatsächlich sinnvoll ist. Ein paar, die mir einfallen, will ich kurz erläutern.

Abrutschgefahr: Abrutschgefahr ist dann gegeben, wenn die Hangneigung und Schneeverhältnisse ein selbstständiges Abbremsen ohne Ski unmöglich machen. Durch Sperren der Bindung, der Skiverlust vermeidbar, lässt sich das Abrutschen schneller abfangen. Auch wenn Abrutschgefahr besteht, sollte man nicht leichtsinnig seine Bindung sperren, sondern wirklich nur dann, wenn ein Abrutschen ernsthafte Konsequenzen bedeuten würde (z.B. wenn der Hang so steil wird, dass man extrem schnell stürzen würde).

Absturzgefahr: Bei der Absturzgefahr besteht häufig auch Abrutschgefahr, bei der Ausgesetztheit hinzukommt. Würde ein Abrutschen also unabdingbar auch den Absturz mit ernsthaften Konsequenzen (schwere Knochenbrüche bis Tod) bedeuten, ist die Bindung zu sperren eine Option, um das unkontrollierte Abrutschen besser abbremsen zu können. Auch eine Fehlauslösung kann in ausgesetztem Gelände zum unkontrollierten Abrutschen führen. Würde also das Verlieren eines Skis die Konsequenzen im Falle eines Sturzes erhöhen, kann es sich lohnen, die Bindung zu sperren.

Allerdings hat die Bindung zu sperren, aus meiner Sicht, auch viele Nachteile, die in Betracht gezogen werden sollten. Neben den offensichtlichen Nachteilen (z.B. erhöhte Verletzungsgefahr), nutzen sich die Inserts im Schuh im gesperrten Modus bei der Abfahrt schneller ab, insbesondere wenn man springt oder auf sehr hartem eisigem Schnee fährt. Ein weiterer Nachteil ergibt sich dadurch, dass die nicht abgehenden Ski in einer Lawine als Anker wirken und die Verschüttungstiefe erhöhen könnten. Ich persönlich empfinde das Sperren der Vorderbacken sehr selten als sinnvoll.

Nachdem wir nun die Einstellungen und Vor- und Nachteile verschiedener Pinbindungen angeschaut haben, widmen wir uns noch ein paar Feinheiten.

Equipment
presented by

Skibremse ja oder nein?

Um wirklich das letzte Gramm Gewicht zu sparen, kann man die Skibremse bei einigen Pinbindungen weglassen. Der Vorteil entsteht alleine aus der Gewichtsreduzierung, bringt aber einige kleinere Nachteile mit: Beim Ski schultern muss man die Ski zusammenhalten oder mit einem Skistrap zusammenbinden. Im Falle eines Sturzes kann der Ski sehr weite Strecken zurücklegen, bevor er zum Stehen kommt. Außerdem verkompliziert sich das Einsteigen in die Ski, weil sich der Ski ohne Stopper mehr mit und unter dem Schuh bewegt. Alternativ gibt es Fangriemen, denen viele bereits längst abgeschworen haben, allerdings sieht man einige bekannte Skifahrer (z.B. Vivian Bruchez) diese noch immer nutzen. Fangriemen wiegen ähnlich viel wie leichte Skibremsen, haben aber den Vorteil, dass bei einer Auslösung der Ski sicher in der Nähe bleibt. Das ist leider auch der große Nachteil dieser Variante, denn die Ski werden z.B. durch ihre Kanten selber zur Gefahr. Zudem können die Ski in Lawinen zum Anker werden und ein zusätzliches Risiko darstellen. 

Hybridbindung oder Pinbindung

Zu guter Letzt möchte ich noch kurz meine Meinung zum Einsatzbereich der verschiedenen Touren- und Hybridbindungen abgeben.

Die Bandbreite an Tourenbindungen ist groß und so hat mittlerweile fast jeder Hersteller Pinbindungen im Sortiment, bei denen die Abfahrtseigenschaften im Vordergrund stehen. Klassische Beispiele sind die ATK Freeraider, Marker King-Pin und Fritschi Tecton. Für bessere Kraftübertragung arbeiten die King-Pin und Tecton mit gewichtsreduzierten Alpinhinterbacken und die Freeraider mit dem sogenannten Freeride-Spacer. Der Freeride-Spacer verhindert die Torsion des Skischuhs in den zwei hinteren Pins und schafft so eine bessere Verbindung und damit auch Kraftübertragung zum Ski. Dadurch dass Pinbindungen immer besser für die Abfahrt werden, sieht man sie auch häufiger bei SkifahrerInnen im Skigebiet. Auch geschicktes Marketing bewirkt, dass junge Menschen sich zweimal überlegen, ob die Pinbindung nicht auch fürs Skigebiet reicht, wenn die Profis damit extreme Lines mit hohen Drops fahren. Vielleicht folgt zu diesem Thema mal ein umfangreicherer Artikel, der nicht nur auf der eigenen Meinung basiert. Dennoch denke ich, dass beim ständigen Gebrauch im Skigebiet das Material sehr viel stärker belastet wird, als das nur durch Touren möglich wäre, das gilt für Ski und Bindungen. Hybridbindungen wie die Salomon Shift sind ebenfalls gewichtsreduziert gebaut und sind meiner Erfahrung nach nicht so robust wie reine Alpinbedingungen. Schließlich will man aber doch einen Kompromiss finden, um im Skigebiet Freeriden und nachher noch eine kurze Tour gehen zu können. Für aggressive Freerider, die auch noch groß und schwer sind und/oder grob mit ihrem Material umgehen ist die Auswahl an robustem Material sehr klein (z.B. Cast System mit Look Pivot, Marker F12 Tour EPF, Marker Duke PT). Für kleinere, leichtere oder weniger aggressive Freerider, die gut mit ihrem Material umgehen, ist die Salomon/Atomic/Armada Shift sicherlich eine gute Wahl. Der Gute Umgang mit Bindungsmaterial setzt voraus, dass die Bindung perfekt eingestellt ist und die Einstellungen auch regelmäßig selber überprüft werden.

Fotogalerie

Ähnliche Artikel

Kommentare

Anmeldung

Wenn du noch kein Benutzerkonto bei uns hast, kannst du dich kostenlos registrieren.

Equipment
presented by