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WetterBlog 11-2016 | Wetterliteratur

Zornige Wolken und Co.

12.01.2016 von Lea Hartl
Der WetterBlog liest gelegentlich in der meistens so großartigen wie manchmal langatmigen Zeitschrift The New Yorker und hat da einen interessanten Artikel gefunden. Es geht um literarisches Wetter: das Wetter als bedeutungsschwangerer Handlungshintergrund, Stilmittel, Romanfigur. Bevor man Wettervorhersagen kannte, war das Wetter logischerweise eine direkte Manifestation göttlichen Ärgers beziehungsweise Wohlgefallens. Wo sollte es denn auch sonst herkommen? Von den griechischen Göttersagen bis zum Alten Testament wird zornig herum geworfen mit Blitz, Donner, Wind, Wellen und der ein oder anderen Heuschreckenplage. Klassiker von Charles Dickens und den Brontë Schwestern wären wohl nur halb so dick, wären dem Londoner Nebel und dem stürmischen Wetter englischer Hochlandmoore weniger tragende Rollen zuteil geworden.

Heutzutage schimpft man gern über die Ungenauigkeiten des Wetterberichts, dabei ist man doch einen sehr großen Schritt weiter, wenn man bedenkt, dass 1869 allein auf den Großen Seen (Great Lakes) in den USA 1914 Schiffe kenterten. Nicht zu wissen, welche Windgeschwindigkeiten ein Sturm maximal erreichen wird, ist eine Sache. Den Sturm zu bemerken weil sich der Himmel plötzlich verdunkelt, während man irgendwo herum schippert, ist etwas entscheidend anderes. Auf Grund der beträchtlichen Anzahl von Schiffsunglücken gab es damals an um die Großen Seen eine Art Wrackverwertungsindustrie. Deren Lobby war zumindest eine Zeit lang potent genug, erste institutionelle Wettervorhersageversuche kräftig zu behindern.

Mark Twain begann 1892 einen Roman mit der Ankündigung, es werde kein Wetter darin vorkommen. Das Wetter, als Gesprächsthema wie als schreiberisches Stilmittel, neigt zu den gegensätzlichen Extremen der völligen Banalität („Schönes Wetter heute!") und unsäglicher Melodramatik („Kältepeitsche lässt Deutschland Bibbern, Schneebombe droht") und er hielt es daher für die Literatur ungeeignet. Mit dem Aufschwung meteorologischen Verständnisses zum Ende des 19. Jahrhunderts sah man immer mehr davon ab, metaphorisch zornige Wolken erbost bersten zu lassen. Hitze wurde weniger gnadenlos und die Himmel weinten nicht mehr so oft.

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Erst in der jüngeren Literatur erlebt das Wetter wieder eine Art Revival. Auch diese Entwicklung ist auf nach und nach erlangte Erkenntnisse der Meteorologie zurück zu führen: Je mehr der Klimawandel zum öffentlichen Thema wird, desto mehr Cli-Fi (Climate Fiction) Bücher tauchen auf, von Thrillern über die Machenschaften korrupter Klimaaktivisten, bis zu dystopischen Romanen, in denen die Erde zur Wüste wird.

In den vergangenen Tagen fanden sich die mystisch verwinkelten Täler der westlichen Nordalpen in düstere Wolken gehüllt, Wald und Wiesen wurde von einer wundersamen Schneedecke überzogen, während die schroffen, Sturm umtosten Gipfel unter peitschendem Wind erschauderten. Oder so ähnlich. Am morgigen Donnerstag beruhigt sich der mächtige Strom kalter Luftmassen aus polaren Gefilden etwas und ein paar wohlwollende Sonnenstrahlen umschmeicheln möglicherweise den ein oder anderen Skifahrer, der aber vor dem lawinösen Wolf im Schneepelz auf der Hut sein muss. In Richtung Wochenende gewinnen dann wieder Wolken, Kälte und Schnee die Überhand, besonders da wo es eh schon Schnee hat (Nord/ Nordweststaulagen begünstigt, Süden mehr oder weniger trocken). Im Fall des Falles spricht Kollege Orakel bestimmt nochmal zu uns. Für Anfang kommender Woche sieht es aus heutiger Sicht nach kaltem und trockenerem Wetter aus.

Wir halten es derweil mit Wilhelm Busch und überlegen uns, welches literarische Wetterereignis wir am liebsten mögen: Regnet (schneit) es, so lass es regnen (schneien).

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